Jch. Herr das ist halsbrechende Be- redtsamkeit! Kein Wunder, wenn da die armen Sünder ausbeichten müssen, was der Richter haben will. Jch möcht' schier das Wort des alten sächsischen Herzog Wilhelms, das derselbe, laut des Annali- sten Müllers Zeugniß, dem Rath zu Butt- städt, einem thüringischem Städtchen, das seiner Criminalisten halber nicht minder als seiner Ochsen wegen berühmt ist, bey Gele- genheit eines Criminalfalles anheim gab, wenns kein böß Geblüt gäb, auf Sie an- wenden. Jhr Herren, sprach er, zieht hin mit eurem Bericht; Gott bewahr mich für eurem Gericht! -- Vermuthlich wirkte die Hochnothpeinliche Attrappe alles was Sie wünschten?
Er. Alles was ein gewissenhafter Richter zu Offenbarung der Wahrheit wünschen kann. Jch bedauerte nur, daß ich unsern Zeichner nicht mit ins Verhör
genom-
E 2
Jch. Herr das iſt halsbrechende Be- redtſamkeit! Kein Wunder, wenn da die armen Suͤnder ausbeichten muͤſſen, was der Richter haben will. Jch moͤcht’ ſchier das Wort des alten ſaͤchſiſchen Herzog Wilhelms, das derſelbe, laut des Annali- ſten Muͤllers Zeugniß, dem Rath zu Butt- ſtaͤdt, einem thuͤringiſchem Staͤdtchen, das ſeiner Criminaliſten halber nicht minder als ſeiner Ochſen wegen beruͤhmt iſt, bey Gele- genheit eines Criminalfalles anheim gab, wenns kein boͤß Gebluͤt gaͤb, auf Sie an- wenden. Jhr Herren, ſprach er, zieht hin mit eurem Bericht; Gott bewahr mich fuͤr eurem Gericht! — Vermuthlich wirkte die Hochnothpeinliche Attrappe alles was Sie wuͤnſchten?
Er. Alles was ein gewiſſenhafter Richter zu Offenbarung der Wahrheit wuͤnſchen kann. Jch bedauerte nur, daß ich unſern Zeichner nicht mit ins Verhoͤr
genom-
E 2
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0075"n="67"/><p><hirendition="#fr">Jch.</hi> Herr das iſt halsbrechende Be-<lb/>
redtſamkeit! Kein Wunder, wenn da die<lb/>
armen Suͤnder ausbeichten muͤſſen, was<lb/>
der Richter haben will. Jch moͤcht’ſchier<lb/>
das Wort des alten ſaͤchſiſchen Herzog<lb/>
Wilhelms, das derſelbe, laut des Annali-<lb/>ſten Muͤllers Zeugniß, dem Rath zu Butt-<lb/>ſtaͤdt, einem thuͤringiſchem Staͤdtchen, das<lb/>ſeiner Criminaliſten halber nicht minder als<lb/>ſeiner Ochſen wegen beruͤhmt iſt, bey Gele-<lb/>
genheit eines Criminalfalles anheim gab,<lb/>
wenns kein boͤß Gebluͤt gaͤb, auf Sie an-<lb/>
wenden. Jhr Herren, ſprach er, zieht hin<lb/>
mit eurem Bericht; Gott bewahr mich fuͤr<lb/>
eurem Gericht! — Vermuthlich wirkte<lb/>
die Hochnothpeinliche Attrappe alles was<lb/>
Sie wuͤnſchten?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Er.</hi> Alles was ein gewiſſenhafter<lb/>
Richter zu Offenbarung der Wahrheit<lb/>
wuͤnſchen kann. Jch bedauerte nur, daß<lb/>
ich unſern Zeichner nicht mit ins Verhoͤr<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">genom-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[67/0075]
Jch. Herr das iſt halsbrechende Be-
redtſamkeit! Kein Wunder, wenn da die
armen Suͤnder ausbeichten muͤſſen, was
der Richter haben will. Jch moͤcht’ ſchier
das Wort des alten ſaͤchſiſchen Herzog
Wilhelms, das derſelbe, laut des Annali-
ſten Muͤllers Zeugniß, dem Rath zu Butt-
ſtaͤdt, einem thuͤringiſchem Staͤdtchen, das
ſeiner Criminaliſten halber nicht minder als
ſeiner Ochſen wegen beruͤhmt iſt, bey Gele-
genheit eines Criminalfalles anheim gab,
wenns kein boͤß Gebluͤt gaͤb, auf Sie an-
wenden. Jhr Herren, ſprach er, zieht hin
mit eurem Bericht; Gott bewahr mich fuͤr
eurem Gericht! — Vermuthlich wirkte
die Hochnothpeinliche Attrappe alles was
Sie wuͤnſchten?
Er. Alles was ein gewiſſenhafter
Richter zu Offenbarung der Wahrheit
wuͤnſchen kann. Jch bedauerte nur, daß
ich unſern Zeichner nicht mit ins Verhoͤr
genom-
E 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/75>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.