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Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

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II.
Thales von Miletus
aus Jonien.

THALES ist von Gebuhrt ein Faenicier
gewesen/ dessen Eltern Examius/ und
Kleobulina/ so auß dem Stamme der
Thelider entsprungen/ welche ihr Ge-
schlecht von Königlichem Geblüte/ nemlich Cad-
mi und Agenorens hergeleitet. Diesen Thales
hat man zum ersten/ als Damasius Fürst zu Athen
war/ den Weisen genennet; Weßwegen er in der
Stadt Miletus das Bürgerrecht gewonnen/ und
unter die Zahl der edlen Bürger verzeichnet wor-
den. Man sagt/ daß er erstlich die Geheimnüsse der
Sternkunst erfunden/ und daß die menschliche
Seele unsterblich sey/ davor gehalten habe. Man
sagt auch daß er zum ersten von den AEgyptiern die
Wissenschafft Wasser/ Feld und Land abzumes-
sen erlernet/ verbessert und fortgepflantzet. Er hat
davor gehalten/ daß aller Sachen Anfang das
Wasser sey. Hat zum ersten die Jahrzeit erlernet/
und das Jahr in 365. Tage abgetheilet. Zu seinen
Zeiten ist der Dreyfuß von den Milesischen Fi-
schern in der See gefunden. Nach dem sich aber
wegen desselben ein grosser Streit erhoben/ wem
er zuzueignen/ haben die Mileser nach Delff ge-
sandt/ und den Abgott Apollo darüber üm Raht
fragen lassen/ welcher geantwortet: dem Weise-
sten
. Darauf hat man ihn dem Thales zuge-
bracht/ welcher ihn aber nicht annehmen wollen/
sondern ihn einem andern gegeben/ jener wieder

einem
II.
Thales von Miletus
aus Jonien.

THALES iſt von Gebuhrt ein Fænicier
geweſen/ deſſen Eltern Examius/ und
Kleobulina/ ſo auß dem Stamme der
Thelider entſprungen/ welche ihr Ge-
ſchlecht von Koͤniglichem Gebluͤte/ nemlich Cad-
mi und Agenorens hergeleitet. Dieſen Thales
hat man zum erſten/ als Damaſius Fuͤrſt zu Athen
war/ den Weiſen genennet; Weßwegen er in der
Stadt Miletus das Buͤrgerrecht gewonnen/ und
unter die Zahl der edlen Buͤrger verzeichnet wor-
den. Man ſagt/ daß er erſtlich die Geheimnuͤſſe der
Sternkunſt erfunden/ und daß die menſchliche
Seele unſterblich ſey/ davor gehalten habe. Man
ſagt auch daß er zum erſten von den Ægyptiern die
Wiſſenſchafft Waſſer/ Feld und Land abzumeſ-
ſen erlernet/ verbeſſert und fortgepflantzet. Er hat
davor gehalten/ daß aller Sachen Anfang das
Waſſer ſey. Hat zum erſten die Jahrzeit erlernet/
und das Jahr in 365. Tage abgetheilet. Zu ſeinen
Zeiten iſt der Dreyfuß von den Mileſiſchen Fi-
ſchern in der See gefunden. Nach dem ſich aber
wegen deſſelben ein groſſer Streit erhoben/ wem
er zuzueignen/ haben die Mileſer nach Delff ge-
ſandt/ und den Abgott Apollo daruͤber uͤm Raht
fragen laſſen/ welcher geantwortet: dem Weiſe-
ſten
. Darauf hat man ihn dem Thales zuge-
bracht/ welcher ihn aber nicht annehmen wollen/
ſondern ihn einem andern gegeben/ jener wieder

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[335/0417] II. Thales von Miletus aus Jonien. THALES iſt von Gebuhrt ein Fænicier geweſen/ deſſen Eltern Examius/ und Kleobulina/ ſo auß dem Stamme der Thelider entſprungen/ welche ihr Ge- ſchlecht von Koͤniglichem Gebluͤte/ nemlich Cad- mi und Agenorens hergeleitet. Dieſen Thales hat man zum erſten/ als Damaſius Fuͤrſt zu Athen war/ den Weiſen genennet; Weßwegen er in der Stadt Miletus das Buͤrgerrecht gewonnen/ und unter die Zahl der edlen Buͤrger verzeichnet wor- den. Man ſagt/ daß er erſtlich die Geheimnuͤſſe der Sternkunſt erfunden/ und daß die menſchliche Seele unſterblich ſey/ davor gehalten habe. Man ſagt auch daß er zum erſten von den Ægyptiern die Wiſſenſchafft Waſſer/ Feld und Land abzumeſ- ſen erlernet/ verbeſſert und fortgepflantzet. Er hat davor gehalten/ daß aller Sachen Anfang das Waſſer ſey. Hat zum erſten die Jahrzeit erlernet/ und das Jahr in 365. Tage abgetheilet. Zu ſeinen Zeiten iſt der Dreyfuß von den Mileſiſchen Fi- ſchern in der See gefunden. Nach dem ſich aber wegen deſſelben ein groſſer Streit erhoben/ wem er zuzueignen/ haben die Mileſer nach Delff ge- ſandt/ und den Abgott Apollo daruͤber uͤm Raht fragen laſſen/ welcher geantwortet: dem Weiſe- ſten. Darauf hat man ihn dem Thales zuge- bracht/ welcher ihn aber nicht annehmen wollen/ ſondern ihn einem andern gegeben/ jener wieder einem

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/417>, abgerufen am 22.11.2024.