456. Hat der Vormund von dem Familienrathe die Summe nicht bestimmen lassen, bey welcher die Anlegung ihren Anfang nehmen soll: so ist er nach dem Ablaufe der im vorhergehenden Artikel angegebenen Frist von allem nicht angelegten Gelde, so gering auch immer die Summe seyn mag, die Zinsen zu bezahlen verbunden.
457. Der Vormund, auch wenn es der Vater oder die Mutter wäre, kann, ohne Genehmigung des Familienra- thes, für den Minderjährigen weder ein Anlehn aufneh- men, noch dessen unbewegliches Vermögen veräußern oder mit einer Hypotheke beschweren. Diese Genehmigung kann nur unter Voraussetzung einer unbedingten Nothwendigkeit oder eines offenbaren Nutzens ertheilt werden. Im ersten Falle soll der Familienrath seine Genehmigung nur alsdann ertheilen, wenn zuvor, durch eine von dem Vor- munde eingereichte kurzgefaßte Rechnung, die Unzulänglich- keit der Baarschaft, des beweglichen Vermögens und der Einkünfte des Minderjährigen, in Gewißheit gesetzt wor- den ist. In jedem Falle hat der Familienrath die unbeweglichen Sachen, welche vorzugsweise verkauft werden sollen, so wie alle ihm zweckdienlich scheinenden Bedingungen, anzu- geben.
458. Die Beschlüsse des Familienrathes in Beziehung auf diesen Gegenstand sollen nicht eher in Vollzug gesetzt werden, bis der Vormund bey dem Gerichte der ersten In- stanz, welches darüber in dem Berathschlagungszimmer, nach vorgängiger Anhörung des königlichen Procurators, erkennt, die Bestätigung derselben nachgesucht und erhal- ten hat.
459. Der Verkauf soll in Beyseyn des Gegenvormun- des durch öffentliche Versteigerung, die ein Mitglied des
I. Buch. 10. Titel. 2. Cap.
456. Hat der Vormund von dem Familienrathe die Summe nicht beſtimmen laſſen, bey welcher die Anlegung ihren Anfang nehmen ſoll: ſo iſt er nach dem Ablaufe der im vorhergehenden Artikel angegebenen Friſt von allem nicht angelegten Gelde, ſo gering auch immer die Summe ſeyn mag, die Zinſen zu bezahlen verbunden.
457. Der Vormund, auch wenn es der Vater oder die Mutter waͤre, kann, ohne Genehmigung des Familienra- thes, fuͤr den Minderjaͤhrigen weder ein Anlehn aufneh- men, noch deſſen unbewegliches Vermoͤgen veraͤußern oder mit einer Hypotheke beſchweren. Dieſe Genehmigung kann nur unter Vorausſetzung einer unbedingten Nothwendigkeit oder eines offenbaren Nutzens ertheilt werden. Im erſten Falle ſoll der Familienrath ſeine Genehmigung nur alsdann ertheilen, wenn zuvor, durch eine von dem Vor- munde eingereichte kurzgefaßte Rechnung, die Unzulaͤnglich- keit der Baarſchaft, des beweglichen Vermoͤgens und der Einkuͤnfte des Minderjaͤhrigen, in Gewißheit geſetzt wor- den iſt. In jedem Falle hat der Familienrath die unbeweglichen Sachen, welche vorzugsweiſe verkauft werden ſollen, ſo wie alle ihm zweckdienlich ſcheinenden Bedingungen, anzu- geben.
458. Die Beſchluͤſſe des Familienrathes in Beziehung auf dieſen Gegenſtand ſollen nicht eher in Vollzug geſetzt werden, bis der Vormund bey dem Gerichte der erſten In- ſtanz, welches daruͤber in dem Berathſchlagungszimmer, nach vorgaͤngiger Anhoͤrung des koͤniglichen Procurators, erkennt, die Beſtaͤtigung derſelben nachgeſucht und erhal- ten hat.
459. Der Verkauf ſoll in Beyſeyn des Gegenvormun- des durch oͤffentliche Verſteigerung, die ein Mitglied des
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0210"n="198"/><fwtype="header"place="top"><hirendition="#aq">I</hi>. Buch. 10. Titel. 2. Cap.</fw><lb/><p>456. Hat der Vormund von dem Familienrathe die<lb/>
Summe nicht beſtimmen laſſen, bey welcher die Anlegung<lb/>
ihren Anfang nehmen ſoll: ſo iſt er nach dem Ablaufe der<lb/>
im vorhergehenden Artikel angegebenen Friſt von allem nicht<lb/>
angelegten Gelde, ſo gering auch immer die Summe ſeyn<lb/>
mag, die Zinſen zu bezahlen verbunden.<lb/></p><p>457. Der Vormund, auch wenn es der Vater oder die<lb/>
Mutter waͤre, kann, ohne Genehmigung des Familienra-<lb/>
thes, fuͤr den Minderjaͤhrigen weder ein Anlehn aufneh-<lb/>
men, noch deſſen unbewegliches Vermoͤgen veraͤußern oder<lb/>
mit einer Hypotheke beſchweren.<lb/>
Dieſe Genehmigung kann nur unter Vorausſetzung einer<lb/>
unbedingten Nothwendigkeit oder eines offenbaren Nutzens<lb/>
ertheilt werden.<lb/>
Im erſten Falle ſoll der Familienrath ſeine Genehmigung<lb/>
nur alsdann ertheilen, wenn zuvor, durch eine von dem Vor-<lb/>
munde eingereichte kurzgefaßte Rechnung, die Unzulaͤnglich-<lb/>
keit der Baarſchaft, des beweglichen Vermoͤgens und der<lb/>
Einkuͤnfte des Minderjaͤhrigen, in Gewißheit geſetzt wor-<lb/>
den iſt.<lb/>
In jedem Falle hat der Familienrath die unbeweglichen<lb/>
Sachen, welche vorzugsweiſe verkauft werden ſollen, ſo<lb/>
wie alle ihm zweckdienlich ſcheinenden Bedingungen, anzu-<lb/>
geben.<lb/></p><p>458. Die Beſchluͤſſe des Familienrathes in Beziehung<lb/>
auf dieſen Gegenſtand ſollen nicht eher in Vollzug geſetzt<lb/>
werden, bis der Vormund bey dem Gerichte der erſten In-<lb/>ſtanz, welches daruͤber in dem Berathſchlagungszimmer,<lb/>
nach vorgaͤngiger Anhoͤrung des koͤniglichen Procurators,<lb/>
erkennt, die Beſtaͤtigung derſelben nachgeſucht und erhal-<lb/>
ten hat.<lb/></p><p>459. Der Verkauf ſoll in Beyſeyn des Gegenvormun-<lb/>
des durch oͤffentliche Verſteigerung, die ein Mitglied des<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[198/0210]
I. Buch. 10. Titel. 2. Cap.
456. Hat der Vormund von dem Familienrathe die
Summe nicht beſtimmen laſſen, bey welcher die Anlegung
ihren Anfang nehmen ſoll: ſo iſt er nach dem Ablaufe der
im vorhergehenden Artikel angegebenen Friſt von allem nicht
angelegten Gelde, ſo gering auch immer die Summe ſeyn
mag, die Zinſen zu bezahlen verbunden.
457. Der Vormund, auch wenn es der Vater oder die
Mutter waͤre, kann, ohne Genehmigung des Familienra-
thes, fuͤr den Minderjaͤhrigen weder ein Anlehn aufneh-
men, noch deſſen unbewegliches Vermoͤgen veraͤußern oder
mit einer Hypotheke beſchweren.
Dieſe Genehmigung kann nur unter Vorausſetzung einer
unbedingten Nothwendigkeit oder eines offenbaren Nutzens
ertheilt werden.
Im erſten Falle ſoll der Familienrath ſeine Genehmigung
nur alsdann ertheilen, wenn zuvor, durch eine von dem Vor-
munde eingereichte kurzgefaßte Rechnung, die Unzulaͤnglich-
keit der Baarſchaft, des beweglichen Vermoͤgens und der
Einkuͤnfte des Minderjaͤhrigen, in Gewißheit geſetzt wor-
den iſt.
In jedem Falle hat der Familienrath die unbeweglichen
Sachen, welche vorzugsweiſe verkauft werden ſollen, ſo
wie alle ihm zweckdienlich ſcheinenden Bedingungen, anzu-
geben.
458. Die Beſchluͤſſe des Familienrathes in Beziehung
auf dieſen Gegenſtand ſollen nicht eher in Vollzug geſetzt
werden, bis der Vormund bey dem Gerichte der erſten In-
ſtanz, welches daruͤber in dem Berathſchlagungszimmer,
nach vorgaͤngiger Anhoͤrung des koͤniglichen Procurators,
erkennt, die Beſtaͤtigung derſelben nachgeſucht und erhal-
ten hat.
459. Der Verkauf ſoll in Beyſeyn des Gegenvormun-
des durch oͤffentliche Verſteigerung, die ein Mitglied des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: gekennzeichnet;
Druckfehler: ignoriert;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
I/J in Fraktur: keine Angabe;
Kolumnentitel: gekennzeichnet;
Kustoden: gekennzeichnet;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
Vollständigkeit: teilweise erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/napoleon_code_1808/210>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.