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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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Von Museis II. Theil.
und Corallen-Gewächse, Paradis-Vögel, ein Phönix, i. e. Onocrot etliche
Gliedmassen von Riesen, Syrenen etc. Becher von Rhinocer Hörnern.
Römische und hiesige Land-Urnen. Ein Repositorium mit köstlichen Me-
tallen und raren Ertzt-Stuffen, an der Wand hängen, unterschiedlicher
Thiere Hörner und Gemählde etc.

Hier treffen wir nun an Gold, Silber, Ertzt und Eisen,
Bley, Edel- und mehr Stein, was Kunst und Natur weisen.

Jn der siebenden Kammer trifft man an Bilder aus Stein, Metall und
andern Materien, auch gedrechselte und bewegliche Kunst-Sachen und
Uhrwercke; die Bilder sind sowol von Metall als aus Stein von den Hän-
den vornehmer und berühmter Bildhauer, nemlich Michaelis Angeli Bonaroti,
Joann. de Bologna, Adrian. de Fries, Joann. Coesaris & c.
Ein grosses Reposito-
rium
voller Kunst-Sachen aus Helffenbein, Agat, als Becher, Bilder,
Ketten etc. Ein Kirsch-Kern mit 185. Menschen Angesichtern, ein Schiff
aus Helffenbein, darinn die Genealogia Saxonica geschnitten etc. Allerley
Thiere und Vögel mit lebendigen Uhrwercken, ein groß Astronomisch Uhr-
werck, so Chur-Fürst August 16000. Rthlr. gekostet, ein ander Uhrwerck
von der Geburt Christi; der grosse Brenn-Spiegel von Tschirnhausen
verfertiget etc.

Als Jupiter herab von Himmel hat beschauet
Ein Werck von grosser Kunst von Menschen-Hand gebauet,
Hat er gelacht, und zu den Göttern drauf gesagt:
Wie habens Sterbliche mit solcher Macht gewagt?
Daß auf zerbrechlicher und unterer Welt der Erden
Nun will mein Götter-Werck und Bau getrieben werden.
Was uns den Göttern nur hier oben sonst gebührt,
Wird uns vom alten (Archimedes) dort zu Syracus entführt:
Die Himmels-Zeichen, Stern und Mond, gehn auf und nieder,
Der Mond wechselt sein Licht, so bringt im Thier-Kreis wieder
Das Jahr die Sonn herum; da seht den kühnen Fleiß,
Wie Welt und Stern der Mensch so zu regieren weiß.

Zuletzt siehet man auch etliche Idola, zwey Hirsche in Lebens-Grösse, deren
der eine mit dickem praeparirten Hirschhorn überstrichen, der andre hat in sei-
nem Bauch eine gantze Apotheke, darinnen lauter Medicamenta praeparat.
von Hirschen zu finden, womit der damalige Churfürstliche Hof-Apotheker
Johann Wechinger darthun wollen, mit was für grossem Nutzen diß Thier
in der Artzeney zugebrauchen sey, wie aus folgendem Verzeichniß zu lesen, die
ich zum Beschluß der wenigen von dieser berühmten Kunst-Kammer gegebe-

nen
B b

Von Muſeis II. Theil.
und Corallen-Gewaͤchſe, Paradis-Voͤgel, ein Phoͤnix, i. e. Onocrot etliche
Gliedmaſſen von Rieſen, Syrenen ꝛc. Becher von Rhinocer Hoͤrnern.
Roͤmiſche und hieſige Land-Urnen. Ein Repoſitorium mit koͤſtlichen Me-
tallen und raren Ertzt-Stuffen, an der Wand haͤngen, unterſchiedlicher
Thiere Hoͤrner und Gemaͤhlde ꝛc.

Hier treffen wir nun an Gold, Silber, Ertzt und Eiſen,
Bley, Edel- und mehr Stein, was Kunſt und Natur weiſen.

Jn der ſiebenden Kammer trifft man an Bilder aus Stein, Metall und
andern Materien, auch gedrechſelte und bewegliche Kunſt-Sachen und
Uhrwercke; die Bilder ſind ſowol von Metall als aus Stein von den Haͤn-
den vornehmer und beruͤhmter Bildhauer, nemlich Michaëlis Angeli Bonaroti,
Joann. de Bologna, Adrian. de Fries, Joann. Cœſaris & c.
Ein groſſes Repoſito-
rium
voller Kunſt-Sachen aus Helffenbein, Agat, als Becher, Bilder,
Ketten ꝛc. Ein Kirſch-Kern mit 185. Menſchen Angeſichtern, ein Schiff
aus Helffenbein, darinn die Genealogia Saxonica geſchnitten ꝛc. Allerley
Thiere und Voͤgel mit lebendigen Uhrwercken, ein groß Aſtronomiſch Uhr-
werck, ſo Chur-Fuͤrſt Auguſt 16000. Rthlr. gekoſtet, ein ander Uhrwerck
von der Geburt Chriſti; der groſſe Brenn-Spiegel von Tſchirnhauſen
verfertiget ꝛc.

Als Jupiter herab von Himmel hat beſchauet
Ein Werck von groſſer Kunſt von Menſchen-Hand gebauet,
Hat er gelacht, und zu den Goͤttern drauf geſagt:
Wie habens Sterbliche mit ſolcher Macht gewagt?
Daß auf zerbrechlicher und unterer Welt der Erden
Nun will mein Goͤtter-Werck und Bau getrieben werden.
Was uns den Goͤttern nur hier oben ſonſt gebuͤhrt,
Wird uns vom alten (Archimedes) dort zu Syracus entfuͤhrt:
Die Himmels-Zeichen, Stern und Mond, gehn auf und nieder,
Der Mond wechſelt ſein Licht, ſo bringt im Thier-Kreis wieder
Das Jahr die Sonn herum; da ſeht den kuͤhnen Fleiß,
Wie Welt und Stern der Menſch ſo zu regieren weiß.

Zuletzt ſiehet man auch etliche Idola, zwey Hirſche in Lebens-Groͤſſe, deren
der eine mit dickem præparirten Hirſchhorn uͤberſtrichen, der andre hat in ſei-
nem Bauch eine gantze Apotheke, darinnen lauter Medicamenta præparat.
von Hirſchen zu finden, womit der damalige Churfuͤrſtliche Hof-Apotheker
Johañ Wechinger darthun wollen, mit was fuͤr groſſem Nutzen diß Thier
in der Artzeney zugebrauchen ſey, wie aus folgendem Verzeichniß zu leſen, die
ich zum Beſchluß der wenigen von dieſer beruͤhmten Kunſt-Kammer gegebe-

nen
B b
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[193/0221] Von Muſeis II. Theil. und Corallen-Gewaͤchſe, Paradis-Voͤgel, ein Phoͤnix, i. e. Onocrot etliche Gliedmaſſen von Rieſen, Syrenen ꝛc. Becher von Rhinocer Hoͤrnern. Roͤmiſche und hieſige Land-Urnen. Ein Repoſitorium mit koͤſtlichen Me- tallen und raren Ertzt-Stuffen, an der Wand haͤngen, unterſchiedlicher Thiere Hoͤrner und Gemaͤhlde ꝛc. Hier treffen wir nun an Gold, Silber, Ertzt und Eiſen, Bley, Edel- und mehr Stein, was Kunſt und Natur weiſen. Jn der ſiebenden Kammer trifft man an Bilder aus Stein, Metall und andern Materien, auch gedrechſelte und bewegliche Kunſt-Sachen und Uhrwercke; die Bilder ſind ſowol von Metall als aus Stein von den Haͤn- den vornehmer und beruͤhmter Bildhauer, nemlich Michaëlis Angeli Bonaroti, Joann. de Bologna, Adrian. de Fries, Joann. Cœſaris & c. Ein groſſes Repoſito- rium voller Kunſt-Sachen aus Helffenbein, Agat, als Becher, Bilder, Ketten ꝛc. Ein Kirſch-Kern mit 185. Menſchen Angeſichtern, ein Schiff aus Helffenbein, darinn die Genealogia Saxonica geſchnitten ꝛc. Allerley Thiere und Voͤgel mit lebendigen Uhrwercken, ein groß Aſtronomiſch Uhr- werck, ſo Chur-Fuͤrſt Auguſt 16000. Rthlr. gekoſtet, ein ander Uhrwerck von der Geburt Chriſti; der groſſe Brenn-Spiegel von Tſchirnhauſen verfertiget ꝛc. Als Jupiter herab von Himmel hat beſchauet Ein Werck von groſſer Kunſt von Menſchen-Hand gebauet, Hat er gelacht, und zu den Goͤttern drauf geſagt: Wie habens Sterbliche mit ſolcher Macht gewagt? Daß auf zerbrechlicher und unterer Welt der Erden Nun will mein Goͤtter-Werck und Bau getrieben werden. Was uns den Goͤttern nur hier oben ſonſt gebuͤhrt, Wird uns vom alten (Archimedes) dort zu Syracus entfuͤhrt: Die Himmels-Zeichen, Stern und Mond, gehn auf und nieder, Der Mond wechſelt ſein Licht, ſo bringt im Thier-Kreis wieder Das Jahr die Sonn herum; da ſeht den kuͤhnen Fleiß, Wie Welt und Stern der Menſch ſo zu regieren weiß. Zuletzt ſiehet man auch etliche Idola, zwey Hirſche in Lebens-Groͤſſe, deren der eine mit dickem præparirten Hirſchhorn uͤberſtrichen, der andre hat in ſei- nem Bauch eine gantze Apotheke, darinnen lauter Medicamenta præparat. von Hirſchen zu finden, womit der damalige Churfuͤrſtliche Hof-Apotheker Johañ Wechinger darthun wollen, mit was fuͤr groſſem Nutzen diß Thier in der Artzeney zugebrauchen ſey, wie aus folgendem Verzeichniß zu leſen, die ich zum Beſchluß der wenigen von dieſer beruͤhmten Kunſt-Kammer gegebe- nen B b

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/221>, abgerufen am 13.05.2024.