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Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599.

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Der erste Theil deß Frewden Spiegels.

allein in der Niessung Gottes/ vnd in der Vereinigung mit
jhm. Ibidem: Alle andere Güter können vns nicht sättigen/
Nihil reliquoru
nos satiat, inter
manus elabun-
tur, quum pos-
sidentur, quum
delectant, diluta
sunt, & diffugi-
unt, vt in eis bo-
nu illud, quod
quaerimus, non
possit esse com-
prehensum.sie verschwinden vns vnter der Handt/ dieweil wir sie be-
sitzen/ vnnd dieweil sie vns belieben/ sind sie zu vnbeständig
vnd zerrinnen/ daß das rechte Gut (welches wir suchen)
nicht kan darinn begrieffen seyn. So kan auch vnser Ver-
einigung mit GOtt/ in diesem Leben nicht die Gelegenheit
haben/ daß wir dardurch vollkommen selig weren. Der-
wegen ist ein ander Leben/ darinn sie sich ereygnet. Denn in
diesem Leben/ können wir wegen der grossen Finsternuß vn-
sers Fleisches/ vnsern lieben Gott nicht so völlig erkennen/
noch lieben/ als wol vonnöhten were/ Wir werden von sol-
cher Erkänntnuß/ vnd von solcher Liebe abgefordert durch
den Leib/ wenn jhn hungert oder dürstet/ oder da er ist schläf-
ferig/ kranck/ schmertz hafftig oder müde/ So geniessen wir
auch nicht vollkömmlich solcher Güter GOttes: Ja je hitziger
allhie die Liebe ist/ je hefftiger wir mit dem Stachelder Be-
gierde gequelet werden. Aber wenn wir den Leib haben abge-
legt/ oder da er verändert ist/ alsdann werden wir dort viel
heller sehen/ vnd viel stärcker lieben/ vnd mit Gott am nähe-
sten vereiniget seyn/ vnnd seiner vnaußsprechlichen Güter
geniessen.

Ordentliche
Betrachtung/
wie Gott alles
in allem sey.

Wir können dem gantzen Geheimnuß/ wie Gott ist al-
les in allen/ fein nachdencken/ wenn wir die Menschliche
fünff Sinne/ vnd die innerliche Seelen Kräffte ordentlich
nach einander fürnemmen/ vnd in Gottes Wort nachfor-
schen/ wie sie der liebe Gott alle/ mit seinem Wesen/
vnd mit frölicher Niessung seiner grossen vn-
außsprechlichen Güte/ lieblich
fülle vnd erquicke.

Obje-

Der erſte Theil deß Frewden Spiegels.

allein in der Nieſſung Gottes/ vnd in der Vereinigung mit
jhm. Ibidem: Alle andere Güter können vns nicht ſättigen/
Nihil reliquorū
nos ſatiat, inter
manus elabun-
tur, quùm poſ-
ſidentur, quùm
delectant, diluta
ſunt, & diffugi-
unt, vt in eis bo-
nū illud, quod
quærimus, non
poſſit eſſe com-
prehenſum.ſie verſchwinden vns vnter der Handt/ dieweil wir ſie be-
ſitzen/ vnnd dieweil ſie vns belieben/ ſind ſie zu vnbeſtändig
vnd zerrinnen/ daß das rechte Gut (welches wir ſuchen)
nicht kan darinn begrieffen ſeyn. So kan auch vnſer Ver-
einigung mit GOtt/ in dieſem Leben nicht die Gelegenheit
haben/ daß wir dardurch vollkommen ſelig weren. Der-
wegen iſt ein ander Leben/ darinn ſie ſich ereygnet. Denn in
dieſem Leben/ können wir wegen der groſſen Finſternuß vn-
ſers Fleiſches/ vnſern lieben Gott nicht ſo völlig erkennen/
noch lieben/ als wol vonnöhten were/ Wir werden von ſol-
cher Erkänntnuß/ vnd von ſolcher Liebe abgefordert durch
den Leib/ wenn jhn hungert oder dürſtet/ oder da er iſt ſchläf-
ferig/ kranck/ ſchmertz hafftig oder müde/ So genieſſen wir
auch nicht vollköm̃lich ſolcher Güter GOttes: Ja je hitziger
allhie die Liebe iſt/ je hefftiger wir mit dem Stachelder Be-
gierde gequelet werden. Aber wenn wir den Leib haben abge-
legt/ oder da er verändert iſt/ alsdann werden wir dort viel
heller ſehen/ vnd viel ſtärcker lieben/ vnd mit Gott am nähe-
ſten vereiniget ſeyn/ vnnd ſeiner vnaußſprechlichen Güter
genieſſen.

Ordentliche
Betrachtung/
wie Gott alles
in allem ſey.

Wir können dem gantzen Geheimnuß/ wie Gott iſt al-
les in allen/ fein nachdencken/ wenn wir die Menſchliche
fünff Sinne/ vnd die innerliche Seelen Kräffte ordentlich
nach einander fürnemmen/ vnd in Gottes Wort nachfor-
ſchen/ wie ſie der liebe Gott alle/ mit ſeinem Weſen/
vnd mit frölicher Nieſſung ſeiner groſſen vn-
außſprechlichen Güte/ lieblich
fülle vnd erquicke.

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[66/0084] Der erſte Theil deß Frewden Spiegels. allein in der Nieſſung Gottes/ vnd in der Vereinigung mit jhm. Ibidem: Alle andere Güter können vns nicht ſättigen/ ſie verſchwinden vns vnter der Handt/ dieweil wir ſie be- ſitzen/ vnnd dieweil ſie vns belieben/ ſind ſie zu vnbeſtändig vnd zerrinnen/ daß das rechte Gut (welches wir ſuchen) nicht kan darinn begrieffen ſeyn. So kan auch vnſer Ver- einigung mit GOtt/ in dieſem Leben nicht die Gelegenheit haben/ daß wir dardurch vollkommen ſelig weren. Der- wegen iſt ein ander Leben/ darinn ſie ſich ereygnet. Denn in dieſem Leben/ können wir wegen der groſſen Finſternuß vn- ſers Fleiſches/ vnſern lieben Gott nicht ſo völlig erkennen/ noch lieben/ als wol vonnöhten were/ Wir werden von ſol- cher Erkänntnuß/ vnd von ſolcher Liebe abgefordert durch den Leib/ wenn jhn hungert oder dürſtet/ oder da er iſt ſchläf- ferig/ kranck/ ſchmertz hafftig oder müde/ So genieſſen wir auch nicht vollköm̃lich ſolcher Güter GOttes: Ja je hitziger allhie die Liebe iſt/ je hefftiger wir mit dem Stachelder Be- gierde gequelet werden. Aber wenn wir den Leib haben abge- legt/ oder da er verändert iſt/ alsdann werden wir dort viel heller ſehen/ vnd viel ſtärcker lieben/ vnd mit Gott am nähe- ſten vereiniget ſeyn/ vnnd ſeiner vnaußſprechlichen Güter genieſſen. Nihil reliquorū nos ſatiat, inter manus elabun- tur, quùm poſ- ſidentur, quùm delectant, diluta ſunt, & diffugi- unt, vt in eis bo- nū illud, quod quærimus, non poſſit eſſe com- prehenſum. Wir können dem gantzen Geheimnuß/ wie Gott iſt al- les in allen/ fein nachdencken/ wenn wir die Menſchliche fünff Sinne/ vnd die innerliche Seelen Kräffte ordentlich nach einander fürnemmen/ vnd in Gottes Wort nachfor- ſchen/ wie ſie der liebe Gott alle/ mit ſeinem Weſen/ vnd mit frölicher Nieſſung ſeiner groſſen vn- außſprechlichen Güte/ lieblich fülle vnd erquicke. Obje-

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Zitationshilfe:	Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_freuden_1599/84>, abgerufen am 14.08.2024.

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