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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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Das V. Capitel.
dern Garten bey seinem Sommer-Pallast, darinn ausser den vortrefflichen
und künstlich-inventionirten Grotten eine Orgel, die vermittelst des Was-
sers eineliebliche Music machen kan, zu sehen. Nächst diesem Garten ha-
ben die Jesuiten unterschiedliche schöne Gärten. Nicht weniger siehet man
deren bey dem Pallast Mazarini, allwo ein anmuthiger Prospect immer den
andern noch übertrifft. Der Garten Colonno, item der Aldobrandinische, Lu-
dovisi
sche und andere mehr, die mir alle zu specificiren ohnmöglich, sind von
solcher Schönheit, an Orangerien, ausländischen raren Gewächsen, Ca-
scad
en, Grotten, lustigen Alleen und dergleichen vergnüglichen Lustbarkeiten,
die weit schöner und anmuthiger zu besehen, als zu beschreiben sind. Jn
dem Garten Borghese findet in Liebhaber der Antiquität wieder verschie-
dene schöne Sachen. Der Garten an sich hat viele anmuthige Spatzier-
Gänge, die sowol oben mit Laub-Werck geschlossen, als offen sind; item
Fisch-Teiche, Wasser-Brunnen, allerley Bäume, schöne Sitze, in ange-
nehmein Prospect, herrliche Statuen und Gemählde. Das Lust-Haus selber,
so aber mehr einem Pallast gleichet, ist auf beyden Seiten in einem halben
Circkel mit schönen Bildern besetzt, die vor den zweyen Thoren stehen, als alte
Penates und Lares. Die Mauer des Hauses ist mit vielen Anticallie oder
alten Marmor-Stücken überzogen. Jn dem Pallast oder Lust-Haus aber
selbst findet man viele überaus rare Stücke, als: Jm grossen Saal stehet
eine Diana von Orient. Alabaster, welche als eine Göttin von Augusto selbst
angebetet worden. Die Gemählde, deren eines die Cavalcada des Pab-
stes, und die andere die Cavalcada des Groß-Türcken unvergleichlich vor-
stellet. Jn einem andern Gemach observiret man das Bild eines alten
Fechters, der allein gegen 20. andere gestritten, und da er tödtlich verwundet
worden, scheinet er allen zu drohen, welche ihn ansehen, daß man wohl sagen
mag, dieses Bild sey schröcklich wohl gemacht. Jn einem andern Gemach sie-
het man das Haupt Alexandri Magni in Profil von Marmor. Jn einem
andern Gemach observiret man das Bildniß Senecae, der sich todtblutet, von
schwartzem Stein, wie ein Agat, welchen der Blut-Hund Nero, ungeachtet
er sein Praeceptor gewesen, hat tödten lassen: Daphnis, die von dem Apollo
verfolget, und in einen Baum verwandelt wird. AEneas, der seinen alten Va-
ter Anchises (aus dem Brand der Stadt Troja) trägt, der Jüngling ist
braun und starck, der Alte aber schwach gemahlet. David, wie er Goliath
mit der Schläuder an seine Stirn trifft; er sieht so heroisch aus, als wolte
er ihn mit dem Gesichte schröcken und mit der Schläuder tödten. Diese bey-
de letzte Bilder, David und AEneas, hat Bernini gemahlt.

Jn
N 2

Das V. Capitel.
dern Garten bey ſeinem Sommer-Pallaſt, darinn auſſer den vortrefflichen
und kuͤnſtlich-inventionirten Grotten eine Orgel, die vermittelſt des Waſ-
ſers eineliebliche Muſic machen kan, zu ſehen. Naͤchſt dieſem Garten ha-
ben die Jeſuiten unterſchiedliche ſchoͤne Gaͤrten. Nicht weniger ſiehet man
deren bey dem Pallaſt Mazarini, allwo ein anmuthiger Proſpect immer den
andern noch uͤbertrifft. Der Garten Colonno, item der Aldobrandiniſche, Lu-
doviſi
ſche und andere mehr, die mir alle zu ſpecificiren ohnmoͤglich, ſind von
ſolcher Schoͤnheit, an Orangerien, auslaͤndiſchen raren Gewaͤchſen, Ca-
ſcad
en, Grotten, luſtigen Alléen und dergleichen vergnuͤglichen Luſtbarkeiten,
die weit ſchoͤner und anmuthiger zu beſehen, als zu beſchreiben ſind. Jn
dem Garten Borgheſe findet in Liebhaber der Antiquität wieder verſchie-
dene ſchoͤne Sachen. Der Garten an ſich hat viele anmuthige Spatzier-
Gaͤnge, die ſowol oben mit Laub-Werck geſchloſſen, als offen ſind; item
Fiſch-Teiche, Waſſer-Brunnen, allerley Baͤume, ſchoͤne Sitze, in ange-
nehmein Proſpect, herrliche Statuen und Gemaͤhlde. Das Luſt-Haus ſelber,
ſo aber mehr einem Pallaſt gleichet, iſt auf beyden Seiten in einem halben
Circkel mit ſchoͤnen Bildern beſetzt, die vor den zweyen Thoren ſtehen, als alte
Penates und Lares. Die Mauer des Hauſes iſt mit vielen Anticallie oder
alten Marmor-Stuͤcken uͤberzogen. Jn dem Pallaſt oder Luſt-Haus aber
ſelbſt findet man viele uͤberaus rare Stuͤcke, als: Jm groſſen Saal ſtehet
eine Diana von Orient. Alabaſter, welche als eine Goͤttin von Auguſto ſelbſt
angebetet worden. Die Gemaͤhlde, deren eines die Cavalcada des Pab-
ſtes, und die andere die Cavalcada des Groß-Tuͤrcken unvergleichlich vor-
ſtellet. Jn einem andern Gemach obſerviret man das Bild eines alten
Fechters, der allein gegen 20. andere geſtritten, und da er toͤdtlich verwundet
worden, ſcheinet er allen zu drohen, welche ihn anſehen, daß man wohl ſagen
mag, dieſes Bild ſey ſchroͤcklich wohl gemacht. Jn einem andern Gemach ſie-
het man das Haupt Alexandri Magni in Profil von Marmor. Jn einem
andern Gemach obſerviret man das Bildniß Senecæ, der ſich todtblutet, von
ſchwartzem Stein, wie ein Agat, welchen der Blut-Hund Nero, ungeachtet
er ſein Præceptor geweſen, hat toͤdten laſſen: Daphnis, die von dem Apollo
verfolget, und in einen Baum verwandelt wird. Æneas, der ſeinen alten Va-
ter Anchiſes (aus dem Brand der Stadt Troja) traͤgt, der Juͤngling iſt
braun und ſtarck, der Alte aber ſchwach gemahlet. David, wie er Goliath
mit der Schlaͤuder an ſeine Stirn trifft; er ſieht ſo heroiſch aus, als wolte
er ihn mit dem Geſichte ſchroͤcken und mit der Schlaͤuder toͤdten. Dieſe bey-
de letzte Bilder, David und Æneas, hat Bernini gemahlt.

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[99/0127] Das V. Capitel. dern Garten bey ſeinem Sommer-Pallaſt, darinn auſſer den vortrefflichen und kuͤnſtlich-inventionirten Grotten eine Orgel, die vermittelſt des Waſ- ſers eineliebliche Muſic machen kan, zu ſehen. Naͤchſt dieſem Garten ha- ben die Jeſuiten unterſchiedliche ſchoͤne Gaͤrten. Nicht weniger ſiehet man deren bey dem Pallaſt Mazarini, allwo ein anmuthiger Proſpect immer den andern noch uͤbertrifft. Der Garten Colonno, item der Aldobrandiniſche, Lu- doviſiſche und andere mehr, die mir alle zu ſpecificiren ohnmoͤglich, ſind von ſolcher Schoͤnheit, an Orangerien, auslaͤndiſchen raren Gewaͤchſen, Ca- ſcaden, Grotten, luſtigen Alléen und dergleichen vergnuͤglichen Luſtbarkeiten, die weit ſchoͤner und anmuthiger zu beſehen, als zu beſchreiben ſind. Jn dem Garten Borgheſe findet in Liebhaber der Antiquität wieder verſchie- dene ſchoͤne Sachen. Der Garten an ſich hat viele anmuthige Spatzier- Gaͤnge, die ſowol oben mit Laub-Werck geſchloſſen, als offen ſind; item Fiſch-Teiche, Waſſer-Brunnen, allerley Baͤume, ſchoͤne Sitze, in ange- nehmein Proſpect, herrliche Statuen und Gemaͤhlde. Das Luſt-Haus ſelber, ſo aber mehr einem Pallaſt gleichet, iſt auf beyden Seiten in einem halben Circkel mit ſchoͤnen Bildern beſetzt, die vor den zweyen Thoren ſtehen, als alte Penates und Lares. Die Mauer des Hauſes iſt mit vielen Anticallie oder alten Marmor-Stuͤcken uͤberzogen. Jn dem Pallaſt oder Luſt-Haus aber ſelbſt findet man viele uͤberaus rare Stuͤcke, als: Jm groſſen Saal ſtehet eine Diana von Orient. Alabaſter, welche als eine Goͤttin von Auguſto ſelbſt angebetet worden. Die Gemaͤhlde, deren eines die Cavalcada des Pab- ſtes, und die andere die Cavalcada des Groß-Tuͤrcken unvergleichlich vor- ſtellet. Jn einem andern Gemach obſerviret man das Bild eines alten Fechters, der allein gegen 20. andere geſtritten, und da er toͤdtlich verwundet worden, ſcheinet er allen zu drohen, welche ihn anſehen, daß man wohl ſagen mag, dieſes Bild ſey ſchroͤcklich wohl gemacht. Jn einem andern Gemach ſie- het man das Haupt Alexandri Magni in Profil von Marmor. Jn einem andern Gemach obſerviret man das Bildniß Senecæ, der ſich todtblutet, von ſchwartzem Stein, wie ein Agat, welchen der Blut-Hund Nero, ungeachtet er ſein Præceptor geweſen, hat toͤdten laſſen: Daphnis, die von dem Apollo verfolget, und in einen Baum verwandelt wird. Æneas, der ſeinen alten Va- ter Anchiſes (aus dem Brand der Stadt Troja) traͤgt, der Juͤngling iſt braun und ſtarck, der Alte aber ſchwach gemahlet. David, wie er Goliath mit der Schlaͤuder an ſeine Stirn trifft; er ſieht ſo heroiſch aus, als wolte er ihn mit dem Geſichte ſchroͤcken und mit der Schlaͤuder toͤdten. Dieſe bey- de letzte Bilder, David und Æneas, hat Bernini gemahlt. Jn N 2

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/127>, abgerufen am 21.11.2024.