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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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III. Theil von Bibliothequen.
und alle Obrigkeiten einer Stadt, sind höchlich zu loben, wann sich ihre Va-
ter-Treue so weit erstreckt, daß sie nicht allein durch eine gute Börse, als der
Kauf-Leute hohe Schule, die Handlungen im Flor, sondern auch durch
Stifftungen schöner Biblothequen, die Gelehrsamkeit und herrliche Wis-
schafften, zum gemeinen Besten ihrer untergebenen Oerter, suchen empor zu
bringen. Und dieses ist der rechte Weg, wodurch eine oder die andere Stadt
nicht allein in Europa, sondern in aller Welt, wo Gelehrte zu finden, einen
unvergeßlichen Namen sich zuwege bringen kan. Denn wem solten wol an
den äussersten Enden Europae die Namen der Städte Rom, Venedig, Wien,
Florentz, Hamburg, Amsterdam etc.
unbekandt seyn? Jch halte dafür,
daß diese zwey Haupt-Stützen, ohne welche weder der leibliche Unterhalt zu
erlangen, noch eine GOtt und Menschen wohlgefällige Polizey kan geführet
werden, (ich verstehe unter jener die Kauffmannschafft, und unter der letztern
die Gelehrsamkeit,) den Namen einer Stadt und Landes bis in ferne Orte
berühmt machen. Jch will noch weiter gehen, und die Frage darlegen, wel-
ches unter diesen beyden so hoch nothwendigen Requisitis demnach vor dem
andern den Vorzug habe, und am wenigsten könne entbehret werden? Der
meiste Theil wird antworten, der Kauf-und Handels-Stand sey vor allen zu
praeferiren, weil man dadurch den nothwendigen Leibes-Unterhalt, Haus, Hof,
Essen, Trincken, Kleidung und dergleichen, als welche zu dem menschlichen
Leben unumgänglich erforderliche Sachen sind, verdienen und daraus suchen
muß. An und vor sich selbst ist dieses unumstößlich; ein anders aber ist, seinen
nöthigen Unterhalt nur in solcher Masse zu suchen, als zur Erhaltung des
Bandes, welches Leib und Seel zusammen hält, vonnöthen ist; und wiede-
rum ein anderes ist, Reichthum zum Uberfluß auf Kindes-Kinder, und zum
prächtigen Wohlleben zu sammlen. Die erste Art hat uns GOTT sowol
selber befohlen, als auch sich verpflichtet, unsere zur leiblichen Erhaltung er-
fordernde Nahrung und Nothdurfft zu besorgen; zu dem Ende hat der
Schöpffer aller Dinge zur Zeit der Erschaffung Himmels und Erden das
Vermögen gegeben, um die darauf erschaffene Creaturen mit nothwendi-
gem Unterhalt zu versorgen: Da nun der Mensch die edelste unter allen
Creaturen ist, als hat GOtt auch alle Creaturen auf, über, und unter der Er-
den, zum Dienste, Nutzen, Nahrung und Ergötzlichkeit dem Menschen über-
geben, folglich kan auch der Mensch von denen Creaturen, welche ihm die
Lufft an den Vögeln, das Wasser an den Fischen, die Erde an Thieren,
Früchten, Pflantzen etc. darreichet, gnugsam, ja in vollkommenem Uberfluß
sein leiblich Leben erhalten. So war es vor Zeiten bey den Alt-Vätern:
Abraham und Lot, Jsaac und Jacob, die wusten nichts von grosser

Hand-

III. Theil von Bibliothequen.
und alle Obrigkeiten einer Stadt, ſind hoͤchlich zu loben, wann ſich ihre Va-
ter-Treue ſo weit erſtreckt, daß ſie nicht allein durch eine gute Boͤrſe, als der
Kauf-Leute hohe Schule, die Handlungen im Flor, ſondern auch durch
Stifftungen ſchoͤner Biblothequen, die Gelehrſamkeit und herrliche Wiſ-
ſchafften, zum gemeinen Beſten ihrer untergebenen Oerter, ſuchen empor zu
bringen. Und dieſes iſt der rechte Weg, wodurch eine oder die andere Stadt
nicht allein in Europa, ſondern in aller Welt, wo Gelehrte zu finden, einen
unvergeßlichen Namen ſich zuwege bringen kan. Denn wem ſolten wol an
den aͤuſſerſten Enden Europæ die Namen der Staͤdte Rom, Venedig, Wien,
Florentz, Hamburg, Amſterdam ꝛc.
unbekandt ſeyn? Jch halte dafuͤr,
daß dieſe zwey Haupt-Stuͤtzen, ohne welche weder der leibliche Unterhalt zu
erlangen, noch eine GOtt und Menſchen wohlgefaͤllige Polizey kan gefuͤhret
werden, (ich verſtehe unter jener die Kauffmannſchafft, und unter der letztern
die Gelehrſamkeit,) den Namen einer Stadt und Landes bis in ferne Orte
beruͤhmt machen. Jch will noch weiter gehen, und die Frage darlegen, wel-
ches unter dieſen beyden ſo hoch nothwendigen Requiſitis demnach vor dem
andern den Vorzug habe, und am wenigſten koͤnne entbehret werden? Der
meiſte Theil wird antworten, der Kauf-und Handels-Stand ſey vor allen zu
præferiren, weil man dadurch den nothwendigẽ Leibes-Unterhalt, Haus, Hof,
Eſſen, Trincken, Kleidung und dergleichen, als welche zu dem menſchlichen
Leben unumgaͤnglich erforderliche Sachen ſind, verdienen und daraus ſuchen
muß. An und vor ſich ſelbſt iſt dieſes unumſtoͤßlich; ein anders aber iſt, ſeinen
noͤthigen Unterhalt nur in ſolcher Maſſe zu ſuchen, als zur Erhaltung des
Bandes, welches Leib und Seel zuſammen haͤlt, vonnoͤthen iſt; und wiede-
rum ein anderes iſt, Reichthum zum Uberfluß auf Kindes-Kinder, und zum
praͤchtigen Wohlleben zu ſammlen. Die erſte Art hat uns GOTT ſowol
ſelber befohlen, als auch ſich verpflichtet, unſere zur leiblichen Erhaltung er-
fordernde Nahrung und Nothdurfft zu beſorgen; zu dem Ende hat der
Schoͤpffer aller Dinge zur Zeit der Erſchaffung Himmels und Erden das
Vermoͤgen gegeben, um die darauf erſchaffene Creaturen mit nothwendi-
gem Unterhalt zu verſorgen: Da nun der Menſch die edelſte unter allen
Creaturen iſt, als hat GOtt auch alle Creaturen auf, uͤber, und unter der Er-
den, zum Dienſte, Nutzen, Nahrung und Ergoͤtzlichkeit dem Menſchen uͤber-
geben, folglich kan auch der Menſch von denen Creaturen, welche ihm die
Lufft an den Voͤgeln, das Waſſer an den Fiſchen, die Erde an Thieren,
Fruͤchten, Pflantzen ꝛc. darreichet, gnugſam, ja in vollkommenem Uberfluß
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Hand-
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[236/0264] III. Theil von Bibliothequen. und alle Obrigkeiten einer Stadt, ſind hoͤchlich zu loben, wann ſich ihre Va- ter-Treue ſo weit erſtreckt, daß ſie nicht allein durch eine gute Boͤrſe, als der Kauf-Leute hohe Schule, die Handlungen im Flor, ſondern auch durch Stifftungen ſchoͤner Biblothequen, die Gelehrſamkeit und herrliche Wiſ- ſchafften, zum gemeinen Beſten ihrer untergebenen Oerter, ſuchen empor zu bringen. Und dieſes iſt der rechte Weg, wodurch eine oder die andere Stadt nicht allein in Europa, ſondern in aller Welt, wo Gelehrte zu finden, einen unvergeßlichen Namen ſich zuwege bringen kan. Denn wem ſolten wol an den aͤuſſerſten Enden Europæ die Namen der Staͤdte Rom, Venedig, Wien, Florentz, Hamburg, Amſterdam ꝛc. unbekandt ſeyn? Jch halte dafuͤr, daß dieſe zwey Haupt-Stuͤtzen, ohne welche weder der leibliche Unterhalt zu erlangen, noch eine GOtt und Menſchen wohlgefaͤllige Polizey kan gefuͤhret werden, (ich verſtehe unter jener die Kauffmannſchafft, und unter der letztern die Gelehrſamkeit,) den Namen einer Stadt und Landes bis in ferne Orte beruͤhmt machen. Jch will noch weiter gehen, und die Frage darlegen, wel- ches unter dieſen beyden ſo hoch nothwendigen Requiſitis demnach vor dem andern den Vorzug habe, und am wenigſten koͤnne entbehret werden? Der meiſte Theil wird antworten, der Kauf-und Handels-Stand ſey vor allen zu præferiren, weil man dadurch den nothwendigẽ Leibes-Unterhalt, Haus, Hof, Eſſen, Trincken, Kleidung und dergleichen, als welche zu dem menſchlichen Leben unumgaͤnglich erforderliche Sachen ſind, verdienen und daraus ſuchen muß. An und vor ſich ſelbſt iſt dieſes unumſtoͤßlich; ein anders aber iſt, ſeinen noͤthigen Unterhalt nur in ſolcher Maſſe zu ſuchen, als zur Erhaltung des Bandes, welches Leib und Seel zuſammen haͤlt, vonnoͤthen iſt; und wiede- rum ein anderes iſt, Reichthum zum Uberfluß auf Kindes-Kinder, und zum praͤchtigen Wohlleben zu ſammlen. Die erſte Art hat uns GOTT ſowol ſelber befohlen, als auch ſich verpflichtet, unſere zur leiblichen Erhaltung er- fordernde Nahrung und Nothdurfft zu beſorgen; zu dem Ende hat der Schoͤpffer aller Dinge zur Zeit der Erſchaffung Himmels und Erden das Vermoͤgen gegeben, um die darauf erſchaffene Creaturen mit nothwendi- gem Unterhalt zu verſorgen: Da nun der Menſch die edelſte unter allen Creaturen iſt, als hat GOtt auch alle Creaturen auf, uͤber, und unter der Er- den, zum Dienſte, Nutzen, Nahrung und Ergoͤtzlichkeit dem Menſchen uͤber- geben, folglich kan auch der Menſch von denen Creaturen, welche ihm die Lufft an den Voͤgeln, das Waſſer an den Fiſchen, die Erde an Thieren, Fruͤchten, Pflantzen ꝛc. darreichet, gnugſam, ja in vollkommenem Uberfluß ſein leiblich Leben erhalten. So war es vor Zeiten bey den Alt-Vaͤtern: Abraham und Lot, Jſaac und Jacob, die wuſten nichts von groſſer Hand-

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/264>, abgerufen am 22.11.2024.