traute sich nicht, allein mit dem Schiffe nach Holland zurückzugehen. Man warf daher die Augen auf mich, diese Führung zu überneh- men, und des Bittens und Bestürmens war so lange kein Ende, bis ich mich dazu ent- schloß und auch Kapitaiu Sandleven einwil- ligte, mich von seinem Schiffe zu entlassen. Wir schieden als Freunde und mit einem Herzen voll gegenseitiger Liebe und Achtung; ich gieng in den letzten Tagen des Februars von St. Eustaz ab und warf um die Mitte Aprils vor Vliessingen, wohin das Schiff gehörte, glücklich die Anker. Die Rheeder bewilligten mir, außer meiner gebührenden Gage, noch ein besondres Geschenk von 100 Gulden und würden mich auch gerne in ih- rem Dienste behalten haben, wenn ich nicht geglaubt hätte, einer anderweitig eröffneten Aussicht folgen zu müssen.
Es war nemlich gerade um diese Zeit, daß eine englische Transport-Flotte mit 1500 Seesoldaten nach der Küste von Gui- nea abgehen sollte, um die Besatzuungen in den dortigen englischen Forts abzulösen. Zugleich aber suchte man auch für diese Ex- pedition Seeleute, und zumal Steuermän- ner, welche jener Weltgegend kundig wä- ren. Bei mir, als mir ein solcher Antrag geschah, bedurfte es keines langen Zuredens, um mich zu einer solchen Fahrt zu ent-
schliessen.
traute ſich nicht, allein mit dem Schiffe nach Holland zuruͤckzugehen. Man warf daher die Augen auf mich, dieſe Fuͤhrung zu uͤberneh- men, und des Bittens und Beſtuͤrmens war ſo lange kein Ende, bis ich mich dazu ent- ſchloß und auch Kapitaiu Sandleven einwil- ligte, mich von ſeinem Schiffe zu entlaſſen. Wir ſchieden als Freunde und mit einem Herzen voll gegenſeitiger Liebe und Achtung; ich gieng in den letzten Tagen des Februars von St. Euſtaz ab und warf um die Mitte Aprils vor Vlieſſingen, wohin das Schiff gehoͤrte, gluͤcklich die Anker. Die Rheeder bewilligten mir, außer meiner gebuͤhrenden Gage, noch ein beſondres Geſchenk von 100 Gulden und wuͤrden mich auch gerne in ih- rem Dienſte behalten haben, wenn ich nicht geglaubt haͤtte, einer anderweitig eroͤffneten Ausſicht folgen zu muͤſſen.
Es war nemlich gerade um dieſe Zeit, daß eine engliſche Transport-Flotte mit 1500 Seeſoldaten nach der Kuͤſte von Gui- nea abgehen ſollte, um die Beſatzuungen in den dortigen engliſchen Forts abzuloͤſen. Zugleich aber ſuchte man auch fuͤr dieſe Ex- pedition Seeleute, und zumal Steuermaͤn- ner, welche jener Weltgegend kundig waͤ- ren. Bei mir, als mir ein ſolcher Antrag geſchah, bedurfte es keines langen Zuredens, um mich zu einer ſolchen Fahrt zu ent-
ſchlieſſen.
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traute ſich nicht, allein mit dem Schiffe nach
Holland zuruͤckzugehen. Man warf daher die
Augen auf mich, dieſe Fuͤhrung zu uͤberneh-
men, und des Bittens und Beſtuͤrmens war
ſo lange kein Ende, bis ich mich dazu ent-
ſchloß und auch Kapitaiu Sandleven einwil-
ligte, mich von ſeinem Schiffe zu entlaſſen.
Wir ſchieden als Freunde und mit einem
Herzen voll gegenſeitiger Liebe und Achtung;
ich gieng in den letzten Tagen des Februars
von St. Euſtaz ab und warf um die Mitte
Aprils vor Vlieſſingen, wohin das Schiff
gehoͤrte, gluͤcklich die Anker. Die Rheeder
bewilligten mir, außer meiner gebuͤhrenden
Gage, noch ein beſondres Geſchenk von 100
Gulden und wuͤrden mich auch gerne in ih-
rem Dienſte behalten haben, wenn ich nicht
geglaubt haͤtte, einer anderweitig eroͤffneten
Ausſicht folgen zu muͤſſen.
Es war nemlich gerade um dieſe Zeit,
daß eine engliſche Transport-Flotte mit
1500 Seeſoldaten nach der Kuͤſte von Gui-
nea abgehen ſollte, um die Beſatzuungen in
den dortigen engliſchen Forts abzuloͤſen.
Zugleich aber ſuchte man auch fuͤr dieſe Ex-
pedition Seeleute, und zumal Steuermaͤn-
ner, welche jener Weltgegend kundig waͤ-
ren. Bei mir, als mir ein ſolcher Antrag
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um mich zu einer ſolchen Fahrt zu ent-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/116>, abgerufen am 19.07.2024.
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