Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

einer Stunde, (während welcher Alles in
höchster Erwartung dessen stand, was werden
sollte) kam ich mit den fertigen Kasten und
meinen Arbeitsleuten zurück, und hatte die
Freude, zu sehen, daß jene vollkommen wohl
anschlossen. Um mich jedoch dessen noch völ-
liger zu versichern, riß ich mit dem Zirkel
die Biegung der Schiffsdecke unterm Wasser
an dem Rande der Kasten sorgfältig vor;
ließ soviel, als darnach nöthig war, heraus-
hauen, und konnte nunmehr mein Werk, da
kaum noch einiges Wasser durchsickerte, für
gelungen halten.

Hunderte von müßigem Pöbel standen,
als Zuschauer, am Bollwerk. Jch wandte
mich zu ihnen und rief: "Heran mit Eimer
und Geräth, wer Lust hat, mit Wasserschöpfen
jede Stunde einen halben Gulden zu verdie-
nen!" -- Ho, das war, als hätt' ich sie
zur Hochzeit gebeten! Es stürzten gleich so-
viel Arbeiter herbei auf das nasse Verdeck,
daß sie um die Kastenränder nicht Alle Raum
zum Handthieren hatten. Jch ließ sie ihr
Wesen treiben und stieg derweilen in's Boot,
um mit dem Bootshaken das Loch unter Was-
ser aufzusuchen, welches meine Hände hinein-
gehauen hatten. Dann aber sah ich mich
nach einem Sacke um, (oder war es ein
Stück altes Segeltuch; ich weiß es nicht!)

einer Stunde, (waͤhrend welcher Alles in
hoͤchſter Erwartung deſſen ſtand, was werden
ſollte) kam ich mit den fertigen Kaſten und
meinen Arbeitsleuten zuruͤck, und hatte die
Freude, zu ſehen, daß jene vollkommen wohl
anſchloſſen. Um mich jedoch deſſen noch voͤl-
liger zu verſichern, riß ich mit dem Zirkel
die Biegung der Schiffsdecke unterm Waſſer
an dem Rande der Kaſten ſorgfaͤltig vor;
ließ ſoviel, als darnach noͤthig war, heraus-
hauen, und konnte nunmehr mein Werk, da
kaum noch einiges Waſſer durchſickerte, fuͤr
gelungen halten.

Hunderte von muͤßigem Poͤbel ſtanden,
als Zuſchauer, am Bollwerk. Jch wandte
mich zu ihnen und rief: „Heran mit Eimer
und Geraͤth, wer Luſt hat, mit Waſſerſchoͤpfen
jede Stunde einen halben Gulden zu verdie-
nen!‟ — Ho, das war, als haͤtt’ ich ſie
zur Hochzeit gebeten! Es ſtuͤrzten gleich ſo-
viel Arbeiter herbei auf das naſſe Verdeck,
daß ſie um die Kaſtenraͤnder nicht Alle Raum
zum Handthieren hatten. Jch ließ ſie ihr
Weſen treiben und ſtieg derweilen in’s Boot,
um mit dem Bootshaken das Loch unter Waſ-
ſer aufzuſuchen, welches meine Haͤnde hinein-
gehauen hatten. Dann aber ſah ich mich
nach einem Sacke um, (oder war es ein
Stuͤck altes Segeltuch; ich weiß es nicht!)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0207" n="191"/>
einer Stunde, (wa&#x0364;hrend welcher Alles in<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ter Erwartung de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tand, was werden<lb/>
&#x017F;ollte) kam ich mit den fertigen Ka&#x017F;ten und<lb/>
meinen Arbeitsleuten zuru&#x0364;ck, und hatte die<lb/>
Freude, zu &#x017F;ehen, daß jene vollkommen wohl<lb/>
an&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Um mich jedoch de&#x017F;&#x017F;en noch vo&#x0364;l-<lb/>
liger zu ver&#x017F;ichern, riß ich mit dem Zirkel<lb/>
die Biegung der Schiffsdecke unterm Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
an dem Rande der Ka&#x017F;ten &#x017F;orgfa&#x0364;ltig vor;<lb/>
ließ &#x017F;oviel, als darnach no&#x0364;thig war, heraus-<lb/>
hauen, und konnte nunmehr mein Werk, da<lb/>
kaum noch einiges Wa&#x017F;&#x017F;er durch&#x017F;ickerte, fu&#x0364;r<lb/>
gelungen halten.</p><lb/>
        <p>Hunderte von mu&#x0364;ßigem Po&#x0364;bel &#x017F;tanden,<lb/>
als Zu&#x017F;chauer, am Bollwerk. Jch wandte<lb/>
mich zu ihnen und rief: &#x201E;Heran mit Eimer<lb/>
und Gera&#x0364;th, wer Lu&#x017F;t hat, mit Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;cho&#x0364;pfen<lb/>
jede Stunde einen halben Gulden zu verdie-<lb/>
nen!&#x201F; &#x2014; Ho, das war, als ha&#x0364;tt&#x2019; ich &#x017F;ie<lb/>
zur Hochzeit gebeten! Es &#x017F;tu&#x0364;rzten gleich &#x017F;o-<lb/>
viel Arbeiter herbei auf das na&#x017F;&#x017F;e Verdeck,<lb/>
daß &#x017F;ie um die Ka&#x017F;tenra&#x0364;nder nicht Alle Raum<lb/>
zum Handthieren hatten. Jch ließ &#x017F;ie ihr<lb/>
We&#x017F;en treiben und &#x017F;tieg derweilen in&#x2019;s Boot,<lb/>
um mit dem Bootshaken das Loch unter Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er aufzu&#x017F;uchen, welches meine Ha&#x0364;nde hinein-<lb/>
gehauen hatten. Dann aber &#x017F;ah ich mich<lb/>
nach einem Sacke um, (oder war es ein<lb/>
Stu&#x0364;ck altes Segeltuch; ich weiß es nicht!)<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0207] einer Stunde, (waͤhrend welcher Alles in hoͤchſter Erwartung deſſen ſtand, was werden ſollte) kam ich mit den fertigen Kaſten und meinen Arbeitsleuten zuruͤck, und hatte die Freude, zu ſehen, daß jene vollkommen wohl anſchloſſen. Um mich jedoch deſſen noch voͤl- liger zu verſichern, riß ich mit dem Zirkel die Biegung der Schiffsdecke unterm Waſſer an dem Rande der Kaſten ſorgfaͤltig vor; ließ ſoviel, als darnach noͤthig war, heraus- hauen, und konnte nunmehr mein Werk, da kaum noch einiges Waſſer durchſickerte, fuͤr gelungen halten. Hunderte von muͤßigem Poͤbel ſtanden, als Zuſchauer, am Bollwerk. Jch wandte mich zu ihnen und rief: „Heran mit Eimer und Geraͤth, wer Luſt hat, mit Waſſerſchoͤpfen jede Stunde einen halben Gulden zu verdie- nen!‟ — Ho, das war, als haͤtt’ ich ſie zur Hochzeit gebeten! Es ſtuͤrzten gleich ſo- viel Arbeiter herbei auf das naſſe Verdeck, daß ſie um die Kaſtenraͤnder nicht Alle Raum zum Handthieren hatten. Jch ließ ſie ihr Weſen treiben und ſtieg derweilen in’s Boot, um mit dem Bootshaken das Loch unter Waſ- ſer aufzuſuchen, welches meine Haͤnde hinein- gehauen hatten. Dann aber ſah ich mich nach einem Sacke um, (oder war es ein Stuͤck altes Segeltuch; ich weiß es nicht!)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/207
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/207>, abgerufen am 16.05.2024.