Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Freund. Jndem mit einer freundlichen
Einladung der Marsch fortgesezt wurde,
kroch ein niedliches Händchen zwischen den
Ermel meines Reutrocks durch, und faßt
mich beym Arm. War die Hand der Toch-
ter; denn der Weißmantel hatte nicht Lust
die Mutter loßzulassen, welche Jnpolitesse
ich ihm gleichwohl gern verzieh. Jch
wünscht' der nächtliche Spatzierweg hätt ein
paar Meilen gedauret. Der Mond konnt'
wegen der Bäume, ob sie gleich der Herbst
schon halbentblättert hatte, an mir keine
Verrätherey begehen; aber die Kerzen in
der Burg, die ich in der Fern schimmern
sah, hätt ich um des qui pro quo willen
gern ausblasen mögen.

Beym Eintritt ins Zimmer, als die Vet-
terschaft beym Licht besehen wurde, exspi-
rirte sie freilich. Mutter und Tochter wur-
den ihres Jrrthums innen, sahen einen wild-
fremden Mann vor sich, der sich als Freund

vom

Freund. Jndem mit einer freundlichen
Einladung der Marſch fortgeſezt wurde,
kroch ein niedliches Haͤndchen zwiſchen den
Ermel meines Reutrocks durch, und faßt
mich beym Arm. War die Hand der Toch-
ter; denn der Weißmantel hatte nicht Luſt
die Mutter loßzulaſſen, welche Jnpoliteſſe
ich ihm gleichwohl gern verzieh. Jch
wuͤnſcht’ der naͤchtliche Spatzierweg haͤtt ein
paar Meilen gedauret. Der Mond konnt’
wegen der Baͤume, ob ſie gleich der Herbſt
ſchon halbentblaͤttert hatte, an mir keine
Verraͤtherey begehen; aber die Kerzen in
der Burg, die ich in der Fern ſchimmern
ſah, haͤtt ich um des qui pro quo willen
gern ausblaſen moͤgen.

Beym Eintritt ins Zimmer, als die Vet-
terſchaft beym Licht beſehen wurde, exſpi-
rirte ſie freilich. Mutter und Tochter wur-
den ihres Jrrthums innen, ſahen einen wild-
fremden Mann vor ſich, der ſich als Freund

vom
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0144" n="144"/>
Freund. Jndem mit einer freundlichen<lb/>
Einladung der Mar&#x017F;ch fortge&#x017F;ezt wurde,<lb/>
kroch ein niedliches Ha&#x0364;ndchen zwi&#x017F;chen den<lb/>
Ermel meines Reutrocks durch, und faßt<lb/>
mich beym Arm. War die Hand der Toch-<lb/>
ter; denn der Weißmantel hatte nicht Lu&#x017F;t<lb/>
die Mutter loßzula&#x017F;&#x017F;en, welche Jnpolite&#x017F;&#x017F;e<lb/>
ich ihm gleichwohl gern verzieh. Jch<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;cht&#x2019; der na&#x0364;chtliche Spatzierweg ha&#x0364;tt ein<lb/>
paar Meilen gedauret. Der Mond konnt&#x2019;<lb/>
wegen der Ba&#x0364;ume, ob &#x017F;ie gleich der Herb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chon halbentbla&#x0364;ttert hatte, an mir keine<lb/>
Verra&#x0364;therey begehen; aber die Kerzen in<lb/>
der Burg, die ich in der Fern &#x017F;chimmern<lb/>
&#x017F;ah, ha&#x0364;tt ich um des <hi rendition="#aq">qui pro quo</hi> willen<lb/>
gern ausbla&#x017F;en mo&#x0364;gen.</p><lb/>
        <p>Beym Eintritt ins Zimmer, als die Vet-<lb/>
ter&#x017F;chaft beym Licht be&#x017F;ehen wurde, ex&#x017F;pi-<lb/>
rirte &#x017F;ie freilich. Mutter und Tochter wur-<lb/>
den ihres Jrrthums innen, &#x017F;ahen einen wild-<lb/>
fremden Mann vor &#x017F;ich, der &#x017F;ich als Freund<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vom</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0144] Freund. Jndem mit einer freundlichen Einladung der Marſch fortgeſezt wurde, kroch ein niedliches Haͤndchen zwiſchen den Ermel meines Reutrocks durch, und faßt mich beym Arm. War die Hand der Toch- ter; denn der Weißmantel hatte nicht Luſt die Mutter loßzulaſſen, welche Jnpoliteſſe ich ihm gleichwohl gern verzieh. Jch wuͤnſcht’ der naͤchtliche Spatzierweg haͤtt ein paar Meilen gedauret. Der Mond konnt’ wegen der Baͤume, ob ſie gleich der Herbſt ſchon halbentblaͤttert hatte, an mir keine Verraͤtherey begehen; aber die Kerzen in der Burg, die ich in der Fern ſchimmern ſah, haͤtt ich um des qui pro quo willen gern ausblaſen moͤgen. Beym Eintritt ins Zimmer, als die Vet- terſchaft beym Licht beſehen wurde, exſpi- rirte ſie freilich. Mutter und Tochter wur- den ihres Jrrthums innen, ſahen einen wild- fremden Mann vor ſich, der ſich als Freund vom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/144
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/144>, abgerufen am 18.05.2024.