Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.Das seltne Kunststück zu verstehn, Schon fühl ich mich ganz dichtrisch Feuer, In altem Rheinwein aufgelößt, Macht sich mein Geist vom Körper freier, Gedanken sind ihm eingeflößt. Anakreon, elender Schwätzer, Im Lieben nur ein Idiot, Warum treibst du, verdammter Ketzer Mit dieser Kunst nur deinen Spott? Mir soll ein besser Lied gelingen,
Wenn ich in reinem Kammerton Von Iris Reizen werde singen, Dir Meistersänger dir zum Hohn! Dann wird sich meine Brust befiedern, Verwandelt schwing ich mich als Schwan, Durch Iris Lob, in meinen Liedern, Zum glänzenden Olymp hinan. Das seltne Kunststück zu verstehn, Schon fühl ich mich ganz dichtrisch Feuer, In altem Rheinwein aufgelößt, Macht sich mein Geist vom Körper freier, Gedanken sind ihm eingeflößt. Anakreon, elender Schwätzer, Im Lieben nur ein Idiot, Warum treibst du, verdammter Ketzer Mit dieser Kunst nur deinen Spott? Mir soll ein besser Lied gelingen,
Wenn ich in reinem Kammerton Von Iris Reizen werde singen, Dir Meistersänger dir zum Hohn! Dann wird sich meine Brust befiedern, Verwandelt schwing ich mich als Schwan, Durch Iris Lob, in meinen Liedern, Zum glänzenden Olymp hinan. <TEI> <text> <body> <div type="poem" n="2"> <lg type="poem"> <lg n="2"> <pb facs="#f0071" n="69"/> <l>Das seltne Kunststück zu verstehn,</l><lb/> <l>Wie man mit zauberischen Tönen</l><lb/> <l>Sich in das Herz der Schönen schleicht;</l><lb/> <l>So daß der Eigensinn der Schönen</l><lb/> <l>Die aufgeblaßnen Seegel streicht.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Schon fühl ich mich ganz dichtrisch Feuer,</l><lb/> <l>In altem Rheinwein aufgelößt,</l><lb/> <l>Macht sich mein Geist vom Körper freier,</l><lb/> <l>Gedanken sind ihm eingeflößt.</l><lb/> <l>Anakreon, elender Schwätzer,</l><lb/> <l>Im Lieben nur ein Idiot,</l><lb/> <l>Warum treibst du, verdammter Ketzer</l><lb/> <l>Mit dieser Kunst nur deinen Spott?</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Mir soll ein besser Lied gelingen,</l><lb/> <l>Wenn ich in reinem Kammerton</l><lb/> <l>Von Iris Reizen werde singen,</l><lb/> <l>Dir Meistersänger dir zum Hohn!</l><lb/> <l>Dann wird sich meine Brust befiedern,</l><lb/> <l>Verwandelt schwing ich mich als Schwan,</l><lb/> <l>Durch Iris Lob, in meinen Liedern,</l><lb/> <l>Zum glänzenden Olymp hinan.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [69/0071]
Das seltne Kunststück zu verstehn,
Wie man mit zauberischen Tönen
Sich in das Herz der Schönen schleicht;
So daß der Eigensinn der Schönen
Die aufgeblaßnen Seegel streicht.
Schon fühl ich mich ganz dichtrisch Feuer,
In altem Rheinwein aufgelößt,
Macht sich mein Geist vom Körper freier,
Gedanken sind ihm eingeflößt.
Anakreon, elender Schwätzer,
Im Lieben nur ein Idiot,
Warum treibst du, verdammter Ketzer
Mit dieser Kunst nur deinen Spott?
Mir soll ein besser Lied gelingen,
Wenn ich in reinem Kammerton
Von Iris Reizen werde singen,
Dir Meistersänger dir zum Hohn!
Dann wird sich meine Brust befiedern,
Verwandelt schwing ich mich als Schwan,
Durch Iris Lob, in meinen Liedern,
Zum glänzenden Olymp hinan.
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