Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite


Sollte auch diese Hofnung fehl schlagen,
so wäre der Vorschlag zu thun, daß einmahl
irgend eine Gesellschaft der Wissenschafften,
einen kritischen Auszug daraus, in einigen
Bänden in Großoctav herausgebe, oder
wenn auch hiezu alle Hofnung verlohren wäre,
so ist kein anderer Rath, als daß die wenigen
gründlichen Gelehrten, welche die diplomati-
schen Beweise zu untersuchen pflegen, dem
Verfasser eben so gut auf sein Wort glauben
müssen, als die vielen leichtsinnigen Leser, die
die Urkunden doch nicht ansehen, wenn sie
gleich den Geschichtbüchern des breitern bey-
gefügt sind.

Da wir übrigens eine wahre Geschichte
zu erzählen haben, so muß man in derselben
weder den hohen Flug der Einbildungskraft
suchen, den ein Gedicht haben müßte, noch
den künstlich verwickelten Plan, den die Kunst-
richter, von Theorie und Einsicht erfüllt,
den Romanen vorschreiben. Alle Bege-

benhei-


Sollte auch dieſe Hofnung fehl ſchlagen,
ſo waͤre der Vorſchlag zu thun, daß einmahl
irgend eine Geſellſchaft der Wiſſenſchafften,
einen kritiſchen Auszug daraus, in einigen
Baͤnden in Großoctav herausgebe, oder
wenn auch hiezu alle Hofnung verlohren waͤre,
ſo iſt kein anderer Rath, als daß die wenigen
gruͤndlichen Gelehrten, welche die diplomati-
ſchen Beweiſe zu unterſuchen pflegen, dem
Verfaſſer eben ſo gut auf ſein Wort glauben
muͤſſen, als die vielen leichtſinnigen Leſer, die
die Urkunden doch nicht anſehen, wenn ſie
gleich den Geſchichtbuͤchern des breitern bey-
gefuͤgt ſind.

Da wir uͤbrigens eine wahre Geſchichte
zu erzaͤhlen haben, ſo muß man in derſelben
weder den hohen Flug der Einbildungskraft
ſuchen, den ein Gedicht haben muͤßte, noch
den kuͤnſtlich verwickelten Plan, den die Kunſt-
richter, von Theorie und Einſicht erfuͤllt,
den Romanen vorſchreiben. Alle Bege-

benhei-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface" n="1">
        <pb facs="#f0014"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Sollte auch die&#x017F;e Hofnung fehl &#x017F;chlagen,<lb/>
&#x017F;o wa&#x0364;re der Vor&#x017F;chlag zu thun, daß einmahl<lb/>
irgend eine Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften,<lb/>
einen <hi rendition="#fr">kriti&#x017F;chen Auszug</hi> daraus, in einigen<lb/>
Ba&#x0364;nden in Großoctav herausgebe, oder<lb/>
wenn auch hiezu alle Hofnung verlohren wa&#x0364;re,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t kein anderer Rath, als daß die wenigen<lb/>
gru&#x0364;ndlichen Gelehrten, welche die diplomati-<lb/>
&#x017F;chen Bewei&#x017F;e zu unter&#x017F;uchen pflegen, dem<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;er eben &#x017F;o gut auf &#x017F;ein Wort glauben<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, als die vielen leicht&#x017F;innigen Le&#x017F;er, die<lb/>
die Urkunden doch nicht an&#x017F;ehen, wenn &#x017F;ie<lb/>
gleich den Ge&#x017F;chichtbu&#x0364;chern des breitern bey-<lb/>
gefu&#x0364;gt &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Da wir u&#x0364;brigens eine wahre Ge&#x017F;chichte<lb/>
zu erza&#x0364;hlen haben, &#x017F;o muß man in der&#x017F;elben<lb/>
weder den hohen Flug der Einbildungskraft<lb/>
&#x017F;uchen, den ein Gedicht haben mu&#x0364;ßte, noch<lb/>
den ku&#x0364;n&#x017F;tlich verwickelten Plan, den die Kun&#x017F;t-<lb/>
richter, von Theorie und Ein&#x017F;icht erfu&#x0364;llt,<lb/>
den Romanen vor&#x017F;chreiben. Alle Bege-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">benhei-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0014] Sollte auch dieſe Hofnung fehl ſchlagen, ſo waͤre der Vorſchlag zu thun, daß einmahl irgend eine Geſellſchaft der Wiſſenſchafften, einen kritiſchen Auszug daraus, in einigen Baͤnden in Großoctav herausgebe, oder wenn auch hiezu alle Hofnung verlohren waͤre, ſo iſt kein anderer Rath, als daß die wenigen gruͤndlichen Gelehrten, welche die diplomati- ſchen Beweiſe zu unterſuchen pflegen, dem Verfaſſer eben ſo gut auf ſein Wort glauben muͤſſen, als die vielen leichtſinnigen Leſer, die die Urkunden doch nicht anſehen, wenn ſie gleich den Geſchichtbuͤchern des breitern bey- gefuͤgt ſind. Da wir uͤbrigens eine wahre Geſchichte zu erzaͤhlen haben, ſo muß man in derſelben weder den hohen Flug der Einbildungskraft ſuchen, den ein Gedicht haben muͤßte, noch den kuͤnſtlich verwickelten Plan, den die Kunſt- richter, von Theorie und Einſicht erfuͤllt, den Romanen vorſchreiben. Alle Bege- benhei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/14
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/14>, abgerufen am 21.11.2024.