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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

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der Physiognomie zu iudiciren, ehender für
einen flachen Kopf als für'n Schöndenker
würd angesprochen haben.

Macht' also mein Bündlein zusammen,
schickt's einem aus'm Hauffen, sollt's sich-
ten wie den Waitzen. Der hat mir Wirth-
schaft gemacht, daß'n Christenmensch seinen
Jammer dran sieht. Macht's wie iener
Junker, der dem Bauer den Hasen wollt'
aus dem Garten hetzen, und darüber Bäum
und Hecken verwüstet', auch Kohl und Pflan-
zen niederritt. Was half's! Mußt's halt
lassen wie's war, und mich noch oben drein
der freundlichen Dienste bedanken. Jst nur
'n Glück, daß mir Grund und Boden blie-
ben ist, will damit so viel sagen, daß Mei-
ster Balhorn am wesentlichen nichts sonder-
lich verändert hat; ob es schon hie und da
ein wenig verschoben und verbogen ist, wel-
ches ich doch durch eingefügte Randglößlein
fleißig wieder zurecht' gezimmert hab'. Sol-
ches habe dem geneigten Leser nicht verhal-
ten mögen --. Folget nun das Tagebuch
selbst.



Am

der Phyſiognomie zu iudiciren, ehender fuͤr
einen flachen Kopf als fuͤr’n Schoͤndenker
wuͤrd angeſprochen haben.

Macht’ alſo mein Buͤndlein zuſammen,
ſchickt’s einem aus’m Hauffen, ſollt’s ſich-
ten wie den Waitzen. Der hat mir Wirth-
ſchaft gemacht, daß’n Chriſtenmenſch ſeinen
Jammer dran ſieht. Macht’s wie iener
Junker, der dem Bauer den Haſen wollt’
aus dem Garten hetzen, und daruͤber Baͤum
und Hecken verwuͤſtet’, auch Kohl und Pflan-
zen niederritt. Was half’s! Mußt’s halt
laſſen wie’s war, und mich noch oben drein
der freundlichen Dienſte bedanken. Jſt nur
’n Gluͤck, daß mir Grund und Boden blie-
ben iſt, will damit ſo viel ſagen, daß Mei-
ſter Balhorn am weſentlichen nichts ſonder-
lich veraͤndert hat; ob es ſchon hie und da
ein wenig verſchoben und verbogen iſt, wel-
ches ich doch durch eingefuͤgte Randgloͤßlein
fleißig wieder zurecht’ gezimmert hab’. Sol-
ches habe dem geneigten Leſer nicht verhal-
ten moͤgen —. Folget nun das Tagebuch
ſelbſt.



Am
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[18/0024] der Phyſiognomie zu iudiciren, ehender fuͤr einen flachen Kopf als fuͤr’n Schoͤndenker wuͤrd angeſprochen haben. Macht’ alſo mein Buͤndlein zuſammen, ſchickt’s einem aus’m Hauffen, ſollt’s ſich- ten wie den Waitzen. Der hat mir Wirth- ſchaft gemacht, daß’n Chriſtenmenſch ſeinen Jammer dran ſieht. Macht’s wie iener Junker, der dem Bauer den Haſen wollt’ aus dem Garten hetzen, und daruͤber Baͤum und Hecken verwuͤſtet’, auch Kohl und Pflan- zen niederritt. Was half’s! Mußt’s halt laſſen wie’s war, und mich noch oben drein der freundlichen Dienſte bedanken. Jſt nur ’n Gluͤck, daß mir Grund und Boden blie- ben iſt, will damit ſo viel ſagen, daß Mei- ſter Balhorn am weſentlichen nichts ſonder- lich veraͤndert hat; ob es ſchon hie und da ein wenig verſchoben und verbogen iſt, wel- ches ich doch durch eingefuͤgte Randgloͤßlein fleißig wieder zurecht’ gezimmert hab’. Sol- ches habe dem geneigten Leſer nicht verhal- ten moͤgen —. Folget nun das Tagebuch ſelbſt. Am

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/24>, abgerufen am 21.11.2024.