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Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

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Solon ein Attier von
Athen.

SOLON seines herkommens aus der Jn-
fel Salamis/ ist ein Fürst der Athenienser
und ein Sohn der Execestiden gewesen.
Unter allen seinen Thaten wird diese vor
die löblichste gehalten/ daß nemlich/ als die Athe-
nienser und Megarenser wegen der Jnsel Sala-
mis seines Vaterlandes/ sich beyderseits unter-
einander mit vielen Kriegen fast gar aufgerieben/
und man hernach zu Athen/ nach so vielen Nieder-
lagen/ den jenigen/ welcher die Jnsel zubestreiten
und wieder einzunehmen ein Gesetz geben würde/
am Leben zustraffen geordnet hatte/ er sich hefftig
bekümmert habe/ weil er mit stillschweigen dem
Gemeinen Besten wenig helffen/ und wenn er auch
gerne rahten wolte/ er ihm selber ein Unglük auf
den Hals ziehen würde; und daß er sich deßwegen
einer schleunigen Unsinnigkeit angenommen/ un-
ter derer Schein er nicht allein wider das Verbot
zu reden/ sondern auch gar darwider zu handeln/
Gelegenheit suchte. Er zog nach Ahrt und Weise
der Wahnwitzigen ein hesliches Kleid an/ und
lieff also durch die Stadt auf den offentlichen
Mark. Als sich nun die Bürgerschafft hauffen
weise herzu gefunden/ hat er das Volk mit unge-
gewöhnlichen Versen und einer kurtzen Rede/ das
Verbot zu brechen/ beredet/ und die Gemühter der-
massen gewonnen/ daß sie alsobald/ einhelliglich

zu
O vij


Solon ein Attier von
Athen.

SOLON ſeines herkommens aus der Jn-
fel Salamis/ iſt ein Fuͤrſt der Athenienſer
und ein Sohn der Execeſtiden geweſen.
Unter allen ſeinen Thaten wird dieſe vor
die loͤblichſte gehalten/ daß nemlich/ als die Athe-
nienſer und Megarenſer wegen der Jnſel Sala-
mis ſeines Vaterlandes/ ſich beyderſeits unter-
einander mit vielen Kriegen faſt gar aufgerieben/
und man hernach zu Athen/ nach ſo vielen Nieder-
lagen/ den jenigen/ welcher die Jnſel zubeſtreiten
und wieder einzunehmen ein Geſetz geben wuͤrde/
am Leben zuſtraffen geordnet hatte/ er ſich hefftig
bekuͤmmert habe/ weil er mit ſtillſchweigen dem
Gemeinen Beſten wenig helffen/ und wenn er auch
gerne rahten wolte/ er ihm ſelber ein Ungluͤk auf
den Hals ziehen wuͤrde; und daß er ſich deßwegen
einer ſchleunigen Unſinnigkeit angenommen/ un-
ter derer Schein er nicht allein wider das Verbot
zu reden/ ſondern auch gar darwider zu handeln/
Gelegenheit ſuchte. Er zog nach Ahrt und Weiſe
der Wahnwitzigen ein hesliches Kleid an/ und
lieff alſo durch die Stadt auf den offentlichen
Mark. Als ſich nun die Buͤrgerſchafft hauffen
weiſe herzu gefunden/ hat er das Volk mit unge-
gewoͤhnlichen Verſen und einer kurtzen Rede/ das
Verbot zu brechen/ beredet/ und die Gemuͤhter der-
maſſen gewonnen/ daß ſie alſobald/ einhelliglich

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[325/0405] Solon ein Attier von Athen. SOLON ſeines herkommens aus der Jn- fel Salamis/ iſt ein Fuͤrſt der Athenienſer und ein Sohn der Execeſtiden geweſen. Unter allen ſeinen Thaten wird dieſe vor die loͤblichſte gehalten/ daß nemlich/ als die Athe- nienſer und Megarenſer wegen der Jnſel Sala- mis ſeines Vaterlandes/ ſich beyderſeits unter- einander mit vielen Kriegen faſt gar aufgerieben/ und man hernach zu Athen/ nach ſo vielen Nieder- lagen/ den jenigen/ welcher die Jnſel zubeſtreiten und wieder einzunehmen ein Geſetz geben wuͤrde/ am Leben zuſtraffen geordnet hatte/ er ſich hefftig bekuͤmmert habe/ weil er mit ſtillſchweigen dem Gemeinen Beſten wenig helffen/ und wenn er auch gerne rahten wolte/ er ihm ſelber ein Ungluͤk auf den Hals ziehen wuͤrde; und daß er ſich deßwegen einer ſchleunigen Unſinnigkeit angenommen/ un- ter derer Schein er nicht allein wider das Verbot zu reden/ ſondern auch gar darwider zu handeln/ Gelegenheit ſuchte. Er zog nach Ahrt und Weiſe der Wahnwitzigen ein hesliches Kleid an/ und lieff alſo durch die Stadt auf den offentlichen Mark. Als ſich nun die Buͤrgerſchafft hauffen weiſe herzu gefunden/ hat er das Volk mit unge- gewoͤhnlichen Verſen und einer kurtzen Rede/ das Verbot zu brechen/ beredet/ und die Gemuͤhter der- maſſen gewonnen/ daß ſie alſobald/ einhelliglich zu O vij

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/405>, abgerufen am 22.11.2024.