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Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876.

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Bestätigt sich dies durch spätere Beobachtungen, dann würde es für
die Lehre von der Vererbung bedeutungsvoll sein. Bis jetzt kann aber
von einer "Mittelform" auch in dieser Beziehung nicht die Rede sein. --

Ich kann am besten an dieser Stelle auf eine Angabe von Water-
house
(Natural history of the Mammalia vol. II. Rodentia etc. London
1848, pag. 34 Anmerkung) eingehen. Die Differenz der Armknochen
bei Hasen und Kaninchen hat er übersehen, in Bezug auf die eigentliche
Hand giebt er an, dass die Nagelglieder des Kaninchens von denen des
Hasen sich dadurch unterscheiden, dass sie "wie bei verschiedenen andern
grabenden Thieren" weniger tief und weniger zusammengedrückt und,
wenigstens auf der Oberfläche gespalten (cleft) sind. Eine kleine Rinne
ist allerdings auf den Nagelgliedern bei den Kaninchen verschiedener
Rassen immer vorhanden; ich finde dieselbe auch auf den Phalangen der
Hinterfüsse; beim Hasen fehlt sie immer. Später ist diese Bildung
der Nagelglieder auch von Owen (anatomy of vertbr, 1866 II. 378) be-
stimmt hervorgehoben und mit der Kürze und grössern Stärke der Vorder-
füsse in Beziehung zu dem Graben der Kaninchen gestellt. An den
Hornnägeln habe ich einen Unterschied beider Arten bis jetzt nicht
finden können.

Waterhouse giebt ferner an, der Fuss des Hasen enthalte drei
Knochen mehr als der des Kaninchens, nämlich:

1) einen ziemlich grossen überzähligen Knochen mit konvexer,
äusserer Oberfläche, welcher der Rückseite des Kahnbeins angefügt ist,
2) ein besonderes inneres Kahnbein,
3) einen diesem angefügten, und rudimentären Metatarsalknochen für
die innere Zehe.

In Bezug auf den ersten Knochen kann ich nur vermuthen, dass
damit der für den Fuss der Hasen charakteristische, starke Fortsatz des
Kahnbeins auf der Plantarfläche des Fusses gemeint ist. Ob derselbe
in früher Jugend selbstständig vom Kahnbein besteht, ist mir nicht be-
kannt, bei erwachsenen Hasen habe ich diesen Theil niemals selbst-
ständig gefunden; aber auch keinen wesentlichen Unterschied von dem
des Kaninchens.

Eben so wenig kann ich die Angabe eines "distinct internal cunei-
form" und des "attached rudimentary metatarsal of the inner toe" deuten.
Das os cuneiforme primum Krause (Anatomie des Kaninchens S. 89)
soll bei älteren Kaninchen mit dem os metatarsi digiti I, verwachsen;
mir selbst ist diese Verwachsung nicht vorgekommen, doch ist nach der
angeführten Autorität daran nicht zu zweifeln; vielleicht hat Water-
house
einen solchen Fall mit dem Fuss des Hasen verglichen und ist da-
durch zu seiner Angabe gekommen; alsdann würde aber in Zweifel bleiben,
was mit dem rudimentären Metatarsalknochen für die innere Zehe ge-
meint sein kann. Mir ist ein Rudiment für den ersten Finger noch nicht
vorgekommen; zwar zeigt sich bei einigen Kaninchen- und Hasenskeleten,

Bestätigt sich dies durch spätere Beobachtungen, dann würde es für
die Lehre von der Vererbung bedeutungsvoll sein. Bis jetzt kann aber
von einer „Mittelform“ auch in dieser Beziehung nicht die Rede sein. —

Ich kann am besten an dieser Stelle auf eine Angabe von Water-
house
(Natural history of the Mammalia vol. II. Rodentia etc. London
1848, pag. 34 Anmerkung) eingehen. Die Differenz der Armknochen
bei Hasen und Kaninchen hat er übersehen, in Bezug auf die eigentliche
Hand giebt er an, dass die Nagelglieder des Kaninchens von denen des
Hasen sich dadurch unterscheiden, dass sie „wie bei verschiedenen andern
grabenden Thieren“ weniger tief und weniger zusammengedrückt und,
wenigstens auf der Oberfläche gespalten (cleft) sind. Eine kleine Rinne
ist allerdings auf den Nagelgliedern bei den Kaninchen verschiedener
Rassen immer vorhanden; ich finde dieselbe auch auf den Phalangen der
Hinterfüsse; beim Hasen fehlt sie immer. Später ist diese Bildung
der Nagelglieder auch von Owen (anatomy of vertbr, 1866 II. 378) be-
stimmt hervorgehoben und mit der Kürze und grössern Stärke der Vorder-
füsse in Beziehung zu dem Graben der Kaninchen gestellt. An den
Hornnägeln habe ich einen Unterschied beider Arten bis jetzt nicht
finden können.

Waterhouse giebt ferner an, der Fuss des Hasen enthalte drei
Knochen mehr als der des Kaninchens, nämlich:

1) einen ziemlich grossen überzähligen Knochen mit konvexer,
äusserer Oberfläche, welcher der Rückseite des Kahnbeins angefügt ist,
2) ein besonderes inneres Kahnbein,
3) einen diesem angefügten, und rudimentären Metatarsalknochen für
die innere Zehe.

In Bezug auf den ersten Knochen kann ich nur vermuthen, dass
damit der für den Fuss der Hasen charakteristische, starke Fortsatz des
Kahnbeins auf der Plantarfläche des Fusses gemeint ist. Ob derselbe
in früher Jugend selbstständig vom Kahnbein besteht, ist mir nicht be-
kannt, bei erwachsenen Hasen habe ich diesen Theil niemals selbst-
ständig gefunden; aber auch keinen wesentlichen Unterschied von dem
des Kaninchens.

Eben so wenig kann ich die Angabe eines „distinct internal cunei-
form“ und des „attached rudimentary metatarsal of the inner toe“ deuten.
Das os cuneiforme primum Krause (Anatomie des Kaninchens S. 89)
soll bei älteren Kaninchen mit dem os metatarsi digiti I, verwachsen;
mir selbst ist diese Verwachsung nicht vorgekommen, doch ist nach der
angeführten Autorität daran nicht zu zweifeln; vielleicht hat Water-
house
einen solchen Fall mit dem Fuss des Hasen verglichen und ist da-
durch zu seiner Angabe gekommen; alsdann würde aber in Zweifel bleiben,
was mit dem rudimentären Metatarsalknochen für die innere Zehe ge-
meint sein kann. Mir ist ein Rudiment für den ersten Finger noch nicht
vorgekommen; zwar zeigt sich bei einigen Kaninchen- und Hasenskeleten,

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[34/0042] Bestätigt sich dies durch spätere Beobachtungen, dann würde es für die Lehre von der Vererbung bedeutungsvoll sein. Bis jetzt kann aber von einer „Mittelform“ auch in dieser Beziehung nicht die Rede sein. — Ich kann am besten an dieser Stelle auf eine Angabe von Water- house (Natural history of the Mammalia vol. II. Rodentia etc. London 1848, pag. 34 Anmerkung) eingehen. Die Differenz der Armknochen bei Hasen und Kaninchen hat er übersehen, in Bezug auf die eigentliche Hand giebt er an, dass die Nagelglieder des Kaninchens von denen des Hasen sich dadurch unterscheiden, dass sie „wie bei verschiedenen andern grabenden Thieren“ weniger tief und weniger zusammengedrückt und, wenigstens auf der Oberfläche gespalten (cleft) sind. Eine kleine Rinne ist allerdings auf den Nagelgliedern bei den Kaninchen verschiedener Rassen immer vorhanden; ich finde dieselbe auch auf den Phalangen der Hinterfüsse; beim Hasen fehlt sie immer. Später ist diese Bildung der Nagelglieder auch von Owen (anatomy of vertbr, 1866 II. 378) be- stimmt hervorgehoben und mit der Kürze und grössern Stärke der Vorder- füsse in Beziehung zu dem Graben der Kaninchen gestellt. An den Hornnägeln habe ich einen Unterschied beider Arten bis jetzt nicht finden können. Waterhouse giebt ferner an, der Fuss des Hasen enthalte drei Knochen mehr als der des Kaninchens, nämlich: 1) einen ziemlich grossen überzähligen Knochen mit konvexer, äusserer Oberfläche, welcher der Rückseite des Kahnbeins angefügt ist, 2) ein besonderes inneres Kahnbein, 3) einen diesem angefügten, und rudimentären Metatarsalknochen für die innere Zehe. In Bezug auf den ersten Knochen kann ich nur vermuthen, dass damit der für den Fuss der Hasen charakteristische, starke Fortsatz des Kahnbeins auf der Plantarfläche des Fusses gemeint ist. Ob derselbe in früher Jugend selbstständig vom Kahnbein besteht, ist mir nicht be- kannt, bei erwachsenen Hasen habe ich diesen Theil niemals selbst- ständig gefunden; aber auch keinen wesentlichen Unterschied von dem des Kaninchens. Eben so wenig kann ich die Angabe eines „distinct internal cunei- form“ und des „attached rudimentary metatarsal of the inner toe“ deuten. Das os cuneiforme primum Krause (Anatomie des Kaninchens S. 89) soll bei älteren Kaninchen mit dem os metatarsi digiti I, verwachsen; mir selbst ist diese Verwachsung nicht vorgekommen, doch ist nach der angeführten Autorität daran nicht zu zweifeln; vielleicht hat Water- house einen solchen Fall mit dem Fuss des Hasen verglichen und ist da- durch zu seiner Angabe gekommen; alsdann würde aber in Zweifel bleiben, was mit dem rudimentären Metatarsalknochen für die innere Zehe ge- meint sein kann. Mir ist ein Rudiment für den ersten Finger noch nicht vorgekommen; zwar zeigt sich bei einigen Kaninchen- und Hasenskeleten,

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Zitationshilfe: Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_leporiden_1876/42>, abgerufen am 23.11.2024.