Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenjährige Welt-Beschauung.
der auf den Berg Thabor gangen und darauf verkläret wor-
den/ zu dem Ende hernach die alten Gottseligen Christen an
die Stelle solche Kirche zum Gedächtnüß erbauet haben sol-
len.

Als wir nun auf den Berg Thabor gestiegen/ haben wir
gut zwey Stunden zugebracht/ ehe wir gar hinauf kommen
seyn/ dieweil er oben naufwarts sehr steinig und voller grosser
Kieselsteine und demnach gar schwerlich und mühsam zustei-
gen ist. Von unten auf und von andern Bergen scheinet er anzu-
sehen/ als wenn er gantz rund und wie eine halbe Kugel wäre/
wenn man aber hinauf kömmt/ so ist er gar breit und weitläuf-
tig/ fast auf eine Vierthel Meile im Umfange und über und ü-
ber mit allerhand grünen Bäumen und vielem grossen Gebü-
sche bewachsen und sehr lustig/ zumal weil die Vogel häuffig
darauf aufs lieblichste in den Bäumen singen.

Vor alten Zeiten soll eine grosse feste Stadt drauf gestan-
den seyn von gewaltigem Steinwerck erbauet die noch zun Zei-
ten der Jsraelitischen Kriege gestanden haben soll/ ietzo aber
gantz zu Grunde zerftöret ist. Man kan noch allenthalben/ son-
derlich die Gegend nach Nazareth zu/ sehen daß sehr starcke fe-
ste Gemäuer/ wie auch auf dem Berge umher einen ausge-
mauerten tieffen Graben und einen schönen grossen lustigen
Platz/ den es in der Stadt gehabt und hat man gewisse Nach-
richt/ daß allezeit Könige drauff gewohnet und allda ihren
Sitz gehabt/ den sie sich auch nicht besser haben wünschen kön-
nen. So funden wir auch drauf eine tieffe Cisterne/ iedoch
wenig Wasser drinnen und die drey Tabernacul und Hütten un-
ter der Erden/ welche S. Helena, Constantini M. Mutter bauen
lassen. Bey solchen Tabernaculn ist eine alte zerbrochene Kirche/
wobey stehend man den Berg Hermon und das daran gelege-
ne Naim gar eigentlich hat liegen sehen können/ wie denn auch

das

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
der auf den Berg Thabor gangen und darauf verklaͤret wor-
den/ zu dem Ende hernach die alten Gottſeligen Chriſten an
die Stelle ſolche Kirche zum Gedaͤchtnuͤß erbauet haben ſol-
len.

Als wir nun auf den Berg Thabor geſtiegen/ haben wir
gut zwey Stunden zugebracht/ ehe wir gar hinauf kommen
ſeyn/ dieweil er oben naufwarts ſehr ſteinig und voller groſſer
Kieſelſteine und demnach gar ſchwerlich und muͤhſam zuſtei-
gen iſt. Von unten auf und von andern Bergẽ ſcheinet er anzu-
ſehen/ als wenn er gantz rund und wie eine halbe Kugel waͤre/
wenn man aber hinauf koͤmmt/ ſo iſt er gar breit und weitlaͤuf-
tig/ faſt auf eine Vierthel Meile im Umfange und uͤber und uͤ-
ber mit allerhand gruͤnen Baͤumen und vielem groſſen Gebuͤ-
ſche bewachſen und ſehr luſtig/ zumal weil die Vogel haͤuffig
darauf aufs lieblichſte in den Baͤumen ſingen.

Vor alten Zeiten ſoll eine groſſe feſte Stadt drauf geſtan-
den ſeyn von gewaltigem Steinwerck erbauet die noch zun Zei-
ten der Jſraelitiſchen Kriege geſtanden haben ſoll/ ietzo aber
gantz zu Grunde zerftoͤret iſt. Man kan noch allenthalben/ ſon-
derlich die Gegend nach Nazareth zu/ ſehen daß ſehr ſtarcke fe-
ſte Gemaͤuer/ wie auch auf dem Berge umher einen ausge-
mauerten tieffen Graben und einen ſchoͤnen groſſen luſtigen
Platz/ den es in der Stadt gehabt und hat man gewiſſe Nach-
richt/ daß allezeit Koͤnige drauff gewohnet und allda ihren
Sitz gehabt/ den ſie ſich auch nicht beſſer haben wuͤnſchen koͤn-
nen. So funden wir auch drauf eine tieffe Ciſterne/ iedoch
wenig Waſſer drinnen uñ die drey Tabernacul und Huͤtten un-
ter der Erden/ welche S. Helena, Conſtantini M. Mutter bauen
laſſen. Bey ſolchen Tabernaculn iſt eine alte zerbrochene Kirche/
wobey ſtehend man den Berg Hermon und das daran gelege-
ne Naim gar eigentlich hat liegen ſehen koͤnnen/ wie denn auch

das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0290" n="284"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung.</hi></fw><lb/>
der auf den Berg Thabor gangen und darauf verkla&#x0364;ret wor-<lb/>
den/ zu dem Ende hernach die alten Gott&#x017F;eligen Chri&#x017F;ten an<lb/>
die Stelle &#x017F;olche Kirche zum Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß erbauet haben &#x017F;ol-<lb/>
len.</p><lb/>
            <p>Als wir nun auf den Berg Thabor ge&#x017F;tiegen/ haben wir<lb/>
gut zwey Stunden zugebracht/ ehe wir gar hinauf kommen<lb/>
&#x017F;eyn/ dieweil er oben naufwarts &#x017F;ehr &#x017F;teinig und voller gro&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Kie&#x017F;el&#x017F;teine und demnach gar &#x017F;chwerlich und mu&#x0364;h&#x017F;am zu&#x017F;tei-<lb/>
gen i&#x017F;t. Von unten auf und von andern Berge&#x0303; &#x017F;cheinet er anzu-<lb/>
&#x017F;ehen/ als wenn er gantz rund und wie eine halbe Kugel wa&#x0364;re/<lb/>
wenn man aber hinauf ko&#x0364;mmt/ &#x017F;o i&#x017F;t er gar breit und weitla&#x0364;uf-<lb/>
tig/ fa&#x017F;t auf eine Vierthel Meile im Umfange und u&#x0364;ber und u&#x0364;-<lb/>
ber mit allerhand gru&#x0364;nen Ba&#x0364;umen und vielem gro&#x017F;&#x017F;en Gebu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;che bewach&#x017F;en und &#x017F;ehr lu&#x017F;tig/ zumal weil die Vogel ha&#x0364;uffig<lb/>
darauf aufs lieblich&#x017F;te in den Ba&#x0364;umen &#x017F;ingen.</p><lb/>
            <p>Vor alten Zeiten &#x017F;oll eine gro&#x017F;&#x017F;e fe&#x017F;te Stadt drauf ge&#x017F;tan-<lb/>
den &#x017F;eyn von gewaltigem Steinwerck erbauet die noch zun Zei-<lb/>
ten der J&#x017F;raeliti&#x017F;chen Kriege ge&#x017F;tanden haben &#x017F;oll/ ietzo aber<lb/>
gantz zu Grunde zerfto&#x0364;ret i&#x017F;t. Man kan noch allenthalben/ &#x017F;on-<lb/>
derlich die Gegend nach Nazareth zu/ &#x017F;ehen daß &#x017F;ehr &#x017F;tarcke fe-<lb/>
&#x017F;te Gema&#x0364;uer/ wie auch auf dem Berge umher einen ausge-<lb/>
mauerten tieffen Graben und einen &#x017F;cho&#x0364;nen gro&#x017F;&#x017F;en lu&#x017F;tigen<lb/>
Platz/ den es in der Stadt gehabt und hat man gewi&#x017F;&#x017F;e Nach-<lb/>
richt/ daß allezeit Ko&#x0364;nige drauff gewohnet und allda ihren<lb/>
Sitz gehabt/ den &#x017F;ie &#x017F;ich auch nicht be&#x017F;&#x017F;er haben wu&#x0364;n&#x017F;chen ko&#x0364;n-<lb/>
nen. So funden wir auch drauf eine tieffe Ci&#x017F;terne/ iedoch<lb/>
wenig Wa&#x017F;&#x017F;er drinnen un&#x0303; die drey <hi rendition="#aq">Tabernacul</hi> und Hu&#x0364;tten un-<lb/>
ter der Erden/ welche <hi rendition="#aq">S. Helena, Con&#x017F;tantini M.</hi> Mutter bauen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Bey &#x017F;olchen <hi rendition="#aq">Tabernaculn</hi> i&#x017F;t eine alte zerbrochene Kirche/<lb/>
wobey &#x017F;tehend man den Berg Hermon und das daran gelege-<lb/>
ne Naim gar eigentlich hat liegen &#x017F;ehen ko&#x0364;nnen/ wie denn auch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0290] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. der auf den Berg Thabor gangen und darauf verklaͤret wor- den/ zu dem Ende hernach die alten Gottſeligen Chriſten an die Stelle ſolche Kirche zum Gedaͤchtnuͤß erbauet haben ſol- len. Als wir nun auf den Berg Thabor geſtiegen/ haben wir gut zwey Stunden zugebracht/ ehe wir gar hinauf kommen ſeyn/ dieweil er oben naufwarts ſehr ſteinig und voller groſſer Kieſelſteine und demnach gar ſchwerlich und muͤhſam zuſtei- gen iſt. Von unten auf und von andern Bergẽ ſcheinet er anzu- ſehen/ als wenn er gantz rund und wie eine halbe Kugel waͤre/ wenn man aber hinauf koͤmmt/ ſo iſt er gar breit und weitlaͤuf- tig/ faſt auf eine Vierthel Meile im Umfange und uͤber und uͤ- ber mit allerhand gruͤnen Baͤumen und vielem groſſen Gebuͤ- ſche bewachſen und ſehr luſtig/ zumal weil die Vogel haͤuffig darauf aufs lieblichſte in den Baͤumen ſingen. Vor alten Zeiten ſoll eine groſſe feſte Stadt drauf geſtan- den ſeyn von gewaltigem Steinwerck erbauet die noch zun Zei- ten der Jſraelitiſchen Kriege geſtanden haben ſoll/ ietzo aber gantz zu Grunde zerftoͤret iſt. Man kan noch allenthalben/ ſon- derlich die Gegend nach Nazareth zu/ ſehen daß ſehr ſtarcke fe- ſte Gemaͤuer/ wie auch auf dem Berge umher einen ausge- mauerten tieffen Graben und einen ſchoͤnen groſſen luſtigen Platz/ den es in der Stadt gehabt und hat man gewiſſe Nach- richt/ daß allezeit Koͤnige drauff gewohnet und allda ihren Sitz gehabt/ den ſie ſich auch nicht beſſer haben wuͤnſchen koͤn- nen. So funden wir auch drauf eine tieffe Ciſterne/ iedoch wenig Waſſer drinnen uñ die drey Tabernacul und Huͤtten un- ter der Erden/ welche S. Helena, Conſtantini M. Mutter bauen laſſen. Bey ſolchen Tabernaculn iſt eine alte zerbrochene Kirche/ wobey ſtehend man den Berg Hermon und das daran gelege- ne Naim gar eigentlich hat liegen ſehen koͤnnen/ wie denn auch das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/290
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/290>, abgerufen am 22.11.2024.