Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.rief er -- "ich brächt' euch Alle auf der Zwar ward es mit diesem Befehl nicht rief er — „ich braͤcht’ euch Alle auf der Zwar ward es mit dieſem Befehl nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0110" n="94"/> rief er — „ich braͤcht’ euch Alle auf der<lb/> Stelle nach Colberg zuruͤck, und machte rein<lb/> Schiff. Aber ich weiß darum wohl, wohin<lb/> ich euch abzuliefern habe.‟ — Zugleich ver-<lb/> bot er ſeinen Leuten auf’s ſtrengſte, ſich um<lb/> uns nicht zu kuͤmmern und uns weder Eſſen<lb/> noch Trinken zu reichen.</p><lb/> <p>Zwar ward es mit dieſem Befehl nicht<lb/> ſo gar genau genommen, und unſre Freunde<lb/> ſteckten uns immerfort etwas von ihren Mund-<lb/> Portionen zu: allein da wir volle acht Tage<lb/> in See blieben, ſo litten wir gleichwohl grau-<lb/> ſamen Hunger und Durſt, und waren darum<lb/> von Herzen froh, als endlich die Anker im<lb/> Danziger Fahrwaſſer fielen. Hier deutete der<lb/> Schiffer ſeiner Mannſchaft in unſrer Gegen-<lb/> wart (und alſo auch wohl nicht ohne geheime<lb/> Abſicht) an: „Er gehe in dieſem nemlichen<lb/> Augenblick an Land und nach Danzig zum<lb/> Preuſſiſchen Reſidenten, um ihm uns Deſer-<lb/> teurs anzumelden und uns in ſeine Haͤnde<lb/> zu uͤberliefern. Bis dahin ſollten ſie uns<lb/> an Bord feſthalten und mit Leib und Leben<lb/> fuͤr uns einſtehen.‟ Vergeblich wandten ſie<lb/> ihm ein: „Die Parthie ſey gar zu ungleich,<lb/> da Jhrer nur fuͤnf Mann, wir aber zwoͤlf<lb/> Koͤpfe ſtark waͤren.‟ — „Was kuͤmmert’s<lb/> mich?‟ war ſeine Antwort — „Und wenn<lb/> es auch Mord und Todtſchlag giebt, ſo laßt<lb/> ſie nicht laufen!‟</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [94/0110]
rief er — „ich braͤcht’ euch Alle auf der
Stelle nach Colberg zuruͤck, und machte rein
Schiff. Aber ich weiß darum wohl, wohin
ich euch abzuliefern habe.‟ — Zugleich ver-
bot er ſeinen Leuten auf’s ſtrengſte, ſich um
uns nicht zu kuͤmmern und uns weder Eſſen
noch Trinken zu reichen.
Zwar ward es mit dieſem Befehl nicht
ſo gar genau genommen, und unſre Freunde
ſteckten uns immerfort etwas von ihren Mund-
Portionen zu: allein da wir volle acht Tage
in See blieben, ſo litten wir gleichwohl grau-
ſamen Hunger und Durſt, und waren darum
von Herzen froh, als endlich die Anker im
Danziger Fahrwaſſer fielen. Hier deutete der
Schiffer ſeiner Mannſchaft in unſrer Gegen-
wart (und alſo auch wohl nicht ohne geheime
Abſicht) an: „Er gehe in dieſem nemlichen
Augenblick an Land und nach Danzig zum
Preuſſiſchen Reſidenten, um ihm uns Deſer-
teurs anzumelden und uns in ſeine Haͤnde
zu uͤberliefern. Bis dahin ſollten ſie uns
an Bord feſthalten und mit Leib und Leben
fuͤr uns einſtehen.‟ Vergeblich wandten ſie
ihm ein: „Die Parthie ſey gar zu ungleich,
da Jhrer nur fuͤnf Mann, wir aber zwoͤlf
Koͤpfe ſtark waͤren.‟ — „Was kuͤmmert’s
mich?‟ war ſeine Antwort — „Und wenn
es auch Mord und Todtſchlag giebt, ſo laßt
ſie nicht laufen!‟
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