wollte sogleich eine höfliche Entschuldigung stammeln, aber der Major trat gerade vor ihn, und sprach mit ge- runzelter Stirn:
,Herr! sind Sie ein Edelmann?
,Jch dächte, war die Antwort, ich könnte mich in "ein hohes Stift aufnehmen lassen, wenn ich wollte. "Aber um Vergebung, wozu diese Frage, die mich be- "fremden könnte?'
,Wozu? weil ich dächte, daß ein Edelmann auch "ein ehrlicher Mann seyn müßte, ehe er ein Edel- "mann seyn kann.' --
,Wie so? -- Mein Herr! Sie kommen in meine "eigene Wohnung, mich zu beleidigen, geben sie wohl "Acht, --
,Herr, die Wahrheit ist gut zu sagen, wo es auch "ist. Sie haben, Herr! eines ehrlichen Mannes Toch- "ter verführt, und haben noch dazu den Vater gröb- "lich beleidigt, das thut kein Mann der Ehre im Leibe "hat, und das haben Sie gethan.'
,Herr Major, wenn ich nicht für Jhr Alter Ach- "tung hätte, -- so würde ich ... Aber parbleu ich weiß "auch noch nicht, was Sie von mir eigentlich wol- "len. Meinen Sie etwa den Kerl, der eben hier "war? der geht mich gar nichts an. Mein Homme "de Chambre hat mit seiner Tochter was zu thun ge-
habt,
wollte ſogleich eine hoͤfliche Entſchuldigung ſtammeln, aber der Major trat gerade vor ihn, und ſprach mit ge- runzelter Stirn:
‚Herr! ſind Sie ein Edelmann?
‚Jch daͤchte, war die Antwort, ich koͤnnte mich in ”ein hohes Stift aufnehmen laſſen, wenn ich wollte. ”Aber um Vergebung, wozu dieſe Frage, die mich be- ”fremden koͤnnte?‛
‚Wozu? weil ich daͤchte, daß ein Edelmann auch ”ein ehrlicher Mann ſeyn muͤßte, ehe er ein Edel- ”mann ſeyn kann.‛ —
‚Wie ſo? — Mein Herr! Sie kommen in meine ”eigene Wohnung, mich zu beleidigen, geben ſie wohl ”Acht, —
‚Herr, die Wahrheit iſt gut zu ſagen, wo es auch ”iſt. Sie haben, Herr! eines ehrlichen Mannes Toch- ”ter verfuͤhrt, und haben noch dazu den Vater groͤb- ”lich beleidigt, das thut kein Mann der Ehre im Leibe ”hat, und das haben Sie gethan.‛
‚Herr Major, wenn ich nicht fuͤr Jhr Alter Ach- ”tung haͤtte, — ſo wuͤrde ich … Aber parbleu ich weiß ”auch noch nicht, was Sie von mir eigentlich wol- ”len. Meinen Sie etwa den Kerl, der eben hier ”war? der geht mich gar nichts an. Mein Homme ”de Chambre hat mit ſeiner Tochter was zu thun ge-
habt,
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wollte ſogleich eine hoͤfliche Entſchuldigung ſtammeln,
aber der Major trat gerade vor ihn, und ſprach mit ge-
runzelter Stirn:
‚Herr! ſind Sie ein Edelmann?
‚Jch daͤchte, war die Antwort, ich koͤnnte mich in
”ein hohes Stift aufnehmen laſſen, wenn ich wollte.
”Aber um Vergebung, wozu dieſe Frage, die mich be-
”fremden koͤnnte?‛
‚Wozu? weil ich daͤchte, daß ein Edelmann auch
”ein ehrlicher Mann ſeyn muͤßte, ehe er ein Edel-
”mann ſeyn kann.‛ —
‚Wie ſo? — Mein Herr! Sie kommen in meine
”eigene Wohnung, mich zu beleidigen, geben ſie wohl
”Acht, —
‚Herr, die Wahrheit iſt gut zu ſagen, wo es auch
”iſt. Sie haben, Herr! eines ehrlichen Mannes Toch-
”ter verfuͤhrt, und haben noch dazu den Vater groͤb-
”lich beleidigt, das thut kein Mann der Ehre im Leibe
”hat, und das haben Sie gethan.‛
‚Herr Major, wenn ich nicht fuͤr Jhr Alter Ach-
”tung haͤtte, — ſo wuͤrde ich … Aber parbleu ich weiß
”auch noch nicht, was Sie von mir eigentlich wol-
”len. Meinen Sie etwa den Kerl, der eben hier
”war? der geht mich gar nichts an. Mein Homme
”de Chambre hat mit ſeiner Tochter was zu thun ge-
habt,
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/116>, abgerufen am 16.02.2025.
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