Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.Cousine! Cousine! wie wird sich dieser Wagen Sie den Versuch einer physio- schlecht,
Couſine! Couſine! wie wird ſich dieſer Wagen Sie den Verſuch einer phyſio- ſchlecht,
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Couſine! Couſine! wie wird ſich dieſer
Tiefblick in die phyſiognomiſchen Geheim-
niſſe mit ihrem hochſchwebenden Adelsideal
vertragen? Die laͤndlichen Dirnen, in de-
nen Sie vergroͤberte Organiſation der
Menſchheit erblicken, ſind vielleicht nur
vergroͤberte Kopie aͤchter Familiengemaͤhlde.
Wagen Sie den Verſuch einer phyſio-
gnomiſchen Vergleichung; aber nach den
bedeutſamen Zuͤgen des Geſichts, und nicht
nach dem Umriß Jhrer himmelanſtrebenden
Puderalpe, die den Gipfel in eine Blon-
denwolke verbirgt. Eine alte Wahrheit oh-
ne Kraft und Saft, das iſt ohne Wirkung
aufs Herz, ſagt, alle Menſchen gehoͤren zu
einer Familie. Wenn wir dieſe Wahrheit
mit etwas phyſiognomiſcher Wuͤrze verſe-
tzen, ſo wird ſie wieder anziehend. Durch
Huͤlfe einer kleinen Spekulation ſinden wir,
daß wir nicht bis auf den Ahnherrn Noah
hinauf ſteigen duͤrfen, den gemeinſchaftli-
chen Stammvater des in unſrer Dorfſchaft
bluͤhenden Menſchengeſchlechtes aufzuſuchen:
wenn wir genau zuſehen, ſind wir mit un-
ſern Unterthanen ſo erbverbruͤdert und erb-
vereiniget, wie dieſe untereinander. Die
Katzen gehoͤren eben ſo wohl ins Loͤwenge-
ſchlecht,
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