Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

ter Klopstock, als ein iunges wildes Pferd
dressirt und schulmäßig zugeritten hat. Es
sollte sein Campagne Pferd werden, wenn
der Feldzug gegen die Russen zu Stande
kommen wär. Ehedem hatte es einige Ka-
prisen, die ihm nicht abzugewöhnen waren:
es stieg, daß es ohne Sprungriemen nicht
zu reuten war und sattelte gern ab. Leute
vom Metier sind der Meinung, daß den
Dichtern die Pferde, und den Stallmeistern
die Gedichte selten recht einschlagen; indes-
sen ist der Cimber iezt so fromm wie ein
Lamm, und Sie können sich ihm sicher an-
vertrauen. Der Zweite, ein geduldiger, et-
was träger Wallach ist zwar von keinem
Dichter zugeritten; hat aber demungeachtet
etwas poetisirendes in seinem Wesen: näm-
lich, einen richtig abgemessenen Spondäen-
schritt, langsam, aber sicher. Wär wie alle
bloß mechanischen Geschöpfe ohne Drang
und Schwungkraft, zu einem Saumroß oder
für einen Packesel sehr gut auf Reisen zu
gebrauchen. Sind die Pferde Jhnen an-
ständig, so melden Sie mir es, binnen acht
Tagen sollen sie sodann in Jhrem Stalle
seyn, der Preiß wird sich wohl finden wenn
Sie mit uns zusammen rechnen.

Antwort.

ter Klopſtock, als ein iunges wildes Pferd
dreſſirt und ſchulmaͤßig zugeritten hat. Es
ſollte ſein Campagne Pferd werden, wenn
der Feldzug gegen die Ruſſen zu Stande
kommen waͤr. Ehedem hatte es einige Ka-
priſen, die ihm nicht abzugewoͤhnen waren:
es ſtieg, daß es ohne Sprungriemen nicht
zu reuten war und ſattelte gern ab. Leute
vom Metier ſind der Meinung, daß den
Dichtern die Pferde, und den Stallmeiſtern
die Gedichte ſelten recht einſchlagen; indeſ-
ſen iſt der Cimber iezt ſo fromm wie ein
Lamm, und Sie koͤnnen ſich ihm ſicher an-
vertrauen. Der Zweite, ein geduldiger, et-
was traͤger Wallach iſt zwar von keinem
Dichter zugeritten; hat aber demungeachtet
etwas poetiſirendes in ſeinem Weſen: naͤm-
lich, einen richtig abgemeſſenen Spondaͤen-
ſchritt, langſam, aber ſicher. Waͤr wie alle
bloß mechaniſchen Geſchoͤpfe ohne Drang
und Schwungkraft, zu einem Saumroß oder
fuͤr einen Packeſel ſehr gut auf Reiſen zu
gebrauchen. Sind die Pferde Jhnen an-
ſtaͤndig, ſo melden Sie mir es, binnen acht
Tagen ſollen ſie ſodann in Jhrem Stalle
ſeyn, der Preiß wird ſich wohl finden wenn
Sie mit uns zuſammen rechnen.

Antwort.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0066" n="60"/>
ter Klop&#x017F;tock, als ein iunges wildes Pferd<lb/>
dre&#x017F;&#x017F;irt und &#x017F;chulma&#x0364;ßig zugeritten hat. Es<lb/>
&#x017F;ollte &#x017F;ein Campagne Pferd werden, wenn<lb/>
der Feldzug gegen die Ru&#x017F;&#x017F;en zu Stande<lb/>
kommen wa&#x0364;r. Ehedem hatte es einige Ka-<lb/>
pri&#x017F;en, die ihm nicht abzugewo&#x0364;hnen waren:<lb/>
es &#x017F;tieg, daß es ohne Sprungriemen nicht<lb/>
zu reuten war und &#x017F;attelte gern ab. Leute<lb/>
vom Metier &#x017F;ind der Meinung, daß den<lb/>
Dichtern die Pferde, und den Stallmei&#x017F;tern<lb/>
die Gedichte &#x017F;elten recht ein&#x017F;chlagen; inde&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en i&#x017F;t der Cimber iezt &#x017F;o fromm wie ein<lb/>
Lamm, und Sie ko&#x0364;nnen &#x017F;ich ihm &#x017F;icher an-<lb/>
vertrauen. Der Zweite, ein geduldiger, et-<lb/>
was tra&#x0364;ger Wallach i&#x017F;t zwar von keinem<lb/>
Dichter zugeritten; hat aber demungeachtet<lb/>
etwas poeti&#x017F;irendes in &#x017F;einem We&#x017F;en: na&#x0364;m-<lb/>
lich, einen richtig abgeme&#x017F;&#x017F;enen Sponda&#x0364;en-<lb/>
&#x017F;chritt, lang&#x017F;am, aber &#x017F;icher. Wa&#x0364;r wie alle<lb/>
bloß mechani&#x017F;chen Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe ohne Drang<lb/>
und Schwungkraft, zu einem Saumroß oder<lb/>
fu&#x0364;r einen Packe&#x017F;el &#x017F;ehr gut auf Rei&#x017F;en zu<lb/>
gebrauchen. Sind die Pferde Jhnen an-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig, &#x017F;o melden Sie mir es, binnen acht<lb/>
Tagen &#x017F;ollen &#x017F;ie &#x017F;odann in Jhrem Stalle<lb/>
&#x017F;eyn, der Preiß wird &#x017F;ich wohl finden wenn<lb/>
Sie mit uns zu&#x017F;ammen rechnen.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Antwort.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0066] ter Klopſtock, als ein iunges wildes Pferd dreſſirt und ſchulmaͤßig zugeritten hat. Es ſollte ſein Campagne Pferd werden, wenn der Feldzug gegen die Ruſſen zu Stande kommen waͤr. Ehedem hatte es einige Ka- priſen, die ihm nicht abzugewoͤhnen waren: es ſtieg, daß es ohne Sprungriemen nicht zu reuten war und ſattelte gern ab. Leute vom Metier ſind der Meinung, daß den Dichtern die Pferde, und den Stallmeiſtern die Gedichte ſelten recht einſchlagen; indeſ- ſen iſt der Cimber iezt ſo fromm wie ein Lamm, und Sie koͤnnen ſich ihm ſicher an- vertrauen. Der Zweite, ein geduldiger, et- was traͤger Wallach iſt zwar von keinem Dichter zugeritten; hat aber demungeachtet etwas poetiſirendes in ſeinem Weſen: naͤm- lich, einen richtig abgemeſſenen Spondaͤen- ſchritt, langſam, aber ſicher. Waͤr wie alle bloß mechaniſchen Geſchoͤpfe ohne Drang und Schwungkraft, zu einem Saumroß oder fuͤr einen Packeſel ſehr gut auf Reiſen zu gebrauchen. Sind die Pferde Jhnen an- ſtaͤndig, ſo melden Sie mir es, binnen acht Tagen ſollen ſie ſodann in Jhrem Stalle ſeyn, der Preiß wird ſich wohl finden wenn Sie mit uns zuſammen rechnen. Antwort.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/66
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/66>, abgerufen am 21.11.2024.