Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.Glauben wankend gemacht, daß ich schon Spricht der Kunstmeister irgendwo: wel- seine
Glauben wankend gemacht, daß ich ſchon Spricht der Kunſtmeiſter irgendwo: wel- ſeine
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0195" n="189"/> Glauben wankend gemacht, daß ich ſchon<lb/> meine Jnterpretation ſeiner Geſichtsform<lb/> zuruͤknehmen wollt’: doch nun hab ich ei-<lb/> nen neuen Strebpfeiler an mein Syſtem<lb/> angeſezt, und da ſteht alles wieder Fel-<lb/> ſenfeſt.</p><lb/> <p>Spricht der Kunſtmeiſter irgendwo: wel-<lb/> cher reine, edle, feingebaute, leicht reiz-<lb/> bare Menſch, mit der zarteſten Engelsſee-<lb/> le, hat nicht ſeine Teufelsaugenblicke, wo<lb/> nichts als die Gelegenheit fehlt, zwey,<lb/> drey ungeheure Laſter in einer Stunde ihn<lb/> begehen zu laſſen? Dieſer Saz, mein ich,<lb/> ſey in der Phyſiognomik ſo unentbehrlich,<lb/> als das <hi rendition="#aq">dictum de omni et nullo</hi> in der<lb/> Syllogiſtik. Laͤßt ſich derſelb’ ganz be-<lb/> quem alſo umkehren: welcher verworfne,<lb/> rohe, wilde Menſch voll zaͤher nervenloſer<lb/> Unempfindlichkeit, hat nicht ſeine Engels-<lb/> augenblicke, wo er, wenn ſich die Gelegen-<lb/> heit dazu begiebt, zwey, drey gute Hand-<lb/> lungen in einer Stunde beginnt? So ſchließ<lb/> ich <hi rendition="#aq">ex aequo</hi> und nun iſt mirs kein Raͤth-<lb/> ſel, warum der Markus nicht mit ſeinen<lb/> Erbverbruͤderten, den Hammeldieben gemei-<lb/> ne Sach gemacht, und noch ein Dutzend<lb/> Schoͤps dazu fortgetrieben hat: naͤmlich<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſeine</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [189/0195]
Glauben wankend gemacht, daß ich ſchon
meine Jnterpretation ſeiner Geſichtsform
zuruͤknehmen wollt’: doch nun hab ich ei-
nen neuen Strebpfeiler an mein Syſtem
angeſezt, und da ſteht alles wieder Fel-
ſenfeſt.
Spricht der Kunſtmeiſter irgendwo: wel-
cher reine, edle, feingebaute, leicht reiz-
bare Menſch, mit der zarteſten Engelsſee-
le, hat nicht ſeine Teufelsaugenblicke, wo
nichts als die Gelegenheit fehlt, zwey,
drey ungeheure Laſter in einer Stunde ihn
begehen zu laſſen? Dieſer Saz, mein ich,
ſey in der Phyſiognomik ſo unentbehrlich,
als das dictum de omni et nullo in der
Syllogiſtik. Laͤßt ſich derſelb’ ganz be-
quem alſo umkehren: welcher verworfne,
rohe, wilde Menſch voll zaͤher nervenloſer
Unempfindlichkeit, hat nicht ſeine Engels-
augenblicke, wo er, wenn ſich die Gelegen-
heit dazu begiebt, zwey, drey gute Hand-
lungen in einer Stunde beginnt? So ſchließ
ich ex aequo und nun iſt mirs kein Raͤth-
ſel, warum der Markus nicht mit ſeinen
Erbverbruͤderten, den Hammeldieben gemei-
ne Sach gemacht, und noch ein Dutzend
Schoͤps dazu fortgetrieben hat: naͤmlich
ſeine
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