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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

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so wie seines Kompans. Denn hör mir was
der Lavater, der doch alle Lineamenten aufs
Haar kennt, aus'm Schattenbild des Rüdge-
rodts sah: vermeint' er hab das größte schö-
pferisch' Urgenie vor Augen. Das war nun
wohl mächtig weithin neben dem Ziel; aber
dabey merkt er doch ab, daß dieselbe Phy-
siognomie auf drollig, boshaft wizreich We-
sen deute, das ist das nämliche, was du
Schalkheit nennst. Aber iezt hab acht was
ich dir sag'. Der Teufelssinn des Unmen-
schen ward offenbar, da verglich der Phy-
siognom abermal Thatsach' und Gesichtszüg,
sand bald alles lichthell im Gesicht ausge-
druckt, was er erst übersehen oder zu milt
abgeurthelt hatt'. Nun siehst du was für
eine Bewandtniß die Sach mit dem Mar-
kus hat, du kannst den Kerl nicht ausmes-
sen, aber ich kan's.

Phil. Begreiff's wohl, wie die Sach
steht, das ist wieder das von innen heraus
und von aussen hinein. Aus des Rüdgerodts
Teufelssinn haben die Herrn, die's verstehn
wollen, sein Gesicht gedeutet: das war von
innen heraus, und des Markus Gesicht, weil's
ienem gleichen soll, deuten sie auf Teufels-
sinn: das ist von aussen einwärts. Aber da

steckts

ſo wie ſeines Kompans. Denn hoͤr mir was
der Lavater, der doch alle Lineamenten aufs
Haar kennt, aus’m Schattenbild des Ruͤdge-
rodts ſah: vermeint’ er hab das groͤßte ſchoͤ-
pferiſch’ Urgenie vor Augen. Das war nun
wohl maͤchtig weithin neben dem Ziel; aber
dabey merkt er doch ab, daß dieſelbe Phy-
ſiognomie auf drollig, boshaft wizreich We-
ſen deute, das iſt das naͤmliche, was du
Schalkheit nennſt. Aber iezt hab acht was
ich dir ſag’. Der Teufelsſinn des Unmen-
ſchen ward offenbar, da verglich der Phy-
ſiognom abermal Thatſach’ und Geſichtszuͤg,
ſand bald alles lichthell im Geſicht ausge-
druckt, was er erſt uͤberſehen oder zu milt
abgeurthelt hatt’. Nun ſiehſt du was fuͤr
eine Bewandtniß die Sach mit dem Mar-
kus hat, du kannſt den Kerl nicht ausmeſ-
ſen, aber ich kan’s.

Phil. Begreiff’s wohl, wie die Sach
ſteht, das iſt wieder das von innen heraus
und von auſſen hinein. Aus des Ruͤdgerodts
Teufelsſinn haben die Herrn, die’s verſtehn
wollen, ſein Geſicht gedeutet: das war von
innen heraus, und des Markus Geſicht, weil’s
ienem gleichen ſoll, deuten ſie auf Teufels-
ſinn: das iſt von auſſen einwaͤrts. Aber da

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[36/0042] ſo wie ſeines Kompans. Denn hoͤr mir was der Lavater, der doch alle Lineamenten aufs Haar kennt, aus’m Schattenbild des Ruͤdge- rodts ſah: vermeint’ er hab das groͤßte ſchoͤ- pferiſch’ Urgenie vor Augen. Das war nun wohl maͤchtig weithin neben dem Ziel; aber dabey merkt er doch ab, daß dieſelbe Phy- ſiognomie auf drollig, boshaft wizreich We- ſen deute, das iſt das naͤmliche, was du Schalkheit nennſt. Aber iezt hab acht was ich dir ſag’. Der Teufelsſinn des Unmen- ſchen ward offenbar, da verglich der Phy- ſiognom abermal Thatſach’ und Geſichtszuͤg, ſand bald alles lichthell im Geſicht ausge- druckt, was er erſt uͤberſehen oder zu milt abgeurthelt hatt’. Nun ſiehſt du was fuͤr eine Bewandtniß die Sach mit dem Mar- kus hat, du kannſt den Kerl nicht ausmeſ- ſen, aber ich kan’s. Phil. Begreiff’s wohl, wie die Sach ſteht, das iſt wieder das von innen heraus und von auſſen hinein. Aus des Ruͤdgerodts Teufelsſinn haben die Herrn, die’s verſtehn wollen, ſein Geſicht gedeutet: das war von innen heraus, und des Markus Geſicht, weil’s ienem gleichen ſoll, deuten ſie auf Teufels- ſinn: das iſt von auſſen einwaͤrts. Aber da ſteckts

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/42>, abgerufen am 30.04.2024.