Regna vides, Hospes, Sapientum corda Virorum, Itala quot tellus, quotquot & Hellas habet. Hic sua templa Quies; sedes Mens, atria Pallas; Hic libertatem, delitiasque vides Mortales vivunt semper, tacitique loquuntur Hic, quorum structos effugit umbra rogos. Nunquam Rex habuit tam clara palatia Croesus, Socratis ast hae sunt atque Platonis opes.
Ligmuen.
Ein berühmter Berg bey den Chinesern ohnweit der Stadt Chun- king, allwo ein prächtiger Götzen-Tempel, der auswendig von weissem Mar- mor, inwendig aber mit Gold überzogen soll zu sehen gewesen seyn; in diesem Tempel sind vor Alters Könige gecrönet worden; dabey war auch von den Sinesischen Pfaffen eine überaus rare und köstliche Bibliothec angeleget: Daß die Zahl derselben auch nicht klein gewesen, läst sich daher schliessen, daß, wie der wüterichte König Tein (welcher aller seiner Vorfahren Ge- dächtniß auszutilgen, von sich aber einen Anfang aller Geschichte zu stifften suchte,) nach allen Denckmaalen auch diese Bibliothec verbrennen lassen, von einem Chinesischen Priester Scynto dennoch über 30000. Sinesische Autores verborgen und erhalten worden. Von den Chinesern überhaupt zu reden, so ist ausser dem bekandt genug, daß dieses eine der klügsten Natio- nen in der Welt sey, dahero bey ihnen die freyen Künste und Gelehrsamkeit sonderlich beliebt sind. Diese Leute haben auch unter sich ihre Ehren-Gra- dus, und werden bey ihnen diejenigen, so sich um die Künste und Wissen- schafften wohl verdient machen, zu Baccalaureis, Licentiatis, Doctoribus und Magistris Artium, nach eines ieden Meriten creiret. Zu dem Ende man auch in den vornehmsten Städten Gymnasia Confucii findet, welche denen Studenten allein offen stehen, als denen zu gewissen Tagen seine Bücher er- kläret werden. Die Mathematica und Astronomie sind sonderlich unter ihnen hochgeachtete Wissenschafften, wovon die herrlichen Observatoria zu Nancking, Pecking etc. Zeugniß geben. Jn letzterm, nemlich in dem Kay- serlichen Observatorio zu Pecking, müssen alle Nacht fünff Mathematici des Himmels Lauff, den Wind, die Beschaffenheit der Lufft und andre aus- serordentliche Phaenomena observiren, und des andern Tages dem Praesidi über die Mathematic und seinen Assessoribus davon Bericht abstatten, welche solchen alsdenn enregistriren, und dem Kayser, insoferne er ein Lieb- haber davon, zuschicken. Obgleich die Gelehrten darüber noch streitig, so
gehet
III. Theil vonBibliothequen.
Regna vides, Hoſpes, Sapientum corda Virorum, Itala quot tellus, quotquot & Hellas habet. Hic ſua templa Quies; ſedes Mens, atria Pallas; Hic libertatem, delitiasque vides Mortales vivunt ſemper, tacitique loquuntur Hic, quorum ſtructos effugit umbra rogos. Nunquam Rex habuit tam clara palatia Crœſus, Socratis aſt hæ ſunt atque Platonis opes.
Ligmuen.
Ein beruͤhmter Berg bey den Chineſern ohnweit der Stadt Chun- king, allwo ein praͤchtiger Goͤtzen-Tempel, der auswendig von weiſſem Mar- mor, inwendig aber mit Gold uͤberzogen ſoll zu ſehen geweſen ſeyn; in dieſem Tempel ſind vor Alters Koͤnige gecroͤnet worden; dabey war auch von den Sineſiſchen Pfaffen eine uͤberaus rare und koͤſtliche Bibliothec angeleget: Daß die Zahl derſelben auch nicht klein geweſen, laͤſt ſich daher ſchlieſſen, daß, wie der wuͤterichte Koͤnig Tein (welcher aller ſeiner Vorfahren Ge- daͤchtniß auszutilgen, von ſich aber einen Anfang aller Geſchichte zu ſtifften ſuchte,) nach allen Denckmaalen auch dieſe Bibliothec verbrennen laſſen, von einem Chineſiſchen Prieſter Scynto dennoch uͤber 30000. Sineſiſche Autores verborgen und erhalten worden. Von den Chineſern uͤberhaupt zu reden, ſo iſt auſſer dem bekandt genug, daß dieſes eine der kluͤgſten Natio- nen in der Welt ſey, dahero bey ihnen die freyen Kuͤnſte und Gelehrſamkeit ſonderlich beliebt ſind. Dieſe Leute haben auch unter ſich ihre Ehren-Gra- dus, und werden bey ihnen diejenigen, ſo ſich um die Kuͤnſte und Wiſſen- ſchafften wohl verdient machen, zu Baccalaureis, Licentiatis, Doctoribus und Magiſtris Artium, nach eines ieden Meriten creiret. Zu dem Ende man auch in den vornehmſten Staͤdten Gymnaſia Confucii findet, welche denen Studenten allein offen ſtehen, als denen zu gewiſſen Tagen ſeine Buͤcher er- klaͤret werden. Die Mathematica und Aſtronomie ſind ſonderlich unter ihnen hochgeachtete Wiſſenſchafften, wovon die herrlichen Obſervatoria zu Nancking, Pecking ꝛc. Zeugniß geben. Jn letzterm, nemlich in dem Kay- ſerlichen Obſervatorio zu Pecking, muͤſſen alle Nacht fuͤnff Mathematici des Himmels Lauff, den Wind, die Beſchaffenheit der Lufft und andre auſ- ſerordentliche Phænomena obſerviren, und des andern Tages dem Præſidi uͤber die Mathematic und ſeinen Aſſeſſoribus davon Bericht abſtatten, welche ſolchen alsdenn enregiſtriren, und dem Kayſer, inſoferne er ein Lieb- haber davon, zuſchicken. Obgleich die Gelehrten daruͤber noch ſtreitig, ſo
gehet
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0323"n="295"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Theil von</hi><hirendition="#aq">Bibliothequ</hi><hirendition="#b">en.</hi></fw><lb/><cit><quote><hirendition="#aq">Regna vides, Hoſpes, Sapientum corda Virorum,<lb/>
Itala quot tellus, quotquot & Hellas habet.<lb/>
Hic ſua templa Quies; ſedes Mens, atria Pallas;<lb/>
Hic libertatem, delitiasque vides<lb/>
Mortales vivunt ſemper, tacitique loquuntur<lb/>
Hic, quorum ſtructos effugit umbra rogos.<lb/>
Nunquam Rex habuit tam clara palatia Crœſus,<lb/>
Socratis aſt hæ ſunt atque Platonis opes.</hi></quote></cit></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#aq">Ligmuen.</hi></head><lb/><p>Ein beruͤhmter Berg bey den <hirendition="#fr">Chineſern</hi> ohnweit der Stadt <hirendition="#fr">Chun-<lb/>
king,</hi> allwo ein praͤchtiger Goͤtzen-Tempel, der auswendig von weiſſem Mar-<lb/>
mor, inwendig aber mit Gold uͤberzogen ſoll zu ſehen geweſen ſeyn; in dieſem<lb/>
Tempel ſind vor Alters Koͤnige gecroͤnet worden; dabey war auch von den<lb/>
Sineſiſchen Pfaffen eine uͤberaus rare und koͤſtliche <hirendition="#aq">Bibliothec</hi> angeleget:<lb/>
Daß die Zahl derſelben auch nicht klein geweſen, laͤſt ſich daher ſchlieſſen,<lb/>
daß, wie der wuͤterichte Koͤnig <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Tein</hi></hi> (welcher aller ſeiner Vorfahren Ge-<lb/>
daͤchtniß auszutilgen, von ſich aber einen Anfang aller Geſchichte zu ſtifften<lb/>ſuchte,) nach allen Denckmaalen auch dieſe <hirendition="#aq">Bibliothec</hi> verbrennen laſſen,<lb/>
von einem Chineſiſchen Prieſter <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Scynto</hi></hi> dennoch uͤber 30000. Sineſiſche<lb/><hirendition="#aq">Autores</hi> verborgen und erhalten worden. Von den Chineſern uͤberhaupt<lb/>
zu reden, ſo iſt auſſer dem bekandt genug, daß dieſes eine der kluͤgſten <hirendition="#aq">Natio-<lb/>
n</hi>en in der Welt ſey, dahero bey ihnen die freyen Kuͤnſte und Gelehrſamkeit<lb/>ſonderlich beliebt ſind. Dieſe Leute haben auch unter ſich ihre Ehren-<hirendition="#aq">Gra-<lb/>
dus,</hi> und werden bey ihnen diejenigen, ſo ſich um die Kuͤnſte und Wiſſen-<lb/>ſchafften wohl verdient machen, zu <hirendition="#aq">Baccalaureis, Licentiatis, Doctoribus</hi><lb/>
und <hirendition="#aq">Magiſtris Artium,</hi> nach eines ieden <hirendition="#aq">Merit</hi>en <hirendition="#aq">crei</hi>ret. Zu dem Ende man<lb/>
auch in den vornehmſten Staͤdten <hirendition="#aq">Gymnaſia Confucii</hi> findet, welche denen<lb/>
Studenten allein offen ſtehen, als denen zu gewiſſen Tagen ſeine Buͤcher er-<lb/>
klaͤret werden. Die <hirendition="#aq">Mathematica</hi> und <hirendition="#aq">Aſtronomie</hi>ſind ſonderlich unter<lb/>
ihnen hochgeachtete Wiſſenſchafften, wovon die herrlichen <hirendition="#aq">Obſervatoria</hi> zu<lb/><hirendition="#fr">Nancking, Pecking</hi>ꝛc. Zeugniß geben. Jn letzterm, nemlich in dem Kay-<lb/>ſerlichen <hirendition="#aq">Obſervatorio</hi> zu <hirendition="#fr">Pecking,</hi> muͤſſen alle Nacht fuͤnff <hirendition="#aq">Mathematici</hi><lb/>
des Himmels Lauff, den Wind, die Beſchaffenheit der Lufft und andre auſ-<lb/>ſerordentliche <hirendition="#aq">Phænomena obſervi</hi>ren, und des andern Tages dem <hirendition="#aq">Præſidi</hi><lb/>
uͤber die <hirendition="#aq">Mathematic</hi> und ſeinen <hirendition="#aq">Aſſeſſoribus</hi> davon Bericht abſtatten,<lb/>
welche ſolchen alsdenn <hirendition="#aq">enregiſtri</hi>ren, und dem Kayſer, inſoferne er ein Lieb-<lb/>
haber davon, zuſchicken. Obgleich die Gelehrten daruͤber noch ſtreitig, ſo<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gehet</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[295/0323]
III. Theil von Bibliothequen.
Regna vides, Hoſpes, Sapientum corda Virorum,
Itala quot tellus, quotquot & Hellas habet.
Hic ſua templa Quies; ſedes Mens, atria Pallas;
Hic libertatem, delitiasque vides
Mortales vivunt ſemper, tacitique loquuntur
Hic, quorum ſtructos effugit umbra rogos.
Nunquam Rex habuit tam clara palatia Crœſus,
Socratis aſt hæ ſunt atque Platonis opes.
Ligmuen.
Ein beruͤhmter Berg bey den Chineſern ohnweit der Stadt Chun-
king, allwo ein praͤchtiger Goͤtzen-Tempel, der auswendig von weiſſem Mar-
mor, inwendig aber mit Gold uͤberzogen ſoll zu ſehen geweſen ſeyn; in dieſem
Tempel ſind vor Alters Koͤnige gecroͤnet worden; dabey war auch von den
Sineſiſchen Pfaffen eine uͤberaus rare und koͤſtliche Bibliothec angeleget:
Daß die Zahl derſelben auch nicht klein geweſen, laͤſt ſich daher ſchlieſſen,
daß, wie der wuͤterichte Koͤnig Tein (welcher aller ſeiner Vorfahren Ge-
daͤchtniß auszutilgen, von ſich aber einen Anfang aller Geſchichte zu ſtifften
ſuchte,) nach allen Denckmaalen auch dieſe Bibliothec verbrennen laſſen,
von einem Chineſiſchen Prieſter Scynto dennoch uͤber 30000. Sineſiſche
Autores verborgen und erhalten worden. Von den Chineſern uͤberhaupt
zu reden, ſo iſt auſſer dem bekandt genug, daß dieſes eine der kluͤgſten Natio-
nen in der Welt ſey, dahero bey ihnen die freyen Kuͤnſte und Gelehrſamkeit
ſonderlich beliebt ſind. Dieſe Leute haben auch unter ſich ihre Ehren-Gra-
dus, und werden bey ihnen diejenigen, ſo ſich um die Kuͤnſte und Wiſſen-
ſchafften wohl verdient machen, zu Baccalaureis, Licentiatis, Doctoribus
und Magiſtris Artium, nach eines ieden Meriten creiret. Zu dem Ende man
auch in den vornehmſten Staͤdten Gymnaſia Confucii findet, welche denen
Studenten allein offen ſtehen, als denen zu gewiſſen Tagen ſeine Buͤcher er-
klaͤret werden. Die Mathematica und Aſtronomie ſind ſonderlich unter
ihnen hochgeachtete Wiſſenſchafften, wovon die herrlichen Obſervatoria zu
Nancking, Pecking ꝛc. Zeugniß geben. Jn letzterm, nemlich in dem Kay-
ſerlichen Obſervatorio zu Pecking, muͤſſen alle Nacht fuͤnff Mathematici
des Himmels Lauff, den Wind, die Beſchaffenheit der Lufft und andre auſ-
ſerordentliche Phænomena obſerviren, und des andern Tages dem Præſidi
uͤber die Mathematic und ſeinen Aſſeſſoribus davon Bericht abſtatten,
welche ſolchen alsdenn enregiſtriren, und dem Kayſer, inſoferne er ein Lieb-
haber davon, zuſchicken. Obgleich die Gelehrten daruͤber noch ſtreitig, ſo
gehet
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/323>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.