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Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808.

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III. Buch. 2. Titel. 3. Cap.

914. Unter dem Namen der Kinder sind in dem vor-
hergehenden Artikel die Abkömmlinge, in welchem Grade
sie auch stehen, begriffen; doch werden sie nur für das.
Kind, welches sie bey der Erbfolge in den Nachlaß des
Verfügenden repräsentiren, gerechnet.

915. Freygebigkeiten durch Handlungen unter Lebenden
oder Testament dürfen nicht die Hälfte des Vermögens
übersteigen, wenn der Verstorbene keine Kinder, aber einen
oder mehrere Ascendenten in beyden Linien, der väterli-
chen und der mütterlichen, hinterläßt, und nicht drey Vier-
theile, wenn er in einer Linie allein Ascendenten hinterläßt.
Das zum Vortheile der Ascendenten also vorbehaltene
Vermögen erhalten sie in der Ordnung, worin das Ge-
setz sie zur Erbfolge ruft. Sie haben ein ausschließendes
Recht auf diesen Vorbehalt, so oft ihnen, beym Zu-
sammentreffen mit Seitenverwandten, die Theilung den
Theil des Vermögens nicht verschaffen würde, worauf der
Vorbehalt bestimmt ist.

916. Sind weder Ascendenten noch Abkömmlinge vor-
handen, so können die Freygebigkeiten durch Handlungen
unter Lebenden oder Testament das ganze Vermögen er-
schöpfen.

917. Wenn eine Verfügung unter Lebenden oder durch
Testament einen Nießbrauch oder eine Leibrente zum Ge-
genstande hat, wovon der Werth den disponiblen Ver-
mögenstheil übersteigt: so haben die Erben, zu deren Vor-
theile das Gesetz die Beschränkung festgesetzt hat, die Wahl,
ob sie jene Verfügung vollziehen, oder das Eigenthum an
dem disponiblen Theile aufgeben wollen.

918. Sind gewisse Vermögensstücke gegen eine Leibrente,
oder sonst auf verlornes Capital, oder mit dem Vorbehalte
des Nießbrauches, an einen der Erbfähigen in gerader
Linie veräußert worden: so soll der Werth des vollen Ei-

III. Buch. 2. Titel. 3. Cap.

914. Unter dem Namen der Kinder ſind in dem vor-
hergehenden Artikel die Abkoͤmmlinge, in welchem Grade
ſie auch ſtehen, begriffen; doch werden ſie nur fuͤr daſ.
Kind, welches ſie bey der Erbfolge in den Nachlaß des
Verfuͤgenden repraͤſentiren, gerechnet.

915. Freygebigkeiten durch Handlungen unter Lebenden
oder Teſtament duͤrfen nicht die Haͤlfte des Vermoͤgens
uͤberſteigen, wenn der Verſtorbene keine Kinder, aber einen
oder mehrere Aſcendenten in beyden Linien, der vaͤterli-
chen und der muͤtterlichen, hinterlaͤßt, und nicht drey Vier-
theile, wenn er in einer Linie allein Aſcendenten hinterlaͤßt.
Das zum Vortheile der Aſcendenten alſo vorbehaltene
Vermoͤgen erhalten ſie in der Ordnung, worin das Ge-
ſetz ſie zur Erbfolge ruft. Sie haben ein ausſchließendes
Recht auf dieſen Vorbehalt, ſo oft ihnen, beym Zu-
ſammentreffen mit Seitenverwandten, die Theilung den
Theil des Vermoͤgens nicht verſchaffen wuͤrde, worauf der
Vorbehalt beſtimmt iſt.

916. Sind weder Aſcendenten noch Abkoͤmmlinge vor-
handen, ſo koͤnnen die Freygebigkeiten durch Handlungen
unter Lebenden oder Teſtament das ganze Vermoͤgen er-
ſchoͤpfen.

917. Wenn eine Verfuͤgung unter Lebenden oder durch
Teſtament einen Nießbrauch oder eine Leibrente zum Ge-
genſtande hat, wovon der Werth den diſponiblen Ver-
moͤgenstheil uͤberſteigt: ſo haben die Erben, zu deren Vor-
theile das Geſetz die Beſchraͤnkung feſtgeſetzt hat, die Wahl,
ob ſie jene Verfuͤgung vollziehen, oder das Eigenthum an
dem diſponiblen Theile aufgeben wollen.

918. Sind gewiſſe Vermoͤgensſtuͤcke gegen eine Leibrente,
oder ſonſt auf verlornes Capital, oder mit dem Vorbehalte
des Nießbrauches, an einen der Erbfaͤhigen in gerader
Linie veraͤußert worden: ſo ſoll der Werth des vollen Ei-

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[386/0398] III. Buch. 2. Titel. 3. Cap. 914. Unter dem Namen der Kinder ſind in dem vor- hergehenden Artikel die Abkoͤmmlinge, in welchem Grade ſie auch ſtehen, begriffen; doch werden ſie nur fuͤr daſ. Kind, welches ſie bey der Erbfolge in den Nachlaß des Verfuͤgenden repraͤſentiren, gerechnet. 915. Freygebigkeiten durch Handlungen unter Lebenden oder Teſtament duͤrfen nicht die Haͤlfte des Vermoͤgens uͤberſteigen, wenn der Verſtorbene keine Kinder, aber einen oder mehrere Aſcendenten in beyden Linien, der vaͤterli- chen und der muͤtterlichen, hinterlaͤßt, und nicht drey Vier- theile, wenn er in einer Linie allein Aſcendenten hinterlaͤßt. Das zum Vortheile der Aſcendenten alſo vorbehaltene Vermoͤgen erhalten ſie in der Ordnung, worin das Ge- ſetz ſie zur Erbfolge ruft. Sie haben ein ausſchließendes Recht auf dieſen Vorbehalt, ſo oft ihnen, beym Zu- ſammentreffen mit Seitenverwandten, die Theilung den Theil des Vermoͤgens nicht verſchaffen wuͤrde, worauf der Vorbehalt beſtimmt iſt. 916. Sind weder Aſcendenten noch Abkoͤmmlinge vor- handen, ſo koͤnnen die Freygebigkeiten durch Handlungen unter Lebenden oder Teſtament das ganze Vermoͤgen er- ſchoͤpfen. 917. Wenn eine Verfuͤgung unter Lebenden oder durch Teſtament einen Nießbrauch oder eine Leibrente zum Ge- genſtande hat, wovon der Werth den diſponiblen Ver- moͤgenstheil uͤberſteigt: ſo haben die Erben, zu deren Vor- theile das Geſetz die Beſchraͤnkung feſtgeſetzt hat, die Wahl, ob ſie jene Verfuͤgung vollziehen, oder das Eigenthum an dem diſponiblen Theile aufgeben wollen. 918. Sind gewiſſe Vermoͤgensſtuͤcke gegen eine Leibrente, oder ſonſt auf verlornes Capital, oder mit dem Vorbehalte des Nießbrauches, an einen der Erbfaͤhigen in gerader Linie veraͤußert worden: ſo ſoll der Werth des vollen Ei-

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Zitationshilfe: Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/napoleon_code_1808/398>, abgerufen am 24.11.2024.