Er befragte den Major über diesen Vorschlag, und wunderte sich nicht wenig, daß dieser gar nicht dazu stimmen wollte. Da er die Ehrlichkeit aller Menschen nach seiner eignen beurtheilte, so konnte er sich gar nicht darin finden, daß der Major so viel Argwohn gegen die Aufrichtigkeit des Stauzius merken ließ. Er hielt dies für ein allzuweit getriebenes Mißtrauen, und befestigte sich immer mehr in seinem Vorhaben, durch eine Landpredigerstelle in seiner Vaterstadt Ruhe zu suchen.
Als der Major sahe, daß sein Entschluß, der Ein- ladung des Stauzius zu folgen, fest gefasset war, so wolte er ihm nicht ferner hinderlich seyn. Er ließ den alten Stauzius zu sich kommen, und band ihn aufs allerernstlichste ein, sein Versprechen zu halten. Er benachrichtigte ihn, daß er dem Sebaldus an den Obersten, der die Truppen commandirte, die die fürstl. Residenz besetzt hlelten, einen Brief mitgegeben hätte; daß er diesen Officier, der sein vertrauter Freund sey, bäte, den Sebaldus zu beschützen, und jeden, der sich unterstehen würde, ihn zu verfolgen, auf das empfindlichste zu bestrafen. Stauzius versprach mehr, als er vorher versprochen hatte, und versicherte noch mehr zu leisten.
Als
Er befragte den Major uͤber dieſen Vorſchlag, und wunderte ſich nicht wenig, daß dieſer gar nicht dazu ſtimmen wollte. Da er die Ehrlichkeit aller Menſchen nach ſeiner eignen beurtheilte, ſo konnte er ſich gar nicht darin finden, daß der Major ſo viel Argwohn gegen die Aufrichtigkeit des Stauzius merken ließ. Er hielt dies fuͤr ein allzuweit getriebenes Mißtrauen, und befeſtigte ſich immer mehr in ſeinem Vorhaben, durch eine Landpredigerſtelle in ſeiner Vaterſtadt Ruhe zu ſuchen.
Als der Major ſahe, daß ſein Entſchluß, der Ein- ladung des Stauzius zu folgen, feſt gefaſſet war, ſo wolte er ihm nicht ferner hinderlich ſeyn. Er ließ den alten Stauzius zu ſich kommen, und band ihn aufs allerernſtlichſte ein, ſein Verſprechen zu halten. Er benachrichtigte ihn, daß er dem Sebaldus an den Oberſten, der die Truppen commandirte, die die fuͤrſtl. Reſidenz beſetzt hlelten, einen Brief mitgegeben haͤtte; daß er dieſen Officier, der ſein vertrauter Freund ſey, baͤte, den Sebaldus zu beſchuͤtzen, und jeden, der ſich unterſtehen wuͤrde, ihn zu verfolgen, auf das empfindlichſte zu beſtrafen. Stauzius verſprach mehr, als er vorher verſprochen hatte, und verſicherte noch mehr zu leiſten.
Als
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Er befragte den Major uͤber dieſen Vorſchlag, und
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nach ſeiner eignen beurtheilte, ſo konnte er ſich gar
nicht darin finden, daß der Major ſo viel Argwohn
gegen die Aufrichtigkeit des Stauzius merken ließ.
Er hielt dies fuͤr ein allzuweit getriebenes Mißtrauen,
und befeſtigte ſich immer mehr in ſeinem Vorhaben,
durch eine Landpredigerſtelle in ſeiner Vaterſtadt Ruhe
zu ſuchen.
Als der Major ſahe, daß ſein Entſchluß, der Ein-
ladung des Stauzius zu folgen, feſt gefaſſet war, ſo
wolte er ihm nicht ferner hinderlich ſeyn. Er ließ den
alten Stauzius zu ſich kommen, und band ihn aufs
allerernſtlichſte ein, ſein Verſprechen zu halten. Er
benachrichtigte ihn, daß er dem Sebaldus an den
Oberſten, der die Truppen commandirte, die die fuͤrſtl.
Reſidenz beſetzt hlelten, einen Brief mitgegeben haͤtte;
daß er dieſen Officier, der ſein vertrauter Freund
ſey, baͤte, den Sebaldus zu beſchuͤtzen, und jeden,
der ſich unterſtehen wuͤrde, ihn zu verfolgen, auf das
empfindlichſte zu beſtrafen. Stauzius verſprach mehr,
als er vorher verſprochen hatte, und verſicherte noch
mehr zu leiſten.
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/181>, abgerufen am 17.02.2025.
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