Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite



sey, sprang er auf, und rief mit einem kräftigen
Schwur aus: "Wohl mir, daß ich den alten Schur-
"ken in meiner Gewalt habe! So lange ich in
"Feindes Land bin, habe ich noch keinen Menschen
"gepeinigt, aber Herr! den Bösewicht will ich peini-
"gen. Sein Sohn soll ewig Soldat bleiben, und
"den alten Bärenhäuter will ich krumm schließen lassen
"bis er alles Unrecht ersetzt, daß er einem so braven
"Mann wie Er, Herr Magister! gethan hat! Hier
rief er den Unterofficier herein: "Hör', sagte er, den
"Augenblick, arretire den fremden Superintendenten
"im blauen Hechte, der Kerl ist ein Spion, er ist -- "
Hier schloß ihm der Zorn den Mund. Der Unterof-
ficier, der einen Theil des Unrechts wußte, dessen
Stauzius schuldig war, strich sich den Bart, und
sagte lächelnd, daß er eben unten im Hause wäre, und
daß er ihn schon seit einer Stunde nicht aus den Au-
gen gelassen hätte. "Gut! so laß den Schurken gleich
"heraufkommen", rief der Major.

Sebaldus bat gehört zu werden, und ließ nicht
ab zu bitten, daß er den Superintendenten wenig-
stens nur itzt, in dieser Gemüthsverfassung, nicht sehen
möchte. Der Major ließ sich bewegen, und rief zur
Thür hinaus, der Gefangene solte warten.

Sebal-
K 2



ſey, ſprang er auf, und rief mit einem kraͤftigen
Schwur aus: „Wohl mir, daß ich den alten Schur-
„ken in meiner Gewalt habe! So lange ich in
„Feindes Land bin, habe ich noch keinen Menſchen
„gepeinigt, aber Herr! den Boͤſewicht will ich peini-
„gen. Sein Sohn ſoll ewig Soldat bleiben, und
„den alten Baͤrenhaͤuter will ich krumm ſchließen laſſen
„bis er alles Unrecht erſetzt, daß er einem ſo braven
„Mann wie Er, Herr Magiſter! gethan hat! Hier
rief er den Unterofficier herein: „Hoͤr’, ſagte er, den
„Augenblick, arretire den fremden Superintendenten
„im blauen Hechte, der Kerl iſt ein Spion, er iſt — ‟
Hier ſchloß ihm der Zorn den Mund. Der Unterof-
ficier, der einen Theil des Unrechts wußte, deſſen
Stauzius ſchuldig war, ſtrich ſich den Bart, und
ſagte laͤchelnd, daß er eben unten im Hauſe waͤre, und
daß er ihn ſchon ſeit einer Stunde nicht aus den Au-
gen gelaſſen haͤtte. „Gut! ſo laß den Schurken gleich
„heraufkommen‟, rief der Major.

Sebaldus bat gehoͤrt zu werden, und ließ nicht
ab zu bitten, daß er den Superintendenten wenig-
ſtens nur itzt, in dieſer Gemuͤthsverfaſſung, nicht ſehen
moͤchte. Der Major ließ ſich bewegen, und rief zur
Thuͤr hinaus, der Gefangene ſolte warten.

Sebal-
K 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0173" n="147"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;ey, &#x017F;prang er auf, und rief mit einem kra&#x0364;ftigen<lb/>
Schwur aus: &#x201E;Wohl mir, daß ich den alten Schur-<lb/>
&#x201E;ken in meiner Gewalt habe! So lange ich in<lb/>
&#x201E;Feindes Land bin, habe ich noch keinen Men&#x017F;chen<lb/>
&#x201E;gepeinigt, aber Herr! den Bo&#x0364;&#x017F;ewicht will ich peini-<lb/>
&#x201E;gen. Sein Sohn &#x017F;oll ewig Soldat bleiben, und<lb/>
&#x201E;den alten Ba&#x0364;renha&#x0364;uter will ich krumm &#x017F;chließen la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x201E;bis er alles Unrecht er&#x017F;etzt, daß er einem &#x017F;o braven<lb/>
&#x201E;Mann wie Er, Herr Magi&#x017F;ter! gethan hat! Hier<lb/>
rief er den Unterofficier herein: &#x201E;Ho&#x0364;r&#x2019;, &#x017F;agte er, den<lb/>
&#x201E;Augenblick, arretire den fremden Superintendenten<lb/>
&#x201E;im blauen Hechte, der Kerl i&#x017F;t ein Spion, er i&#x017F;t &#x2014; &#x201F;<lb/>
Hier &#x017F;chloß ihm der Zorn den Mund. Der Unterof-<lb/>
ficier, der einen Theil des Unrechts wußte, de&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#fr">Stauzius</hi> &#x017F;chuldig war, &#x017F;trich &#x017F;ich den Bart, und<lb/>
&#x017F;agte la&#x0364;chelnd, daß er eben unten im Hau&#x017F;e wa&#x0364;re, und<lb/>
daß er ihn &#x017F;chon &#x017F;eit einer Stunde nicht aus den Au-<lb/>
gen gela&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte. &#x201E;Gut! &#x017F;o laß den Schurken gleich<lb/>
&#x201E;heraufkommen&#x201F;, rief der Major.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Sebaldus</hi> bat geho&#x0364;rt zu werden, und ließ nicht<lb/>
ab zu bitten, daß er den Superintendenten wenig-<lb/>
&#x017F;tens nur itzt, in die&#x017F;er Gemu&#x0364;thsverfa&#x017F;&#x017F;ung, nicht &#x017F;ehen<lb/>
mo&#x0364;chte. Der Major ließ &#x017F;ich bewegen, und rief zur<lb/>
Thu&#x0364;r hinaus, der Gefangene &#x017F;olte warten.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">K 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Sebal-</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0173] ſey, ſprang er auf, und rief mit einem kraͤftigen Schwur aus: „Wohl mir, daß ich den alten Schur- „ken in meiner Gewalt habe! So lange ich in „Feindes Land bin, habe ich noch keinen Menſchen „gepeinigt, aber Herr! den Boͤſewicht will ich peini- „gen. Sein Sohn ſoll ewig Soldat bleiben, und „den alten Baͤrenhaͤuter will ich krumm ſchließen laſſen „bis er alles Unrecht erſetzt, daß er einem ſo braven „Mann wie Er, Herr Magiſter! gethan hat! Hier rief er den Unterofficier herein: „Hoͤr’, ſagte er, den „Augenblick, arretire den fremden Superintendenten „im blauen Hechte, der Kerl iſt ein Spion, er iſt — ‟ Hier ſchloß ihm der Zorn den Mund. Der Unterof- ficier, der einen Theil des Unrechts wußte, deſſen Stauzius ſchuldig war, ſtrich ſich den Bart, und ſagte laͤchelnd, daß er eben unten im Hauſe waͤre, und daß er ihn ſchon ſeit einer Stunde nicht aus den Au- gen gelaſſen haͤtte. „Gut! ſo laß den Schurken gleich „heraufkommen‟, rief der Major. Sebaldus bat gehoͤrt zu werden, und ließ nicht ab zu bitten, daß er den Superintendenten wenig- ſtens nur itzt, in dieſer Gemuͤthsverfaſſung, nicht ſehen moͤchte. Der Major ließ ſich bewegen, und rief zur Thuͤr hinaus, der Gefangene ſolte warten. Sebal- K 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/173
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/173>, abgerufen am 27.11.2024.