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Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

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etwas von seinen Gütern mit nehme/ gab er zur
Antwort: Jch trage all das Meinige bey mir. Er
meynete aber Verstand und Weißheit. Sein Le-
ben hat er also geendet: Als der gute Bias vor dem
Gerichte eines lieben Freundes Sache verthei-
digt/ und von vielem reden ermüdet/ hat er das
Haupt in den Schoß seines Tochtersohns gele-
get/ und nach dem das Gegenpart seine Notturfft
auch beygebracht/ und die Richter dem jenigen/
welchem Bias gedienet/ die Sache zuerkant; ist
er/ da das Gericht voneinander gangen/ in den Ar-
men seines Enkels todt befunden worden/ da ihn
denn die Stadt prächtig begraben lassen.

Unter andern seinen Sprichwörtern/ sind diese
die denkwürdigste:



Einer ist des andern Wolff/ einer ist des andern
Teufel/

Also sind die Menschen selbst ihr Verderben ohne
zweifel.
IV.
Qui paucis contentus, dis est; pauper, cui
nihil satis sibi.
Wer mit wenigem vergnüget/ ist ein Reichbegab-
ter Mann;

Dieser aber Arm zu schätzen/ den man nicht erfül-
len kan.
V.
Mens est nocere nolle, cum possis bona,
Nocere velle, cum nequeas, mens est mala.
Wer nicht schadet wenn er kan/ ist ein Mensch
von guten Sinnen/

Aber ein verbostes Hertz/ gerne wollen/ und nicht
können.
VI. Be-

etwas von ſeinen Guͤtern mit nehme/ gab er zur
Antwort: Jch trage all das Meinige bey mir. Er
meynete aber Verſtand und Weißheit. Sein Le-
ben hat er alſo geendet: Als der gute Bias vor dem
Gerichte eines lieben Freundes Sache verthei-
digt/ und von vielem reden ermuͤdet/ hat er das
Haupt in den Schoß ſeines Tochterſohns gele-
get/ und nach dem das Gegenpart ſeine Notturfft
auch beygebracht/ und die Richter dem jenigen/
welchem Bias gedienet/ die Sache zuerkant; iſt
er/ da das Gericht voneinander gangen/ in den Ar-
men ſeines Enkels todt befunden worden/ da ihn
denn die Stadt praͤchtig begraben laſſen.

Unter andern ſeinen Sprichwoͤrtern/ ſind dieſe
die denkwuͤrdigſte:



Einer iſt des andern Wolff/ einer iſt des andern
Teufel/

Alſo ſind die Menſchen ſelbſt ihr Verderben ohne
zweifel.
IV.
Qui paucis contentus, dis eſt; pauper, cui
nihil ſatis ſibi.
Wer mit wenigem vergnuͤget/ iſt ein Reichbegab-
ter Mann;

Dieſer aber Arm zu ſchaͤtzen/ den man nicht erfuͤl-
len kan.
V.
Mens eſt nocere nolle, cum poſſis bona,
Nocere velle, cum nequeas, mens eſt mala.
Wer nicht ſchadet wenn er kan/ iſt ein Menſch
von guten Sinnen/

Aber ein verboſtes Hertz/ gerne wollen/ und nicht
koͤnnen.
VI. Be-
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[355/0443] etwas von ſeinen Guͤtern mit nehme/ gab er zur Antwort: Jch trage all das Meinige bey mir. Er meynete aber Verſtand und Weißheit. Sein Le- ben hat er alſo geendet: Als der gute Bias vor dem Gerichte eines lieben Freundes Sache verthei- digt/ und von vielem reden ermuͤdet/ hat er das Haupt in den Schoß ſeines Tochterſohns gele- get/ und nach dem das Gegenpart ſeine Notturfft auch beygebracht/ und die Richter dem jenigen/ welchem Bias gedienet/ die Sache zuerkant; iſt er/ da das Gericht voneinander gangen/ in den Ar- men ſeines Enkels todt befunden worden/ da ihn denn die Stadt praͤchtig begraben laſſen. Unter andern ſeinen Sprichwoͤrtern/ ſind dieſe die denkwuͤrdigſte: Einer iſt des andern Wolff/ einer iſt des andern Teufel/ Alſo ſind die Menſchen ſelbſt ihr Verderben ohne zweifel. IV. Qui paucis contentus, dis eſt; pauper, cui nihil ſatis ſibi. Wer mit wenigem vergnuͤget/ iſt ein Reichbegab- ter Mann; Dieſer aber Arm zu ſchaͤtzen/ den man nicht erfuͤl- len kan. V. Mens eſt nocere nolle, cum poſſis bona, Nocere velle, cum nequeas, mens eſt mala. Wer nicht ſchadet wenn er kan/ iſt ein Menſch von guten Sinnen/ Aber ein verboſtes Hertz/ gerne wollen/ und nicht koͤnnen. VI. Be-

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/443>, abgerufen am 22.11.2024.