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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

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"seyn, sondern er soll seinen Sohn auch loshaben,
"wenn er tausend Thaler für ihn zahlt. --

Stauzius halb erfreut halb bestürzt stellte stam-
melnd vor, "daß eine so starke Summe nicht möglich
"wäre. --

"Herr! raisonnire er nicht. Der Kerl hat 11 Zoll,
"er soll 1000 Thaler geben, und zwar keine Bern-
"burger, oder sein Sohn soll Gassen laufen, und ihn
"will ich hinstecken lassen, wo ihn Sonne und Mond
"nicht bescheint, weil er ein Schurke ist, und dieser
"Herr Magister hier ein ehrlicher Mann ist, den er
"ums Amt gebracht hat, und raisonnire er kein Wort
"weiter.

Stauzius wuste sich vor Schrecken nicht zu fas-
sen, seine Frau hatte ihm eingebunden, ihr nicht eher
vor die Augen zu kommen, bis er ihren einzigen Sohn
mitbrächte, und der Präsident, der für den jungen
Menschen beständig eine beynahe väterliche Zärtlichkeit
hegte, hatte ihm zu dessen Befreyung eine ansehnli-
liche Summe in Golde mitgegeben, wodurch seinem
eigenen Geize die Ranzion sehr erleichtert ward. Er
bequemte sich also und zahlte in 77 Stück alten Louis-
doren, das Stück zu 13 Rthlr. gerechnet, das ganze
Lösegeld auf den Tisch.

Der
K 4



„ſeyn, ſondern er ſoll ſeinen Sohn auch loshaben,
„wenn er tauſend Thaler fuͤr ihn zahlt. —

Stauzius halb erfreut halb beſtuͤrzt ſtellte ſtam-
melnd vor, „daß eine ſo ſtarke Summe nicht moͤglich
„waͤre. —

„Herr! raiſonnire er nicht. Der Kerl hat 11 Zoll,
„er ſoll 1000 Thaler geben, und zwar keine Bern-
„burger, oder ſein Sohn ſoll Gaſſen laufen, und ihn
„will ich hinſtecken laſſen, wo ihn Sonne und Mond
„nicht beſcheint, weil er ein Schurke iſt, und dieſer
„Herr Magiſter hier ein ehrlicher Mann iſt, den er
„ums Amt gebracht hat, und raiſonnire er kein Wort
„weiter.

Stauzius wuſte ſich vor Schrecken nicht zu faſ-
ſen, ſeine Frau hatte ihm eingebunden, ihr nicht eher
vor die Augen zu kommen, bis er ihren einzigen Sohn
mitbraͤchte, und der Praͤſident, der fuͤr den jungen
Menſchen beſtaͤndig eine beynahe vaͤterliche Zaͤrtlichkeit
hegte, hatte ihm zu deſſen Befreyung eine anſehnli-
liche Summe in Golde mitgegeben, wodurch ſeinem
eigenen Geize die Ranzion ſehr erleichtert ward. Er
bequemte ſich alſo und zahlte in 77 Stuͤck alten Louis-
doren, das Stuͤck zu 13 Rthlr. gerechnet, das ganze
Loͤſegeld auf den Tiſch.

Der
K 4
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[151/0177] „ſeyn, ſondern er ſoll ſeinen Sohn auch loshaben, „wenn er tauſend Thaler fuͤr ihn zahlt. — Stauzius halb erfreut halb beſtuͤrzt ſtellte ſtam- melnd vor, „daß eine ſo ſtarke Summe nicht moͤglich „waͤre. — „Herr! raiſonnire er nicht. Der Kerl hat 11 Zoll, „er ſoll 1000 Thaler geben, und zwar keine Bern- „burger, oder ſein Sohn ſoll Gaſſen laufen, und ihn „will ich hinſtecken laſſen, wo ihn Sonne und Mond „nicht beſcheint, weil er ein Schurke iſt, und dieſer „Herr Magiſter hier ein ehrlicher Mann iſt, den er „ums Amt gebracht hat, und raiſonnire er kein Wort „weiter. Stauzius wuſte ſich vor Schrecken nicht zu faſ- ſen, ſeine Frau hatte ihm eingebunden, ihr nicht eher vor die Augen zu kommen, bis er ihren einzigen Sohn mitbraͤchte, und der Praͤſident, der fuͤr den jungen Menſchen beſtaͤndig eine beynahe vaͤterliche Zaͤrtlichkeit hegte, hatte ihm zu deſſen Befreyung eine anſehnli- liche Summe in Golde mitgegeben, wodurch ſeinem eigenen Geize die Ranzion ſehr erleichtert ward. Er bequemte ſich alſo und zahlte in 77 Stuͤck alten Louis- doren, das Stuͤck zu 13 Rthlr. gerechnet, das ganze Loͤſegeld auf den Tiſch. Der K 4

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/177>, abgerufen am 27.11.2024.