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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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Von Museis II. Theil.
viele schöne Cabinetter und Pracht-Lädgen mit Smaragden, Rubinen,
Diamanten, Türckisen, Gold und Perlenmutter versetzt, befindlich gewesen.
Von diesen und dergleichen ist umständlichere Nachricht zu finden im dritten
Buch des ersten Theils angeführten Autoris. Zwar ist bekandt, daß der-
gleichen Schrifften Romanzi oder Romainen mehrentheils einen etwas af-
fectir
ten Stylum und Vortrag haben; doch der annehmliche und sinnreiche
Vortrag ersetzet diesen Fehler bald, in soferne der Weg der Wahrheit nur
nachgegangen, nichts aber zu seinem Zweck aus dem Gehirn oder Fingern ge-
sogen wird. Was ferner die Schatz-Kammer des Sultans oder des Tür-
ckischen Kaysers in seinem Seraille oder Pallast anlanget, so ist freylich ohne
dem geringsten Zweifel wohl zu glauben, daß derselbige der reichste unter al-
len mit in der Welt sey; wann man in Erwägung nimmt die Geschencke,
womit fast alle Bediente sich bey der Pforte in Gunst erhalten müssen, ferner
die grossen Gaben und Geschencke, welche offtmals von vielen andern mäch-
tigen Potentaten in Gesandschafften an denselben geschickt werden, und denn
auch ihr grosser Geitz, der ihnen nicht so leicht verstattet, dasjenige wieder
fahren zu lassen, welches sie einmal in ihren Händen haben. Zu

Cöln

War vor Zeiten die Raritäten-Kammer des Hrn. von Fürstenberg
berühmt. Desgleichen hat die Stadt

D.
Dessau

EJn schönes Schloß, auf welchem die Fürstliche Residentz ist, dessen
Pracht und herrliche Meublirung kan der wohlgereiste Frantzose
Chappuzeau in seinem itztlebenden Europa Anno 1669. nicht gnugsam
aussprechen, absonderlich rühmet er darinn zwey grosse Cabinette, deren das
eine mit Gemählden von den berühmtesten Meistern, und das andere mit
Porcellainen Geschirr von allerhand Gattung, in der schönsten Ordnung
und Zierath aufgesetzt, angefüllt ist. Die grösten Geschirre, spricht er, stehn
auf dem untersten und obersten Stockwerck, und die andern Stücke auf
den mittlern; also daß man sich nichts Wunderbarers einbilden kan, als
dieses Cabinet, welches eine 8eckigte Figur machet, also, daß man alle Din-
ge doppelt siehet, und nicht weiß, bey welchem man sich aufhalten soll etc. Jm
übrigen sind alle Neben-Zierathen an allerley raren Sachen von Agat,

Helffen-

Von Muſeis II. Theil.
viele ſchoͤne Cabinetter und Pracht-Laͤdgen mit Smaragden, Rubinen,
Diamanten, Tuͤrckiſen, Gold und Perlenmutter verſetzt, befindlich geweſen.
Von dieſen und dergleichen iſt umſtaͤndlichere Nachricht zu finden im dritten
Buch des erſten Theils angefuͤhrten Autoris. Zwar iſt bekandt, daß der-
gleichen Schrifften Romanzi oder Romainen mehrentheils einen etwas af-
fectir
ten Stylum und Vortrag haben; doch der annehmliche und ſinnreiche
Vortrag erſetzet dieſen Fehler bald, in ſoferne der Weg der Wahrheit nur
nachgegangen, nichts aber zu ſeinem Zweck aus dem Gehirn oder Fingern ge-
ſogen wird. Was ferner die Schatz-Kammer des Sultans oder des Tuͤr-
ckiſchen Kayſers in ſeinem Seraille oder Pallaſt anlanget, ſo iſt freylich ohne
dem geringſten Zweifel wohl zu glauben, daß derſelbige der reichſte unter al-
len mit in der Welt ſey; wann man in Erwaͤgung nimmt die Geſchencke,
womit faſt alle Bediente ſich bey der Pforte in Gunſt erhalten muͤſſen, ferner
die groſſen Gaben und Geſchencke, welche offtmals von vielen andern maͤch-
tigen Potentaten in Geſandſchafften an denſelben geſchickt werden, und denn
auch ihr groſſer Geitz, der ihnen nicht ſo leicht verſtattet, dasjenige wieder
fahren zu laſſen, welches ſie einmal in ihren Haͤnden haben. Zu

Coͤln

War vor Zeiten die Raritaͤten-Kammer des Hrn. von Fuͤrſtenberg
beruͤhmt. Desgleichen hat die Stadt

D.
Deſſau

EJn ſchoͤnes Schloß, auf welchem die Fuͤrſtliche Reſidentz iſt, deſſen
Pracht und herrliche Meublirung kan der wohlgereiſte Frantzoſe
Chappuzeau in ſeinem itztlebenden Europa Anno 1669. nicht gnugſam
ausſprechen, abſonderlich ruͤhmet er darinn zwey groſſe Cabinette, deren das
eine mit Gemaͤhlden von den beruͤhmteſten Meiſtern, und das andere mit
Porcellainen Geſchirr von allerhand Gattung, in der ſchoͤnſten Ordnung
und Zierath aufgeſetzt, angefuͤllt iſt. Die groͤſten Geſchirre, ſpricht er, ſtehn
auf dem unterſten und oberſten Stockwerck, und die andern Stuͤcke auf
den mittlern; alſo daß man ſich nichts Wunderbarers einbilden kan, als
dieſes Cabinet, welches eine 8eckigte Figur machet, alſo, daß man alle Din-
ge doppelt ſiehet, und nicht weiß, bey welchem man ſich aufhalten ſoll ꝛc. Jm
uͤbrigen ſind alle Neben-Zierathen an allerley raren Sachen von Agat,

Helffen-
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[190/0218] Von Muſeis II. Theil. viele ſchoͤne Cabinetter und Pracht-Laͤdgen mit Smaragden, Rubinen, Diamanten, Tuͤrckiſen, Gold und Perlenmutter verſetzt, befindlich geweſen. Von dieſen und dergleichen iſt umſtaͤndlichere Nachricht zu finden im dritten Buch des erſten Theils angefuͤhrten Autoris. Zwar iſt bekandt, daß der- gleichen Schrifften Romanzi oder Romainen mehrentheils einen etwas af- fectirten Stylum und Vortrag haben; doch der annehmliche und ſinnreiche Vortrag erſetzet dieſen Fehler bald, in ſoferne der Weg der Wahrheit nur nachgegangen, nichts aber zu ſeinem Zweck aus dem Gehirn oder Fingern ge- ſogen wird. Was ferner die Schatz-Kammer des Sultans oder des Tuͤr- ckiſchen Kayſers in ſeinem Seraille oder Pallaſt anlanget, ſo iſt freylich ohne dem geringſten Zweifel wohl zu glauben, daß derſelbige der reichſte unter al- len mit in der Welt ſey; wann man in Erwaͤgung nimmt die Geſchencke, womit faſt alle Bediente ſich bey der Pforte in Gunſt erhalten muͤſſen, ferner die groſſen Gaben und Geſchencke, welche offtmals von vielen andern maͤch- tigen Potentaten in Geſandſchafften an denſelben geſchickt werden, und denn auch ihr groſſer Geitz, der ihnen nicht ſo leicht verſtattet, dasjenige wieder fahren zu laſſen, welches ſie einmal in ihren Haͤnden haben. Zu Coͤln War vor Zeiten die Raritaͤten-Kammer des Hrn. von Fuͤrſtenberg beruͤhmt. Desgleichen hat die Stadt D. Deſſau EJn ſchoͤnes Schloß, auf welchem die Fuͤrſtliche Reſidentz iſt, deſſen Pracht und herrliche Meublirung kan der wohlgereiſte Frantzoſe Chappuzeau in ſeinem itztlebenden Europa Anno 1669. nicht gnugſam ausſprechen, abſonderlich ruͤhmet er darinn zwey groſſe Cabinette, deren das eine mit Gemaͤhlden von den beruͤhmteſten Meiſtern, und das andere mit Porcellainen Geſchirr von allerhand Gattung, in der ſchoͤnſten Ordnung und Zierath aufgeſetzt, angefuͤllt iſt. Die groͤſten Geſchirre, ſpricht er, ſtehn auf dem unterſten und oberſten Stockwerck, und die andern Stuͤcke auf den mittlern; alſo daß man ſich nichts Wunderbarers einbilden kan, als dieſes Cabinet, welches eine 8eckigte Figur machet, alſo, daß man alle Din- ge doppelt ſiehet, und nicht weiß, bey welchem man ſich aufhalten ſoll ꝛc. Jm uͤbrigen ſind alle Neben-Zierathen an allerley raren Sachen von Agat, Helffen-

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/218>, abgerufen am 12.05.2024.