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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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Vorrede des Autoris.
Raritäten-Cabinettern und Museis überhaupt wohl zu lesen
seyn.

III. Der dritte Theil handelt von Bibliothequen insgemein, als
zu einem vollständigen und wohl eingerichteten Museo
unentbährlichem Wercke.

Jch halte freylich die Lesung guter Bücher für diejenigen, welche
Raritäten mit Nutzen und Vortheil besitzen wollen, unentbährlich Denn
die Erfahrung bezeugts mehr als zu viel, wie schlecht und ungereimt offt-
mals die Besitzer derselbigen damit umgehen: Welches aus keiner an-
dern Ursache seinen Ursprung hat, als aus der grossen Ignoranz und
Unwissenheit, weil mancher weder in der Jugend noch in seinem Alter zur
Lesung solcher Schrifften, die ihm um ein grosses dazu nutzen könten, Lust
und Belieben hat. Daher entstehen dann auch die schlechten Folgen,
daß viele nicht einmal selber ihre Raritäten kennen, noch weniger aber
von derselben Köstlichkeit und Tugend, Werth und Unwerth einige Wis-
senschafft haben. Ja der Schade der Unwissenheit ist darinnen so groß,
als im Gegentheil der Nutzen sowol inn- als äusserlich dabey ist, wie mit
mehrerm an seinem Orte wird erwiesen werden. Und diese Wichtigkeit
hat mich bewogen, einen besondern Theil von den Bibliothequen allein
zu machen, damit auch ein Unwissender einen leichten Begriff davon er-
langen möchte. Zwar habe ich bereits im I. Theile schon unterschiedli-
che Bibliothequen mit unter denen Museis und Raritäten-Kammern
angeführet, welches ich aber nicht würde gethan haben, wenn ich gleich
anfangs wäre des Sinnes gewesen, apart und ins besondere davon zu
schreiben. Da aber Bibliothequen nicht allein schöne Bücher, son-
dern auch offt und vielfältig mancherley rare Dinge aufzuweisen haben;
so wird mir der g. Leser um desto eher zu gute halten, daß ich die Bi-
bliothequ
en mit gröstem Fug und Recht unter Raritäten-Behältnisse,
noch besser aber unter Musea zähle. Ein Museum aber nenne ich ein
solch Gemach, Stube, Kammer oder Ort, wo zugleich allerley natürli-
che und künstliche Raritäten nebst guten und nützlichen Büchern bey-
sammen zu finden. Jn Raritäten-Kammern und Cabinettern aber

wer-

Vorrede des Autoris.
Raritaͤten-Cabinettern und Muſeis uͤberhaupt wohl zu leſen
ſeyn.

III. Der dritte Theil handelt von Bibliothequen insgemein, als
zu einem vollſtaͤndigen und wohl eingerichteten Muſeo
unentbaͤhrlichem Wercke.

Jch halte freylich die Leſung guter Buͤcher fuͤr diejenigen, welche
Raritaͤten mit Nutzen und Vortheil beſitzen wollen, unentbaͤhrlich Denn
die Erfahrung bezeugts mehr als zu viel, wie ſchlecht und ungereimt offt-
mals die Beſitzer derſelbigen damit umgehen: Welches aus keiner an-
dern Urſache ſeinen Urſprung hat, als aus der groſſen Ignoranz und
Unwiſſenheit, weil mancher weder in der Jugend noch in ſeinem Alter zur
Leſung ſolcher Schrifften, die ihm um ein groſſes dazu nutzen koͤnten, Luſt
und Belieben hat. Daher entſtehen dann auch die ſchlechten Folgen,
daß viele nicht einmal ſelber ihre Raritaͤten kennen, noch weniger aber
von derſelben Koͤſtlichkeit und Tugend, Werth und Unwerth einige Wiſ-
ſenſchafft haben. Ja der Schade der Unwiſſenheit iſt darinnen ſo groß,
als im Gegentheil der Nutzen ſowol inn- als aͤuſſerlich dabey iſt, wie mit
mehrerm an ſeinem Orte wird erwieſen werden. Und dieſe Wichtigkeit
hat mich bewogen, einen beſondern Theil von den Bibliothequen allein
zu machen, damit auch ein Unwiſſender einen leichten Begriff davon er-
langen moͤchte. Zwar habe ich bereits im I. Theile ſchon unterſchiedli-
che Bibliothequen mit unter denen Muſeis und Raritaͤten-Kammern
angefuͤhret, welches ich aber nicht wuͤrde gethan haben, wenn ich gleich
anfangs waͤre des Sinnes geweſen, apart und ins beſondere davon zu
ſchreiben. Da aber Bibliothequen nicht allein ſchoͤne Buͤcher, ſon-
dern auch offt und vielfaͤltig mancherley rare Dinge aufzuweiſen haben;
ſo wird mir der g. Leſer um deſto eher zu gute halten, daß ich die Bi-
bliothequ
en mit groͤſtem Fug und Recht unter Raritaͤten-Behaͤltniſſe,
noch beſſer aber unter Muſea zaͤhle. Ein Muſeum aber nenne ich ein
ſolch Gemach, Stube, Kammer oder Ort, wo zugleich allerley natuͤrli-
che und kuͤnſtliche Raritaͤten nebſt guten und nuͤtzlichen Buͤchern bey-
ſammen zu finden. Jn Raritaͤten-Kammern und Cabinettern aber

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[0022] Vorrede des Autoris. Raritaͤten-Cabinettern und Muſeis uͤberhaupt wohl zu leſen ſeyn. III. Der dritte Theil handelt von Bibliothequen insgemein, als zu einem vollſtaͤndigen und wohl eingerichteten Muſeo unentbaͤhrlichem Wercke. Jch halte freylich die Leſung guter Buͤcher fuͤr diejenigen, welche Raritaͤten mit Nutzen und Vortheil beſitzen wollen, unentbaͤhrlich Denn die Erfahrung bezeugts mehr als zu viel, wie ſchlecht und ungereimt offt- mals die Beſitzer derſelbigen damit umgehen: Welches aus keiner an- dern Urſache ſeinen Urſprung hat, als aus der groſſen Ignoranz und Unwiſſenheit, weil mancher weder in der Jugend noch in ſeinem Alter zur Leſung ſolcher Schrifften, die ihm um ein groſſes dazu nutzen koͤnten, Luſt und Belieben hat. Daher entſtehen dann auch die ſchlechten Folgen, daß viele nicht einmal ſelber ihre Raritaͤten kennen, noch weniger aber von derſelben Koͤſtlichkeit und Tugend, Werth und Unwerth einige Wiſ- ſenſchafft haben. Ja der Schade der Unwiſſenheit iſt darinnen ſo groß, als im Gegentheil der Nutzen ſowol inn- als aͤuſſerlich dabey iſt, wie mit mehrerm an ſeinem Orte wird erwieſen werden. Und dieſe Wichtigkeit hat mich bewogen, einen beſondern Theil von den Bibliothequen allein zu machen, damit auch ein Unwiſſender einen leichten Begriff davon er- langen moͤchte. Zwar habe ich bereits im I. Theile ſchon unterſchiedli- che Bibliothequen mit unter denen Muſeis und Raritaͤten-Kammern angefuͤhret, welches ich aber nicht wuͤrde gethan haben, wenn ich gleich anfangs waͤre des Sinnes geweſen, apart und ins beſondere davon zu ſchreiben. Da aber Bibliothequen nicht allein ſchoͤne Buͤcher, ſon- dern auch offt und vielfaͤltig mancherley rare Dinge aufzuweiſen haben; ſo wird mir der g. Leſer um deſto eher zu gute halten, daß ich die Bi- bliothequen mit groͤſtem Fug und Recht unter Raritaͤten-Behaͤltniſſe, noch beſſer aber unter Muſea zaͤhle. Ein Muſeum aber nenne ich ein ſolch Gemach, Stube, Kammer oder Ort, wo zugleich allerley natuͤrli- che und kuͤnſtliche Raritaͤten nebſt guten und nuͤtzlichen Buͤchern bey- ſammen zu finden. Jn Raritaͤten-Kammern und Cabinettern aber wer-

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/22>, abgerufen am 28.04.2024.