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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

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Amte erzogen haben, und solte es auch nur eine Fähn-
richsstelle gewesen seyn; da sie aber bloß Töchter hatte,
so ging sie damit um, ihnen eine so galante Erziehung
zu geben, daß sie Hofdamen werden und durch ihr
Vermögen und ihre Reize, Grafen, Minister oder Ge-
nerale fesseln könnten; durch welche vortheilhafte Ver-
mählungen sie noch hofte am Hofe und vielleicht
im ganzen Lande in großes Ansehen zu kommen. Die
größte Glückseligkeit, die sie sich in ihrer Einbildung
vorstellen konnte!

Mariane war das Werkzeug, durch welches die
beiden jungen Fräulein solten zu so wichtigen Absichten
geschickt gemacht werden. Hiezu war es nöthig, daß sie
mit fertigen Lippen von nichts und über nichts französisch
plappern könnten; daß sie alle Vortheile des Putzes, ih-
rem Körper gemäß, so zu gebrauchen wüsten, damit er,
es sey im nachläßigen Nachtkleide, oder in der sittsamen
Roberonde, oder in der prächtigen Galarobe mit aus-
gespreitetem Panier und schwimmender Schleppe,
Augen und Herzen der Cavaliere an sich ziehen müßte;
daß sie den Verstand hauptsächlich zu der wichtigen
Untersuchung gebrauchten, ob die eroberten Herzen
behalten, oder ob sie, nachdem damit eine Zeitlang
wie mit einem Ball gespielet worden, in den Win-
kel geworfen werden solten. Sobald sie dies verstanden,

so



Amte erzogen haben, und ſolte es auch nur eine Faͤhn-
richsſtelle geweſen ſeyn; da ſie aber bloß Toͤchter hatte,
ſo ging ſie damit um, ihnen eine ſo galante Erziehung
zu geben, daß ſie Hofdamen werden und durch ihr
Vermoͤgen und ihre Reize, Grafen, Miniſter oder Ge-
nerale feſſeln koͤnnten; durch welche vortheilhafte Ver-
maͤhlungen ſie noch hofte am Hofe und vielleicht
im ganzen Lande in großes Anſehen zu kommen. Die
groͤßte Gluͤckſeligkeit, die ſie ſich in ihrer Einbildung
vorſtellen konnte!

Mariane war das Werkzeug, durch welches die
beiden jungen Fraͤulein ſolten zu ſo wichtigen Abſichten
geſchickt gemacht werden. Hiezu war es noͤthig, daß ſie
mit fertigen Lippen von nichts und uͤber nichts franzoͤſiſch
plappern koͤnnten; daß ſie alle Vortheile des Putzes, ih-
rem Koͤrper gemaͤß, ſo zu gebrauchen wuͤſten, damit er,
es ſey im nachlaͤßigen Nachtkleide, oder in der ſittſamen
Roberonde, oder in der praͤchtigen Galarobe mit aus-
geſpreitetem Panier und ſchwimmender Schleppe,
Augen und Herzen der Cavaliere an ſich ziehen muͤßte;
daß ſie den Verſtand hauptſaͤchlich zu der wichtigen
Unterſuchung gebrauchten, ob die eroberten Herzen
behalten, oder ob ſie, nachdem damit eine Zeitlang
wie mit einem Ball geſpielet worden, in den Win-
kel geworfen werden ſolten. Sobald ſie dies verſtanden,

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[175/0201] Amte erzogen haben, und ſolte es auch nur eine Faͤhn- richsſtelle geweſen ſeyn; da ſie aber bloß Toͤchter hatte, ſo ging ſie damit um, ihnen eine ſo galante Erziehung zu geben, daß ſie Hofdamen werden und durch ihr Vermoͤgen und ihre Reize, Grafen, Miniſter oder Ge- nerale feſſeln koͤnnten; durch welche vortheilhafte Ver- maͤhlungen ſie noch hofte am Hofe und vielleicht im ganzen Lande in großes Anſehen zu kommen. Die groͤßte Gluͤckſeligkeit, die ſie ſich in ihrer Einbildung vorſtellen konnte! Mariane war das Werkzeug, durch welches die beiden jungen Fraͤulein ſolten zu ſo wichtigen Abſichten geſchickt gemacht werden. Hiezu war es noͤthig, daß ſie mit fertigen Lippen von nichts und uͤber nichts franzoͤſiſch plappern koͤnnten; daß ſie alle Vortheile des Putzes, ih- rem Koͤrper gemaͤß, ſo zu gebrauchen wuͤſten, damit er, es ſey im nachlaͤßigen Nachtkleide, oder in der ſittſamen Roberonde, oder in der praͤchtigen Galarobe mit aus- geſpreitetem Panier und ſchwimmender Schleppe, Augen und Herzen der Cavaliere an ſich ziehen muͤßte; daß ſie den Verſtand hauptſaͤchlich zu der wichtigen Unterſuchung gebrauchten, ob die eroberten Herzen behalten, oder ob ſie, nachdem damit eine Zeitlang wie mit einem Ball geſpielet worden, in den Win- kel geworfen werden ſolten. Sobald ſie dies verſtanden, ſo

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/201>, abgerufen am 21.11.2024.