trug nicht ärger gewesen, als der erste? Der Fall ist immer möglich, das Sie sich in Ansehung des Bastels geirret haben kön- nen; und wenn das oben belobte Traktät- lein Recht hätte, so wärs gewiß. Wenns Jhnen nun ergangen wär wie unlängst dem Dreßdner Thürmer? Der des Abends den aufgehenden Venusstern für eine ange- zündete Lermstange ansah, die ganze Stadt in Furcht und Schrecken setzte, daß ieder- mann glaubte der Feind sey schon in der Stadt Weichbild eingerückt, bis ein kleiner Zeitverlauf den Planeten hoch über den Horizont erhob, und der optische Betrug dadurch an den Tag kam. Jch weiß daß der Zürcher Baschkir, ausser diesem tertio comparationis mit dem Venusstern wenig Aehnlichkeit hat; allein was kann der arme Schelm dazu, daß das fünfte Paar Hirn- nerven, welches nach Professor Wrisbergs Meinung, die ganze menschliche Physio-
gnomie
trug nicht aͤrger geweſen, als der erſte? Der Fall iſt immer moͤglich, das Sie ſich in Anſehung des Baſtels geirret haben koͤn- nen; und wenn das oben belobte Traktaͤt- lein Recht haͤtte, ſo waͤrs gewiß. Wenns Jhnen nun ergangen waͤr wie unlaͤngſt dem Dreßdner Thuͤrmer? Der des Abends den aufgehenden Venusſtern fuͤr eine ange- zuͤndete Lermſtange anſah, die ganze Stadt in Furcht und Schrecken ſetzte, daß ieder- mann glaubte der Feind ſey ſchon in der Stadt Weichbild eingeruͤckt, bis ein kleiner Zeitverlauf den Planeten hoch uͤber den Horizont erhob, und der optiſche Betrug dadurch an den Tag kam. Jch weiß daß der Zuͤrcher Baſchkir, auſſer dieſem tertio comparationis mit dem Venusſtern wenig Aehnlichkeit hat; allein was kann der arme Schelm dazu, daß das fuͤnfte Paar Hirn- nerven, welches nach Profeſſor Wrisbergs Meinung, die ganze menſchliche Phyſio-
gnomie
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0101"n="93"/>
trug nicht aͤrger geweſen, als der erſte?<lb/>
Der Fall iſt immer moͤglich, das Sie ſich<lb/>
in Anſehung des Baſtels geirret haben koͤn-<lb/>
nen; und wenn das oben belobte Traktaͤt-<lb/>
lein Recht haͤtte, ſo waͤrs gewiß. Wenns<lb/>
Jhnen nun ergangen waͤr wie unlaͤngſt dem<lb/>
Dreßdner Thuͤrmer? Der des Abends<lb/>
den aufgehenden Venusſtern fuͤr eine ange-<lb/>
zuͤndete Lermſtange anſah, die ganze Stadt<lb/>
in Furcht und Schrecken ſetzte, daß ieder-<lb/>
mann glaubte der Feind ſey ſchon in der<lb/>
Stadt Weichbild eingeruͤckt, bis ein kleiner<lb/>
Zeitverlauf den Planeten hoch uͤber den<lb/>
Horizont erhob, und der optiſche Betrug<lb/>
dadurch an den Tag kam. Jch weiß daß<lb/>
der Zuͤrcher Baſchkir, auſſer dieſem <hirendition="#aq">tertio<lb/>
comparationis</hi> mit dem Venusſtern wenig<lb/>
Aehnlichkeit hat; allein was kann der arme<lb/>
Schelm dazu, daß das fuͤnfte Paar Hirn-<lb/>
nerven, welches nach Profeſſor Wrisbergs<lb/>
Meinung, die ganze menſchliche Phyſio-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gnomie</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[93/0101]
trug nicht aͤrger geweſen, als der erſte?
Der Fall iſt immer moͤglich, das Sie ſich
in Anſehung des Baſtels geirret haben koͤn-
nen; und wenn das oben belobte Traktaͤt-
lein Recht haͤtte, ſo waͤrs gewiß. Wenns
Jhnen nun ergangen waͤr wie unlaͤngſt dem
Dreßdner Thuͤrmer? Der des Abends
den aufgehenden Venusſtern fuͤr eine ange-
zuͤndete Lermſtange anſah, die ganze Stadt
in Furcht und Schrecken ſetzte, daß ieder-
mann glaubte der Feind ſey ſchon in der
Stadt Weichbild eingeruͤckt, bis ein kleiner
Zeitverlauf den Planeten hoch uͤber den
Horizont erhob, und der optiſche Betrug
dadurch an den Tag kam. Jch weiß daß
der Zuͤrcher Baſchkir, auſſer dieſem tertio
comparationis mit dem Venusſtern wenig
Aehnlichkeit hat; allein was kann der arme
Schelm dazu, daß das fuͤnfte Paar Hirn-
nerven, welches nach Profeſſor Wrisbergs
Meinung, die ganze menſchliche Phyſio-
gnomie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/101>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.