Nestroy, Johann: Einen Jux will er sich machen. Wien, 1844. Weinberl. Sie sind unter meiner fünfthalbjährigen Lei- tung gewaltig ausgebildet worden, haben das Com- merz von seinen verschiedenen Seiten kennen gelernt, und haben kritische Perioden mitgemacht. Wenn die Geschäfte stocken, 's G'wölb leer is, und der Han- del- und Wandelbefliessene blos da steht, a paar Stanitzl macht, 's Maul aufreißt, und gedankenlos auf die Gass'n hinausschaut, da is es leicht, aber plötzlich tritt neues Leben ins Merkantilische, in fünf Minuten steht 's ganze G'wölb voll Leut, da will Eins anderthalb Loth Kaffee, da Eins um zwei Gro- schen Gabri, der ein frischen Aal, die ein g'faulten Lemonie, da kommt ein zartes Wesen um ein Bern- zucker, da ein Kuchelbär um ein Rosenöhl, da lispelt ein Brustdefekter Jüngling "ein Zuckergandl," da schreit ein kräftiger Alter; "a Flaschel Schlikowitz," da will ein üppiges Wesen ein Halstüchel, da eine Zaundürre Fischbeiner zu ein ausg'schnitt'nen Leibel haben; da kommt ein gemeiner Dienstboth ein Ha- ring austauschen, den ihr ihre noble Frau ins G'sicht g'worfen hat, weils kein Milchner war; da geht a Alte auf'n Kas los, und schreit, ich möcht ein Schweizer -- in solchen Momenten muß der Commis Weinberl. Sie ſind unter meiner fünfthalbjährigen Lei- tung gewaltig ausgebildet worden, haben das Com- merz von ſeinen verſchiedenen Seiten kennen gelernt, und haben kritiſche Perioden mitgemacht. Wenn die Geſchäfte ſtocken, ’s G’wölb leer is, und der Han- del- und Wandelbeflieſſene blos da ſteht, a paar Stanitzl macht, ’s Maul aufreißt, und gedankenlos auf die Gaſſ’n hinausſchaut, da is es leicht, aber plötzlich tritt neues Leben ins Merkantiliſche, in fünf Minuten ſteht ’s ganze G’wölb voll Leut, da will Eins anderthalb Loth Kaffee, da Eins um zwei Gro- ſchen Gabri, der ein friſchen Aal, die ein g’faulten Lemonie, da kommt ein zartes Weſen um ein Bern- zucker, da ein Kuchelbär um ein Roſenöhl, da liſpelt ein Bruſtdefekter Jüngling „ein Zuckergandl,“ da ſchreit ein kräftiger Alter; „a Flaſchel Schlikowitz,“ da will ein üppiges Weſen ein Halstüchel, da eine Zaundürre Fiſchbeiner zu ein ausg’ſchnitt’nen Leibel haben; da kommt ein gemeiner Dienſtboth ein Ha- ring austauſchen, den ihr ihre noble Frau ins G’ſicht g’worfen hat, weils kein Milchner war; da geht a Alte auf’n Kas los, und ſchreit, ich möcht ein Schweizer — in ſolchen Momenten muß der Commis <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0039" n="33"/> <sp who="#WEIN"> <speaker><hi rendition="#g">Weinberl</hi>.</speaker><lb/> <p>Sie ſind unter meiner fünfthalbjährigen Lei-<lb/> tung gewaltig ausgebildet worden, haben das Com-<lb/> merz von ſeinen verſchiedenen Seiten kennen gelernt,<lb/> und haben kritiſche Perioden mitgemacht. Wenn die<lb/> Geſchäfte ſtocken, ’s G’wölb leer is, und der Han-<lb/> del- und Wandelbeflieſſene blos da ſteht, a paar<lb/> Stanitzl macht, ’s Maul aufreißt, und gedankenlos<lb/> auf die Gaſſ’n hinausſchaut, da is es leicht, aber<lb/> plötzlich tritt neues Leben ins Merkantiliſche, in fünf<lb/> Minuten ſteht ’s ganze G’wölb voll Leut, da will<lb/> Eins anderthalb Loth Kaffee, da Eins um zwei Gro-<lb/> ſchen Gabri, der ein friſchen Aal, die ein g’faulten<lb/> Lemonie, da kommt ein zartes Weſen um ein Bern-<lb/> zucker, da ein Kuchelbär um ein Roſenöhl, da<lb/> liſpelt ein Bruſtdefekter Jüngling „ein Zuckergandl,“<lb/> da ſchreit ein kräftiger Alter; „a Flaſchel Schlikowitz,“<lb/> da will ein üppiges Weſen ein Halstüchel, da eine<lb/> Zaundürre Fiſchbeiner zu ein ausg’ſchnitt’nen Leibel<lb/> haben; da kommt ein gemeiner Dienſtboth ein Ha-<lb/> ring austauſchen, den ihr ihre noble Frau ins G’ſicht<lb/> g’worfen hat, weils kein Milchner war; da geht a<lb/> Alte auf’n Kas los, und ſchreit, ich möcht ein<lb/> Schweizer — in ſolchen Momenten muß der <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Commis</hi></hi><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [33/0039]
Weinberl.
Sie ſind unter meiner fünfthalbjährigen Lei-
tung gewaltig ausgebildet worden, haben das Com-
merz von ſeinen verſchiedenen Seiten kennen gelernt,
und haben kritiſche Perioden mitgemacht. Wenn die
Geſchäfte ſtocken, ’s G’wölb leer is, und der Han-
del- und Wandelbeflieſſene blos da ſteht, a paar
Stanitzl macht, ’s Maul aufreißt, und gedankenlos
auf die Gaſſ’n hinausſchaut, da is es leicht, aber
plötzlich tritt neues Leben ins Merkantiliſche, in fünf
Minuten ſteht ’s ganze G’wölb voll Leut, da will
Eins anderthalb Loth Kaffee, da Eins um zwei Gro-
ſchen Gabri, der ein friſchen Aal, die ein g’faulten
Lemonie, da kommt ein zartes Weſen um ein Bern-
zucker, da ein Kuchelbär um ein Roſenöhl, da
liſpelt ein Bruſtdefekter Jüngling „ein Zuckergandl,“
da ſchreit ein kräftiger Alter; „a Flaſchel Schlikowitz,“
da will ein üppiges Weſen ein Halstüchel, da eine
Zaundürre Fiſchbeiner zu ein ausg’ſchnitt’nen Leibel
haben; da kommt ein gemeiner Dienſtboth ein Ha-
ring austauſchen, den ihr ihre noble Frau ins G’ſicht
g’worfen hat, weils kein Milchner war; da geht a
Alte auf’n Kas los, und ſchreit, ich möcht ein
Schweizer — in ſolchen Momenten muß der Commis
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