Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.beten, in acht Tagen sollte ich darauf selbst nach Kargfeld kommen und das Jawort in eigener Person abholen. Der Herr Pastor siehet schon im prophetischen Geiste voraus daß unsre Heirath im Himmel gemacht ist, deswegen weiß er bereits die Wirkung seines Gebetes und hat mir schon einen Termin beschieden, die Sache ins reine zu bringen. Ich gestehe Ihnen, werther Freund, daß ich über diese Dinge, welche mein Gerichtshalter vorbrachte noch bestürzter war als über Ihren Brief, vorhero hatte ich Ihnen vollkommen Recht gegeben und war auf ihrer Seite, nun schien es, daß Ihr Rival ein besseres und gegründeter Recht als sie zu dem strittigen Frauenzimmer hätte. Inzwischen wollte ich Ihre Parthie nicht sogleich verlassen, und ersuchte ihn mir den Gefallen zu erweisen, von dieser Heirath abzustehen und Ihnen die Beute zu überlassen: er beschwor, mich aber bei dem Triebe zur Gerechtigkeit, den ich von meinen Ahnen ererbet hätte, keine solche Ungerechtigkeit gegen ihn zu begehen und meine Vorfahren dadurch in der Erde zu beschimpfen. Ich würde, wenn ich unpartheiisch dächte, selbst erkennen, daß er seine Braut mit dem besten Recht besäße, und drang so heftig auf den angeführten juristischen Canon, daß ich nicht ein Wort gegen ihn aufbringen konnte. Ich fand beten, in acht Tagen sollte ich darauf selbst nach Kargfeld kommen und das Jawort in eigener Person abholen. Der Herr Pastor siehet schon im prophetischen Geiste voraus daß unsre Heirath im Himmel gemacht ist, deswegen weiß er bereits die Wirkung seines Gebetes und hat mir schon einen Termin beschieden, die Sache ins reine zu bringen. Ich gestehe Ihnen, werther Freund, daß ich über diese Dinge, welche mein Gerichtshalter vorbrachte noch bestürzter war als über Ihren Brief, vorhero hatte ich Ihnen vollkommen Recht gegeben und war auf ihrer Seite, nun schien es, daß Ihr Rival ein besseres und gegründeter Recht als sie zu dem strittigen Frauenzimmer hätte. Inzwischen wollte ich Ihre Parthie nicht sogleich verlassen, und ersuchte ihn mir den Gefallen zu erweisen, von dieser Heirath abzustehen und Ihnen die Beute zu überlassen: er beschwor, mich aber bei dem Triebe zur Gerechtigkeit, den ich von meinen Ahnen ererbet hätte, keine solche Ungerechtigkeit gegen ihn zu begehen und meine Vorfahren dadurch in der Erde zu beschimpfen. Ich würde, wenn ich unpartheiisch dächte, selbst erkennen, daß er seine Braut mit dem besten Recht besäße, und drang so heftig auf den angeführten juristischen Canon, daß ich nicht ein Wort gegen ihn aufbringen konnte. Ich fand <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0293" n="291"/> beten, in acht Tagen sollte ich darauf selbst nach Kargfeld kommen und das Jawort in eigener Person abholen. Der Herr Pastor siehet schon im prophetischen Geiste voraus daß unsre Heirath im Himmel gemacht ist, deswegen weiß er bereits die Wirkung seines Gebetes und hat mir schon einen Termin beschieden, die Sache ins reine zu bringen. Ich gestehe Ihnen, werther Freund, daß ich über diese Dinge, welche mein Gerichtshalter vorbrachte noch bestürzter war als über Ihren Brief, vorhero hatte ich Ihnen vollkommen Recht gegeben und war auf ihrer Seite, nun schien es, daß Ihr Rival ein besseres und gegründeter Recht als sie zu dem strittigen Frauenzimmer hätte. Inzwischen wollte ich Ihre Parthie nicht sogleich verlassen, und ersuchte ihn mir den Gefallen zu erweisen, von dieser Heirath abzustehen und Ihnen die Beute zu überlassen: er beschwor, mich aber bei dem Triebe zur Gerechtigkeit, den ich von meinen Ahnen ererbet hätte, keine solche Ungerechtigkeit gegen ihn zu begehen und meine Vorfahren dadurch in der Erde zu beschimpfen. Ich würde, wenn ich unpartheiisch dächte, selbst erkennen, daß er seine Braut mit dem besten Recht besäße, und drang so heftig auf den angeführten juristischen Canon, daß ich nicht ein Wort gegen ihn aufbringen konnte. Ich fand </p> </div> </body> </text> </TEI> [291/0293]
beten, in acht Tagen sollte ich darauf selbst nach Kargfeld kommen und das Jawort in eigener Person abholen. Der Herr Pastor siehet schon im prophetischen Geiste voraus daß unsre Heirath im Himmel gemacht ist, deswegen weiß er bereits die Wirkung seines Gebetes und hat mir schon einen Termin beschieden, die Sache ins reine zu bringen. Ich gestehe Ihnen, werther Freund, daß ich über diese Dinge, welche mein Gerichtshalter vorbrachte noch bestürzter war als über Ihren Brief, vorhero hatte ich Ihnen vollkommen Recht gegeben und war auf ihrer Seite, nun schien es, daß Ihr Rival ein besseres und gegründeter Recht als sie zu dem strittigen Frauenzimmer hätte. Inzwischen wollte ich Ihre Parthie nicht sogleich verlassen, und ersuchte ihn mir den Gefallen zu erweisen, von dieser Heirath abzustehen und Ihnen die Beute zu überlassen: er beschwor, mich aber bei dem Triebe zur Gerechtigkeit, den ich von meinen Ahnen ererbet hätte, keine solche Ungerechtigkeit gegen ihn zu begehen und meine Vorfahren dadurch in der Erde zu beschimpfen. Ich würde, wenn ich unpartheiisch dächte, selbst erkennen, daß er seine Braut mit dem besten Recht besäße, und drang so heftig auf den angeführten juristischen Canon, daß ich nicht ein Wort gegen ihn aufbringen konnte. Ich fand
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T15:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T15:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |