Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

Bild:
<< vorherige Seite
VII.
Periander ein Achaier
von Corinthus.

PERJANDER der Corinthier ist
des Cypselens (welcher seines Herkom-
mens aus dem berühmten Geschlechte
der Heraclider war) und der Krateen
Sohn gewesen. Er hat Proclens des Epidauren-
sischen Tyrannens Tochter die Lysts/ so er nach-
mals Melissa nennete/ geheyrahtet. Als er eins-
mals angelobet/ im fall er mit vier Pferden auf
den Olympischen Streit-Spielen gewinnen wür-
de/ seinem Gott ein güldenes Ehrenbild aufzu-
richten/ nach erhaltenem Siege aber/ nicht so viel
Gold im Vermögen gehabt/ hat er an einem
Feyertage dem Frauenzimmer offentlich den gül-
denen Schmuk abnehmen lassen/ und also seinem
Götzen das versprochene Geschenk übersendet.
Aristippus meldet/ daß er sich mit seiner Mutter
Crateen/ welche mit Liebe gegen ihn entzündet ge-
wesen/ heimlich gehalten/ und nach dem es kunt
worden/ der Gemeine noch hefftiger zugesetzet ha-
be. Dieser Periander ist zum ersten mit gewaffne-
ten Leuten herein getreten/ und/ indem er Trasy-
bulens des Milesischen Tyrannens/ zu dem er sei-
nen Herold geschikket/ bösem Rahte gefolget/ die
ordentliche Regierung in eine Tyranney verwan-
delt. Es war aber der Rahtschlag Thrasibulens
in einem Briefe mit diesen Worten begriffen:

Deinem Herolden hab ich nichts verhalten/
sondern ich habe ihn auf das Feld geführet/ und

in
q ij
VII.
Periander ein Achaier
von Corinthus.

PERJANDER der Corinthier iſt
des Cypſelens (welcher ſeines Herkom-
mens aus dem beruͤhmten Geſchlechte
der Heraclider war) und der Krateen
Sohn geweſen. Er hat Proclens des Epidauren-
ſiſchen Tyrannens Tochter die Lyſts/ ſo er nach-
mals Meliſſa nennete/ geheyrahtet. Als er eins-
mals angelobet/ im fall er mit vier Pferden auf
den Olympiſchen Streit-Spielen gewinnen wuͤr-
de/ ſeinem Gott ein guͤldenes Ehrenbild aufzu-
richten/ nach erhaltenem Siege aber/ nicht ſo viel
Gold im Vermoͤgen gehabt/ hat er an einem
Feyertage dem Frauenzimmer offentlich den guͤl-
denen Schmuk abnehmen laſſen/ und alſo ſeinem
Goͤtzen das verſprochene Geſchenk uͤberſendet.
Ariſtippus meldet/ daß er ſich mit ſeiner Mutter
Crateen/ welche mit Liebe gegen ihn entzuͤndet ge-
weſen/ heimlich gehalten/ und nach dem es kunt
worden/ der Gemeine noch hefftiger zugeſetzet ha-
be. Dieſer Periander iſt zum erſten mit gewaffne-
ten Leuten herein getreten/ und/ indem er Traſy-
bulens des Mileſiſchen Tyrannens/ zu dem er ſei-
nen Herold geſchikket/ boͤſem Rahte gefolget/ die
ordentliche Regierung in eine Tyranney verwan-
delt. Es war aber der Rahtſchlag Thraſibulens
in einem Briefe mit dieſen Worten begriffen:

Deinem Herolden hab ich nichts verhalten/
ſondern ich habe ihn auf das Feld gefuͤhret/ und

in
q ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0455" n="363"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">VII.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Periander ein Achaier<lb/>
von Corinthus.</hi> </hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">P</hi>ERJANDER der Corinthier i&#x017F;t<lb/>
des Cyp&#x017F;elens (welcher &#x017F;eines Herkom-<lb/>
mens aus dem beru&#x0364;hmten Ge&#x017F;chlechte<lb/>
der Heraclider war) und der Krateen<lb/>
Sohn gewe&#x017F;en. Er hat Proclens des Epidauren-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;chen Tyrannens Tochter die Ly&#x017F;ts/ &#x017F;o er nach-<lb/>
mals Meli&#x017F;&#x017F;a nennete/ geheyrahtet. Als er eins-<lb/>
mals angelobet/ im fall er mit vier Pferden auf<lb/>
den Olympi&#x017F;chen Streit-Spielen gewinnen wu&#x0364;r-<lb/>
de/ &#x017F;einem Gott ein gu&#x0364;ldenes Ehrenbild aufzu-<lb/>
richten/ nach erhaltenem Siege aber/ nicht &#x017F;o viel<lb/>
Gold im Vermo&#x0364;gen gehabt/ hat er an einem<lb/>
Feyertage dem Frauenzimmer offentlich den gu&#x0364;l-<lb/>
denen Schmuk abnehmen la&#x017F;&#x017F;en/ und al&#x017F;o &#x017F;einem<lb/>
Go&#x0364;tzen das ver&#x017F;prochene Ge&#x017F;chenk u&#x0364;ber&#x017F;endet.<lb/>
Ari&#x017F;tippus meldet/ daß er &#x017F;ich mit &#x017F;einer Mutter<lb/>
Crateen/ welche mit Liebe gegen ihn entzu&#x0364;ndet ge-<lb/>
we&#x017F;en/ heimlich gehalten/ und nach dem es kunt<lb/>
worden/ der Gemeine noch hefftiger zuge&#x017F;etzet ha-<lb/>
be. Die&#x017F;er Periander i&#x017F;t zum er&#x017F;ten mit gewaffne-<lb/>
ten Leuten herein getreten/ und/ indem er Tra&#x017F;y-<lb/>
bulens des Mile&#x017F;i&#x017F;chen Tyrannens/ zu dem er &#x017F;ei-<lb/>
nen Herold ge&#x017F;chikket/ bo&#x0364;&#x017F;em Rahte gefolget/ die<lb/>
ordentliche Regierung in eine Tyranney verwan-<lb/>
delt. Es war aber der Raht&#x017F;chlag Thra&#x017F;ibulens<lb/>
in einem Briefe mit die&#x017F;en Worten begriffen:</p><lb/>
          <p>Deinem Herolden hab ich nichts verhalten/<lb/>
&#x017F;ondern ich habe ihn auf das Feld gefu&#x0364;hret/ und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">q ij</fw><fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[363/0455] VII. Periander ein Achaier von Corinthus. PERJANDER der Corinthier iſt des Cypſelens (welcher ſeines Herkom- mens aus dem beruͤhmten Geſchlechte der Heraclider war) und der Krateen Sohn geweſen. Er hat Proclens des Epidauren- ſiſchen Tyrannens Tochter die Lyſts/ ſo er nach- mals Meliſſa nennete/ geheyrahtet. Als er eins- mals angelobet/ im fall er mit vier Pferden auf den Olympiſchen Streit-Spielen gewinnen wuͤr- de/ ſeinem Gott ein guͤldenes Ehrenbild aufzu- richten/ nach erhaltenem Siege aber/ nicht ſo viel Gold im Vermoͤgen gehabt/ hat er an einem Feyertage dem Frauenzimmer offentlich den guͤl- denen Schmuk abnehmen laſſen/ und alſo ſeinem Goͤtzen das verſprochene Geſchenk uͤberſendet. Ariſtippus meldet/ daß er ſich mit ſeiner Mutter Crateen/ welche mit Liebe gegen ihn entzuͤndet ge- weſen/ heimlich gehalten/ und nach dem es kunt worden/ der Gemeine noch hefftiger zugeſetzet ha- be. Dieſer Periander iſt zum erſten mit gewaffne- ten Leuten herein getreten/ und/ indem er Traſy- bulens des Mileſiſchen Tyrannens/ zu dem er ſei- nen Herold geſchikket/ boͤſem Rahte gefolget/ die ordentliche Regierung in eine Tyranney verwan- delt. Es war aber der Rahtſchlag Thraſibulens in einem Briefe mit dieſen Worten begriffen: Deinem Herolden hab ich nichts verhalten/ ſondern ich habe ihn auf das Feld gefuͤhret/ und in q ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/455
Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/455>, abgerufen am 11.05.2024.