Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.Auf der Straße konnte Eduard seinen Zorn nicht Klärchen war auch ganz außer sich. Wo waren Es war den Tag sehr unruhig im Hotel, so daß Klärchen! begann die Tante, vor allen Dingen Auf der Straße konnte Eduard ſeinen Zorn nicht Klärchen war auch ganz außer ſich. Wo waren Es war den Tag ſehr unruhig im Hotel, ſo daß Klärchen! begann die Tante, vor allen Dingen <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0090" n="84"/> <p>Auf der Straße konnte Eduard ſeinen Zorn nicht<lb/> verhalten. Das mußt Du verſprechen, ſagte er eifrig,<lb/> mit dieſen rohen, ungebildeten Leuten darfſt Du keinen<lb/> Verkehr haben. Sie haben mich unter aller Würde<lb/> behandelt, und was dieſer Stockfiſch, dies Gretchen<lb/> von mir wollte, begreife ich nicht.</p><lb/> <p>Klärchen war auch ganz außer ſich. Wo waren<lb/> die Triumphe, die ſie erwartet hatte? Von Gretchen<lb/> ward ſie nicht beneidet, das fühlte ſie, — eher bemit¬<lb/> leidet; und dahinter mußte etwas ſtecken. Und daß<lb/> auch die Tante ſo wenig Freude über den vornehm<lb/> ausſehenden Bräutigam gezeigt, war ihr entſetzlich, ja<lb/> das Weinen war ihr nahe; und doch mußte ſie ſich<lb/> vor dem zornigen Bräutigam jetzt zuſammen nehmen.</p><lb/> <p>Es war den Tag ſehr unruhig im Hotel, ſo daß<lb/> Beide wenig Gelegenheit fanden, ſich zu ſprechen.<lb/> Klärchen war ſehr damit zufrieden. Sie wartete nur<lb/> auf eine paſſende Zeit, um zur Tante ſchlüpfen zu<lb/> können und den Grund von Gretchens ſonderbarem<lb/> Weſen zu erforſchen. Als Eduard bei der ſehr zahl¬<lb/> reichen Abendtafel beſchäftigt war, führte ſie ihr Vor¬<lb/> haben aus. Sie fand die Tante und Gretchen in der<lb/> dämmernden Stube. Erſt wußte ſie nicht recht, wie<lb/> ſie beginnen ſollte, aber es half ja nichts und ſie bat<lb/> mit etwas ſtockender Stimme, ihr zu ſagen, ob ſie<lb/> etwas Unrechtes von ihrem Bräutigam wüßten. Gret¬<lb/> chen ſah verlegen vor ſich nieder.</p><lb/> <p>Klärchen! begann die Tante, vor allen Dingen<lb/> möchten wir es Dir recht begreiflich machen, daß wir<lb/> es gut mit Dir meinen. — Bei dieſen Worten nahm<lb/> ſie Klärchens Hand und ſah ſie mit den ſanften brau¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [84/0090]
Auf der Straße konnte Eduard ſeinen Zorn nicht
verhalten. Das mußt Du verſprechen, ſagte er eifrig,
mit dieſen rohen, ungebildeten Leuten darfſt Du keinen
Verkehr haben. Sie haben mich unter aller Würde
behandelt, und was dieſer Stockfiſch, dies Gretchen
von mir wollte, begreife ich nicht.
Klärchen war auch ganz außer ſich. Wo waren
die Triumphe, die ſie erwartet hatte? Von Gretchen
ward ſie nicht beneidet, das fühlte ſie, — eher bemit¬
leidet; und dahinter mußte etwas ſtecken. Und daß
auch die Tante ſo wenig Freude über den vornehm
ausſehenden Bräutigam gezeigt, war ihr entſetzlich, ja
das Weinen war ihr nahe; und doch mußte ſie ſich
vor dem zornigen Bräutigam jetzt zuſammen nehmen.
Es war den Tag ſehr unruhig im Hotel, ſo daß
Beide wenig Gelegenheit fanden, ſich zu ſprechen.
Klärchen war ſehr damit zufrieden. Sie wartete nur
auf eine paſſende Zeit, um zur Tante ſchlüpfen zu
können und den Grund von Gretchens ſonderbarem
Weſen zu erforſchen. Als Eduard bei der ſehr zahl¬
reichen Abendtafel beſchäftigt war, führte ſie ihr Vor¬
haben aus. Sie fand die Tante und Gretchen in der
dämmernden Stube. Erſt wußte ſie nicht recht, wie
ſie beginnen ſollte, aber es half ja nichts und ſie bat
mit etwas ſtockender Stimme, ihr zu ſagen, ob ſie
etwas Unrechtes von ihrem Bräutigam wüßten. Gret¬
chen ſah verlegen vor ſich nieder.
Klärchen! begann die Tante, vor allen Dingen
möchten wir es Dir recht begreiflich machen, daß wir
es gut mit Dir meinen. — Bei dieſen Worten nahm
ſie Klärchens Hand und ſah ſie mit den ſanften brau¬
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