Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebenjährige Welt-Beschauung.

Solcher Tempel Salomonis ist sehr schön/ wie ich von
aussen sehen können. Hat ein rundes mit Bley gedecktes Tach/
auf welchem widerum ein kleines Spitzlein/ oder vielmehr run-
des Häublein stehet. Unterm Tache sind umher blaue und grü-
ne glasurte Steine eingemauert/ so gar zierlich ausein ander
kommen und nicht übel anzusehen seyn. Von der innern Zierde
und Schönheit dieses Tempels kan ich nichts sagen/ sintemahl
wie obgedacht/ weil kein Christe bey Verlust seines Glaubens
und Lebens zum wenigsten auch nicht auf die eusserste Stuffen
treten/ geschweige gar hinein gehen darff/ auch ich mich dessen
enthalten müssen und hat mir so gut nicht werden können/ wel-
ches mich nicht wenig gekräncket.

Man hat mich aber berichtet und mir nicht Wunders ge-
nug erzehlen können/ wie wunderschön er von Marmel erbau-
et und gezieret seyn soll und henget derselbe ohn Unterlaß voller
brennenden Lampen. Jst schade/ daß die Türcken denselben in-
ne haben und ihre Mahometische Greuel in demselben treiben
sollen/ die sie doch mit so grosser Andacht verrichten.

Umher um den Tempel ist ein sehr grosser lustiger Hof
mit sehr viel hohen Cypressen-Bäumen besetzet/ welches gar
schön anzusehen ist/ zumal weil oben umher gar lustige Gänge
mit schönen zierlichen Marmelsteinern Säulen und unten un-
terschiedene frische Brunnen sind. Es wäre mir aber diese Lust
bald gar übel bekommen/ wenn ich alleine gewesen wäre.

Denn nachdem ich mit dem Münche/ meinem Gesellen
und Anweiser/ dahin auf den Platz kam und mich in Besichti-
gung deß Tempels und Hofs am besten belustigte/ kam ein
Mohr daher/ der einen Wasser-Krug auf dem Kopffe hatte/
willens im Hofe Wasser zu holen/ rannte wider mich die
Stiegen hinauf und schnausete mich aufs ärgste an: Jch hätte
ihr Recht gebrochen und wäre über das geordnete Ziel am hei-

ligen
Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.

Solcher Tempel Salomonis iſt ſehr ſchoͤn/ wie ich von
auſſen ſehen koͤnnen. Hat ein rundes mit Bley gedecktes Tach/
auf welchem widerum ein kleines Spitzlein/ oder vielmehr run-
des Haͤublein ſtehet. Unterm Tache ſind umher blaue und gruͤ-
ne glaſurte Steine eingemauert/ ſo gar zierlich ausein ander
kommen und nicht uͤbel anzuſehen ſeyn. Von der innern Zierde
und Schoͤnheit dieſes Tempels kan ich nichts ſagen/ ſintemahl
wie obgedacht/ weil kein Chriſte bey Verluſt ſeines Glaubens
und Lebens zum wenigſten auch nicht auf die euſſerſte Stuffen
treten/ geſchweige gar hinein gehen darff/ auch ich mich deſſen
enthalten muͤſſen und hat mir ſo gut nicht werden koͤnnen/ wel-
ches mich nicht wenig gekraͤncket.

Man hat mich aber berichtet und mir nicht Wunders ge-
nug erzehlen koͤnnen/ wie wunderſchoͤn er von Marmel erbau-
et und gezieret ſeyn ſoll und henget derſelbe ohn Unterlaß voller
brennenden Lampen. Jſt ſchade/ daß die Tuͤrcken denſelben in-
ne haben und ihre Mahometiſche Greuel in demſelben treiben
ſollen/ die ſie doch mit ſo groſſer Andacht verrichten.

Umher um den Tempel iſt ein ſehr groſſer luſtiger Hof
mit ſehr viel hohen Cypreſſen-Baͤumen beſetzet/ welches gar
ſchoͤn anzuſehen iſt/ zumal weil oben umher gar luſtige Gaͤnge
mit ſchoͤnen zierlichen Marmelſteinern Saͤulen und unten un-
terſchiedene friſche Brunnen ſind. Es waͤre mir aber dieſe Luſt
bald gar uͤbel bekommen/ wenn ich alleine geweſen waͤre.

Denn nachdem ich mit dem Muͤnche/ meinem Geſellen
und Anweiſer/ dahin auf den Platz kam und mich in Beſichti-
gung deß Tempels und Hofs am beſten beluſtigte/ kam ein
Mohr daher/ der einen Waſſer-Krug auf dem Kopffe hatte/
willens im Hofe Waſſer zu holen/ rannte wider mich die
Stiegen hinauf und ſchnauſete mich aufs aͤrgſte an: Jch haͤtte
ihr Recht gebrochen und waͤre uͤber das geordnete Ziel am hei-

ligen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0310" n="304"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung.</hi> </fw><lb/>
            <p>Solcher Tempel Salomonis i&#x017F;t &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;n/ wie ich von<lb/>
au&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ehen ko&#x0364;nnen. Hat ein rundes mit Bley gedecktes Tach/<lb/>
auf welchem widerum ein kleines Spitzlein/ oder vielmehr run-<lb/>
des Ha&#x0364;ublein &#x017F;tehet. Unterm Tache &#x017F;ind umher blaue und gru&#x0364;-<lb/>
ne gla&#x017F;urte Steine eingemauert/ &#x017F;o gar zierlich ausein ander<lb/>
kommen und nicht u&#x0364;bel anzu&#x017F;ehen &#x017F;eyn. Von der innern Zierde<lb/>
und Scho&#x0364;nheit die&#x017F;es Tempels kan ich nichts &#x017F;agen/ &#x017F;intemahl<lb/>
wie obgedacht/ weil kein Chri&#x017F;te bey Verlu&#x017F;t &#x017F;eines Glaubens<lb/>
und Lebens zum wenig&#x017F;ten auch nicht auf die eu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te Stuffen<lb/>
treten/ ge&#x017F;chweige gar hinein gehen darff/ auch ich mich de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
enthalten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en und hat mir &#x017F;o gut nicht werden ko&#x0364;nnen/ wel-<lb/>
ches mich nicht wenig gekra&#x0364;ncket.</p><lb/>
            <p>Man hat mich aber berichtet und mir nicht Wunders ge-<lb/>
nug erzehlen ko&#x0364;nnen/ wie wunder&#x017F;cho&#x0364;n er von Marmel erbau-<lb/>
et und gezieret &#x017F;eyn &#x017F;oll und henget der&#x017F;elbe ohn Unterlaß voller<lb/>
brennenden Lampen. J&#x017F;t &#x017F;chade/ daß die Tu&#x0364;rcken den&#x017F;elben in-<lb/>
ne haben und ihre Mahometi&#x017F;che Greuel in dem&#x017F;elben treiben<lb/>
&#x017F;ollen/ die &#x017F;ie doch mit &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;er Andacht verrichten.</p><lb/>
            <p>Umher um den Tempel i&#x017F;t ein &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;er lu&#x017F;tiger Hof<lb/>
mit &#x017F;ehr viel hohen Cypre&#x017F;&#x017F;en-Ba&#x0364;umen be&#x017F;etzet/ welches gar<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;n anzu&#x017F;ehen i&#x017F;t/ zumal weil oben umher gar lu&#x017F;tige Ga&#x0364;nge<lb/>
mit &#x017F;cho&#x0364;nen zierlichen Marmel&#x017F;teinern Sa&#x0364;ulen und unten un-<lb/>
ter&#x017F;chiedene fri&#x017F;che Brunnen &#x017F;ind. Es wa&#x0364;re mir aber die&#x017F;e Lu&#x017F;t<lb/>
bald gar u&#x0364;bel bekommen/ wenn ich alleine gewe&#x017F;en wa&#x0364;re.</p><lb/>
            <p>Denn nachdem ich mit dem Mu&#x0364;nche/ meinem Ge&#x017F;ellen<lb/>
und Anwei&#x017F;er/ dahin auf den Platz kam und mich in Be&#x017F;ichti-<lb/>
gung deß Tempels und Hofs am be&#x017F;ten belu&#x017F;tigte/ kam ein<lb/>
Mohr daher/ der einen Wa&#x017F;&#x017F;er-Krug auf dem Kopffe hatte/<lb/>
willens im Hofe Wa&#x017F;&#x017F;er zu holen/ rannte wider mich die<lb/>
Stiegen hinauf und &#x017F;chnau&#x017F;ete mich aufs a&#x0364;rg&#x017F;te an: Jch ha&#x0364;tte<lb/>
ihr Recht gebrochen und wa&#x0364;re u&#x0364;ber das geordnete Ziel am hei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ligen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[304/0310] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Solcher Tempel Salomonis iſt ſehr ſchoͤn/ wie ich von auſſen ſehen koͤnnen. Hat ein rundes mit Bley gedecktes Tach/ auf welchem widerum ein kleines Spitzlein/ oder vielmehr run- des Haͤublein ſtehet. Unterm Tache ſind umher blaue und gruͤ- ne glaſurte Steine eingemauert/ ſo gar zierlich ausein ander kommen und nicht uͤbel anzuſehen ſeyn. Von der innern Zierde und Schoͤnheit dieſes Tempels kan ich nichts ſagen/ ſintemahl wie obgedacht/ weil kein Chriſte bey Verluſt ſeines Glaubens und Lebens zum wenigſten auch nicht auf die euſſerſte Stuffen treten/ geſchweige gar hinein gehen darff/ auch ich mich deſſen enthalten muͤſſen und hat mir ſo gut nicht werden koͤnnen/ wel- ches mich nicht wenig gekraͤncket. Man hat mich aber berichtet und mir nicht Wunders ge- nug erzehlen koͤnnen/ wie wunderſchoͤn er von Marmel erbau- et und gezieret ſeyn ſoll und henget derſelbe ohn Unterlaß voller brennenden Lampen. Jſt ſchade/ daß die Tuͤrcken denſelben in- ne haben und ihre Mahometiſche Greuel in demſelben treiben ſollen/ die ſie doch mit ſo groſſer Andacht verrichten. Umher um den Tempel iſt ein ſehr groſſer luſtiger Hof mit ſehr viel hohen Cypreſſen-Baͤumen beſetzet/ welches gar ſchoͤn anzuſehen iſt/ zumal weil oben umher gar luſtige Gaͤnge mit ſchoͤnen zierlichen Marmelſteinern Saͤulen und unten un- terſchiedene friſche Brunnen ſind. Es waͤre mir aber dieſe Luſt bald gar uͤbel bekommen/ wenn ich alleine geweſen waͤre. Denn nachdem ich mit dem Muͤnche/ meinem Geſellen und Anweiſer/ dahin auf den Platz kam und mich in Beſichti- gung deß Tempels und Hofs am beſten beluſtigte/ kam ein Mohr daher/ der einen Waſſer-Krug auf dem Kopffe hatte/ willens im Hofe Waſſer zu holen/ rannte wider mich die Stiegen hinauf und ſchnauſete mich aufs aͤrgſte an: Jch haͤtte ihr Recht gebrochen und waͤre uͤber das geordnete Ziel am hei- ligen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/310
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/310>, abgerufen am 22.11.2024.