Dienst lauern könnten. Schon war mir's, als ob sie mir überall auf dem Nacken sä- ßen; als würde bei jedem nächsten Tritt eine grimmige Faust mich anpacken. Ver- geblich sträubte sich mein Muth und suchte diesen feigherzigen Gedanken abzuschütteln. Mich ergriff ein Zittern, das mich mit einer Gänsehaut überlief, und wohl oder übel wieder nach dem Tageslichte hin zurück- drängte. Erst dann ward mir wieder wohl, als ich oben an der Luke ein Paar von mei- nen Gefährten erblickte, die auf den Knieen lagen und in den Raum hinab sahen. An ihren dargereichten Händen ward ich wieder emporgezogen.
Jnzwischen war auch mein Kapitain bei seinem Manoeuvriren dem Schiffe wieder nahe genug gekommen, um mir durch's Sprachrohr zuzurufen: Wie es an meinem Borde zustände? -- Da ich ein ähnliches Werkzeug auf dem Verdeck an seiner ge- wohnten Stelle vorfand, so antwortete ich ihm: Das Schiff sey fest und dicht, und Alles darauf in guter Ordnung, aber nicht Mann noch Maus darauf zu spüren. Er befahl mir darauf, ihm die Schaluppe mit 8 Mann hinüber zu schicken, weil er selbst willens wäre, den Fund in Augenschein zu nehmen. Das Erstere geschah; als er je-
Dienſt lauern koͤnnten. Schon war mir’s, als ob ſie mir uͤberall auf dem Nacken ſaͤ- ßen; als wuͤrde bei jedem naͤchſten Tritt eine grimmige Fauſt mich anpacken. Ver- geblich ſtraͤubte ſich mein Muth und ſuchte dieſen feigherzigen Gedanken abzuſchuͤtteln. Mich ergriff ein Zittern, das mich mit einer Gaͤnſehaut uͤberlief, und wohl oder uͤbel wieder nach dem Tageslichte hin zuruͤck- draͤngte. Erſt dann ward mir wieder wohl, als ich oben an der Luke ein Paar von mei- nen Gefaͤhrten erblickte, die auf den Knieen lagen und in den Raum hinab ſahen. An ihren dargereichten Haͤnden ward ich wieder emporgezogen.
Jnzwiſchen war auch mein Kapitain bei ſeinem Manoeuvriren dem Schiffe wieder nahe genug gekommen, um mir durch’s Sprachrohr zuzurufen: Wie es an meinem Borde zuſtaͤnde? — Da ich ein aͤhnliches Werkzeug auf dem Verdeck an ſeiner ge- wohnten Stelle vorfand, ſo antwortete ich ihm: Das Schiff ſey feſt und dicht, und Alles darauf in guter Ordnung, aber nicht Mann noch Maus darauf zu ſpuͤren. Er befahl mir darauf, ihm die Schaluppe mit 8 Mann hinuͤber zu ſchicken, weil er ſelbſt willens waͤre, den Fund in Augenſchein zu nehmen. Das Erſtere geſchah; als er je-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0280"n="264"/>
Dienſt lauern koͤnnten. Schon war mir’s,<lb/>
als ob ſie mir uͤberall auf dem Nacken ſaͤ-<lb/>
ßen; als wuͤrde bei jedem naͤchſten Tritt<lb/>
eine grimmige Fauſt mich anpacken. Ver-<lb/>
geblich ſtraͤubte ſich mein Muth und ſuchte<lb/>
dieſen feigherzigen Gedanken abzuſchuͤtteln.<lb/>
Mich ergriff ein Zittern, das mich mit einer<lb/>
Gaͤnſehaut uͤberlief, und wohl oder uͤbel<lb/>
wieder nach dem Tageslichte hin zuruͤck-<lb/>
draͤngte. Erſt dann ward mir wieder wohl,<lb/>
als ich oben an der Luke ein Paar von mei-<lb/>
nen Gefaͤhrten erblickte, die auf den Knieen<lb/>
lagen und in den Raum hinab ſahen. An<lb/>
ihren dargereichten Haͤnden ward ich wieder<lb/>
emporgezogen.</p><lb/><p>Jnzwiſchen war auch mein Kapitain bei<lb/>ſeinem Manoeuvriren dem Schiffe wieder<lb/>
nahe genug gekommen, um mir durch’s<lb/>
Sprachrohr zuzurufen: Wie es an meinem<lb/>
Borde zuſtaͤnde? — Da ich ein aͤhnliches<lb/>
Werkzeug auf dem Verdeck an ſeiner ge-<lb/>
wohnten Stelle vorfand, ſo antwortete ich<lb/>
ihm: Das Schiff ſey feſt und dicht, und<lb/>
Alles darauf in guter Ordnung, aber nicht<lb/>
Mann noch Maus darauf zu ſpuͤren. Er<lb/>
befahl mir darauf, ihm die Schaluppe mit<lb/>
8 Mann hinuͤber zu ſchicken, weil er ſelbſt<lb/>
willens waͤre, den Fund in Augenſchein zu<lb/>
nehmen. Das Erſtere geſchah; als er je-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[264/0280]
Dienſt lauern koͤnnten. Schon war mir’s,
als ob ſie mir uͤberall auf dem Nacken ſaͤ-
ßen; als wuͤrde bei jedem naͤchſten Tritt
eine grimmige Fauſt mich anpacken. Ver-
geblich ſtraͤubte ſich mein Muth und ſuchte
dieſen feigherzigen Gedanken abzuſchuͤtteln.
Mich ergriff ein Zittern, das mich mit einer
Gaͤnſehaut uͤberlief, und wohl oder uͤbel
wieder nach dem Tageslichte hin zuruͤck-
draͤngte. Erſt dann ward mir wieder wohl,
als ich oben an der Luke ein Paar von mei-
nen Gefaͤhrten erblickte, die auf den Knieen
lagen und in den Raum hinab ſahen. An
ihren dargereichten Haͤnden ward ich wieder
emporgezogen.
Jnzwiſchen war auch mein Kapitain bei
ſeinem Manoeuvriren dem Schiffe wieder
nahe genug gekommen, um mir durch’s
Sprachrohr zuzurufen: Wie es an meinem
Borde zuſtaͤnde? — Da ich ein aͤhnliches
Werkzeug auf dem Verdeck an ſeiner ge-
wohnten Stelle vorfand, ſo antwortete ich
ihm: Das Schiff ſey feſt und dicht, und
Alles darauf in guter Ordnung, aber nicht
Mann noch Maus darauf zu ſpuͤren. Er
befahl mir darauf, ihm die Schaluppe mit
8 Mann hinuͤber zu ſchicken, weil er ſelbſt
willens waͤre, den Fund in Augenſchein zu
nehmen. Das Erſtere geſchah; als er je-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/280>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.