wichtigern Dingen, und selbst bis in mein Alter, verfolgt. Freilich wohl habe ich mir dabei weniger für mich, als für andre mei- ner Mitmenschen, zu thun und zu sorgen gemacht.
Einigen Vorschub zu diesen Possen that mir auch wohl Pathe Runge, der nicht Frau noch Kinder hatte, mich sehr liebte und sich viel mit mir abgab. Endlich aber nahm er mich einmal etwas ernsthafter in's Verhör, (wie auch zuweilen von Pathe Grü- neberg geschah) und gab mir zu bedenken, daß, wenn ich Schiffer werden wollte, so müßte ich auch fleissig in die Schule gehen, eine firme Hand schreiben und gut rechnen lernen; fonst dürft' ich nie an so etwas denken. Mir fuhr das gewaltig auf's Herz. Jch sann nach, was denn wohl von meinem jetzigen Thun und Treiben abgestellt werden müßte? -- Was anders, als meine Tauben, die mir so viel Zeit kosteten, und doch so sehr am Herzen lagen! Wie ich's aber auch bedenken mochte, so war es doch nicht an- ders: -- ich mußte meine lieben Thierchen fahren lassen, die sich indeß ansehnlich ver- mehrt hatten! Dies geschah denn auch mit- telst eines förmlichen schriftlichen Contracts, wodurch ich den Johann Witte, kindischer
wichtigern Dingen, und ſelbſt bis in mein Alter, verfolgt. Freilich wohl habe ich mir dabei weniger fuͤr mich, als fuͤr andre mei- ner Mitmenſchen, zu thun und zu ſorgen gemacht.
Einigen Vorſchub zu dieſen Poſſen that mir auch wohl Pathe Runge, der nicht Frau noch Kinder hatte, mich ſehr liebte und ſich viel mit mir abgab. Endlich aber nahm er mich einmal etwas ernſthafter in’s Verhoͤr, (wie auch zuweilen von Pathe Gruͤ- neberg geſchah) und gab mir zu bedenken, daß, wenn ich Schiffer werden wollte, ſo muͤßte ich auch fleiſſig in die Schule gehen, eine firme Hand ſchreiben und gut rechnen lernen; fonſt duͤrft’ ich nie an ſo etwas denken. Mir fuhr das gewaltig auf’s Herz. Jch ſann nach, was denn wohl von meinem jetzigen Thun und Treiben abgeſtellt werden muͤßte? — Was anders, als meine Tauben, die mir ſo viel Zeit koſteten, und doch ſo ſehr am Herzen lagen! Wie ich’s aber auch bedenken mochte, ſo war es doch nicht an- ders: — ich mußte meine lieben Thierchen fahren laſſen, die ſich indeß anſehnlich ver- mehrt hatten! Dies geſchah denn auch mit- telſt eines foͤrmlichen ſchriftlichen Contracts, wodurch ich den Johann Witte, kindiſcher
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wichtigern Dingen, und ſelbſt bis in mein
Alter, verfolgt. Freilich wohl habe ich mir
dabei weniger fuͤr mich, als fuͤr andre mei-
ner Mitmenſchen, zu thun und zu ſorgen
gemacht.
Einigen Vorſchub zu dieſen Poſſen that
mir auch wohl Pathe Runge, der nicht
Frau noch Kinder hatte, mich ſehr liebte
und ſich viel mit mir abgab. Endlich aber
nahm er mich einmal etwas ernſthafter in’s
Verhoͤr, (wie auch zuweilen von Pathe Gruͤ-
neberg geſchah) und gab mir zu bedenken,
daß, wenn ich Schiffer werden wollte, ſo
muͤßte ich auch fleiſſig in die Schule gehen,
eine firme Hand ſchreiben und gut rechnen
lernen; fonſt duͤrft’ ich nie an ſo etwas
denken. Mir fuhr das gewaltig auf’s Herz.
Jch ſann nach, was denn wohl von meinem
jetzigen Thun und Treiben abgeſtellt werden
muͤßte? — Was anders, als meine Tauben,
die mir ſo viel Zeit koſteten, und doch ſo
ſehr am Herzen lagen! Wie ich’s aber auch
bedenken mochte, ſo war es doch nicht an-
ders: — ich mußte meine lieben Thierchen
fahren laſſen, die ſich indeß anſehnlich ver-
mehrt hatten! Dies geſchah denn auch mit-
telſt eines foͤrmlichen ſchriftlichen Contracts,
wodurch ich den Johann Witte, kindiſcher
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/27>, abgerufen am 03.12.2024.
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