299. In einem jeden Falle der erfolgten Ehescheidung, den der wechselseitigen Einwilligung allein ausgenommen, verliert der Ehegatte, wider welchen die Scheidung zuge- lassen wurde, alle Vortheile, die ihm von dem andern Ehe- gatten, entweder durch die Ehestiftung, oder nach Einge- hung der Ehe, zugewendet waren.
300. Der Ehegatte, welcher die Ehescheidung ausge- wirkt hat, behält die von dem andern Ehegatten ihm zugewandten Vortheile, selbst wenn sie gegenseitig ausbe- dungen waren, diese Gegenseitigkeit aber nicht mehr statt findet.
301. Sollten die Ehegatten keine Vortheile einander zugewendet haben, oder die wirklich ausbedungenen nicht hinreichend scheinen, um dem Ehegatten, welcher die Ehe- scheidung auswirkte, seinen Unterhalt zu versichern: so kann ihm das Gericht aus dem Vermögen des andern Ehegatten eine jährliche Unterhaltssumme zuerkennen, die jedoch das Drittel der Einkünfte dieses letztern nicht überschreiten darf. Diese Unterhaltssumme kann gleichwohl, wenn sie nicht mehr nothwendig ist, wieder aufgehoben werden.
302. Die Kinder sollen dem Ehegatten, welcher die Ehe- scheidung ausgewirkt hat, überlassen werden, wenn nicht zu deren vorzüglichem Besten das Gericht, auf Ansuchen der Familie oder des königlichen Procurators, verfügt, daß alle oder einige von ihnen der Fürsorge des andern Ehegatten oder einer dritten Person anvertrauet werden sollen.
303. Doch behalten die Eltern, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, wem die Kinder anvertraut werden, gegenseitig das Recht, über den Unterhalt und die Erziehung derselben die Aufsicht zu führen, und müssen, nach Verhältniß ihres Vermögens, hierzu beytragen.
I. Buch. 6. Titel. 4. Cap.
299. In einem jeden Falle der erfolgten Eheſcheidung, den der wechſelſeitigen Einwilligung allein ausgenommen, verliert der Ehegatte, wider welchen die Scheidung zuge- laſſen wurde, alle Vortheile, die ihm von dem andern Ehe- gatten, entweder durch die Eheſtiftung, oder nach Einge- hung der Ehe, zugewendet waren.
300. Der Ehegatte, welcher die Eheſcheidung ausge- wirkt hat, behaͤlt die von dem andern Ehegatten ihm zugewandten Vortheile, ſelbſt wenn ſie gegenſeitig ausbe- dungen waren, dieſe Gegenſeitigkeit aber nicht mehr ſtatt findet.
301. Sollten die Ehegatten keine Vortheile einander zugewendet haben, oder die wirklich ausbedungenen nicht hinreichend ſcheinen, um dem Ehegatten, welcher die Ehe- ſcheidung auswirkte, ſeinen Unterhalt zu verſichern: ſo kann ihm das Gericht aus dem Vermoͤgen des andern Ehegatten eine jaͤhrliche Unterhaltsſumme zuerkennen, die jedoch das Drittel der Einkuͤnfte dieſes letztern nicht uͤberſchreiten darf. Dieſe Unterhaltsſumme kann gleichwohl, wenn ſie nicht mehr nothwendig iſt, wieder aufgehoben werden.
302. Die Kinder ſollen dem Ehegatten, welcher die Ehe- ſcheidung ausgewirkt hat, uͤberlaſſen werden, wenn nicht zu deren vorzuͤglichem Beſten das Gericht, auf Anſuchen der Familie oder des koͤniglichen Procurators, verfuͤgt, daß alle oder einige von ihnen der Fuͤrſorge des andern Ehegatten oder einer dritten Perſon anvertrauet werden ſollen.
303. Doch behalten die Eltern, ohne darauf Ruͤckſicht zu nehmen, wem die Kinder anvertraut werden, gegenſeitig das Recht, uͤber den Unterhalt und die Erziehung derſelben die Aufſicht zu fuͤhren, und muͤſſen, nach Verhaͤltniß ihres Vermoͤgens, hierzu beytragen.
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I. Buch. 6. Titel. 4. Cap.
299. In einem jeden Falle der erfolgten Eheſcheidung,
den der wechſelſeitigen Einwilligung allein ausgenommen,
verliert der Ehegatte, wider welchen die Scheidung zuge-
laſſen wurde, alle Vortheile, die ihm von dem andern Ehe-
gatten, entweder durch die Eheſtiftung, oder nach Einge-
hung der Ehe, zugewendet waren.
300. Der Ehegatte, welcher die Eheſcheidung ausge-
wirkt hat, behaͤlt die von dem andern Ehegatten ihm
zugewandten Vortheile, ſelbſt wenn ſie gegenſeitig ausbe-
dungen waren, dieſe Gegenſeitigkeit aber nicht mehr ſtatt
findet.
301. Sollten die Ehegatten keine Vortheile einander
zugewendet haben, oder die wirklich ausbedungenen nicht
hinreichend ſcheinen, um dem Ehegatten, welcher die Ehe-
ſcheidung auswirkte, ſeinen Unterhalt zu verſichern: ſo
kann ihm das Gericht aus dem Vermoͤgen des andern
Ehegatten eine jaͤhrliche Unterhaltsſumme zuerkennen,
die jedoch das Drittel der Einkuͤnfte dieſes letztern nicht
uͤberſchreiten darf. Dieſe Unterhaltsſumme kann gleichwohl,
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Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/napoleon_code_1808/144>, abgerufen am 21.11.2024.
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