Kaper hatten nemlich einen Englischen Kutter als Prise aufgebracht und denselben an einen Schiffer von Bremen, Namens Heindrick Harmanns verkauft. Dieser belud denselben sofort mit losen Tabacksstengeln und war wil- lens, damit nach Hamburg zu gehen. Die gesammte Schiffs-Mannschaft bestand, ausser ihm selbst, nur aus zwei Matrosen; und wir drei waren ihm, als Passagiere, um so lie- ber, da wir uns erboten, gegen die Kost, die er uns reichen sollte, die Wache mit zu halten.
Vier Tage vor Weihnachten giengen wir in See. Es begann hart zu frieren, und das ganze Fahrzeug nahm zuletzt Gestalt eines großen Eisklumpens an. Da wir so wenig auf dem Leibe hatten, wurden uns unsre Wachen herzlich sauer. Uns fror jämmerlich; daher begruben wir uns, so oft die Wachzeit zu Ende lief, im Raume tief in die Tabacks- stengel; kamen aber gewöhnlich eben so er- froren wieder heraus, als wir hineingekrochen waren. Unsre Schiffsleute verfuhren auch so unbarmherzig mit uns, daß sie uns nicht in ihre Schlafkojen aufnehmen wollten, wie- wohl dies, während sie selbst sich auf der Wache befanden, füglich hätte geschehen kön- nen. Eben so wenig liessen sie uns, zu unsrer Erwärmung, das geringste von ihren
Klei-
Kaper hatten nemlich einen Engliſchen Kutter als Priſe aufgebracht und denſelben an einen Schiffer von Bremen, Namens Heindrick Harmanns verkauft. Dieſer belud denſelben ſofort mit loſen Tabacksſtengeln und war wil- lens, damit nach Hamburg zu gehen. Die geſammte Schiffs-Mannſchaft beſtand, auſſer ihm ſelbſt, nur aus zwei Matroſen; und wir drei waren ihm, als Paſſagiere, um ſo lie- ber, da wir uns erboten, gegen die Koſt, die er uns reichen ſollte, die Wache mit zu halten.
Vier Tage vor Weihnachten giengen wir in See. Es begann hart zu frieren, und das ganze Fahrzeug nahm zuletzt Geſtalt eines großen Eisklumpens an. Da wir ſo wenig auf dem Leibe hatten, wurden uns unſre Wachen herzlich ſauer. Uns fror jaͤmmerlich; daher begruben wir uns, ſo oft die Wachzeit zu Ende lief, im Raume tief in die Tabacks- ſtengel; kamen aber gewoͤhnlich eben ſo er- froren wieder heraus, als wir hineingekrochen waren. Unſre Schiffsleute verfuhren auch ſo unbarmherzig mit uns, daß ſie uns nicht in ihre Schlafkojen aufnehmen wollten, wie- wohl dies, waͤhrend ſie ſelbſt ſich auf der Wache befanden, fuͤglich haͤtte geſchehen koͤn- nen. Eben ſo wenig lieſſen ſie uns, zu unſrer Erwaͤrmung, das geringſte von ihren
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Kaper hatten nemlich einen Engliſchen Kutter
als Priſe aufgebracht und denſelben an einen
Schiffer von Bremen, Namens Heindrick
Harmanns verkauft. Dieſer belud denſelben
ſofort mit loſen Tabacksſtengeln und war wil-
lens, damit nach Hamburg zu gehen. Die
geſammte Schiffs-Mannſchaft beſtand, auſſer
ihm ſelbſt, nur aus zwei Matroſen; und wir
drei waren ihm, als Paſſagiere, um ſo lie-
ber, da wir uns erboten, gegen die Koſt,
die er uns reichen ſollte, die Wache mit zu
halten.
Vier Tage vor Weihnachten giengen wir
in See. Es begann hart zu frieren, und das
ganze Fahrzeug nahm zuletzt Geſtalt eines
großen Eisklumpens an. Da wir ſo wenig
auf dem Leibe hatten, wurden uns unſre
Wachen herzlich ſauer. Uns fror jaͤmmerlich;
daher begruben wir uns, ſo oft die Wachzeit
zu Ende lief, im Raume tief in die Tabacks-
ſtengel; kamen aber gewoͤhnlich eben ſo er-
froren wieder heraus, als wir hineingekrochen
waren. Unſre Schiffsleute verfuhren auch
ſo unbarmherzig mit uns, daß ſie uns nicht
in ihre Schlafkojen aufnehmen wollten, wie-
wohl dies, waͤhrend ſie ſelbſt ſich auf der
Wache befanden, fuͤglich haͤtte geſchehen koͤn-
nen. Eben ſo wenig lieſſen ſie uns, zu
unſrer Erwaͤrmung, das geringſte von ihren
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/80>, abgerufen am 16.02.2025.
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