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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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Vierter Abschnitt.

Nachdem Rambold auf diese Art seinen Plan so
simpel als künstlich angelegt hatte, erwartete er
ruhig den erwünschten Erfolg, den er als unausbleib-
lich ansahe, sehr zufrieden mit seiner schlauen Erfin-
dung. Hingegen die übrigen Personen wurden,
durch die Lage, in der sie waren, unvermerkt immer un-
ruhiger, unzufriedner und unwilliger gegen einander.

Marianen mißfiel es, daß ihr der Oberste bestän-
dig nachfolgte, und fortfuhr, sie mit vieler Drei-
stigkeit seiner Liebe zu versichern, ob er gleich sehr
trocken und frostig abgewiesen wurde. Nicht weni-
ger unzufrieden war sie mit Säuglingen, den sie
im Verdacht hatte, daß er das Fräulein heimlich
liebte, und weder seine Brieschen, darauf sie nie ant-
wortete, noch seine Verschen, von denen sie arg-
wohnte, daß sie mehr aus der Phantasie, als aus dem
Herzen herrührten, konnten sie zufrieden stellen.

Das Fräulein war äußerst darüber erbittert, daß
alle ihre Versuche, ihre beiden Liebhaber wieder zu sich
zurück zu bringen, fruchtlos waren. Weil sie, aus
Politik, ihren Zorn nicht ganz auslassen durfte, so
blieb ihr nichts, als der armselige Behelf, die arme
Mariane, bey aller Gelegenheit, das Uebergewicht

fühlen


Vierter Abſchnitt.

Nachdem Rambold auf dieſe Art ſeinen Plan ſo
ſimpel als kuͤnſtlich angelegt hatte, erwartete er
ruhig den erwuͤnſchten Erfolg, den er als unausbleib-
lich anſahe, ſehr zufrieden mit ſeiner ſchlauen Erfin-
dung. Hingegen die uͤbrigen Perſonen wurden,
durch die Lage, in der ſie waren, unvermerkt immer un-
ruhiger, unzufriedner und unwilliger gegen einander.

Marianen mißfiel es, daß ihr der Oberſte beſtaͤn-
dig nachfolgte, und fortfuhr, ſie mit vieler Drei-
ſtigkeit ſeiner Liebe zu verſichern, ob er gleich ſehr
trocken und froſtig abgewieſen wurde. Nicht weni-
ger unzufrieden war ſie mit Saͤuglingen, den ſie
im Verdacht hatte, daß er das Fraͤulein heimlich
liebte, und weder ſeine Brieſchen, darauf ſie nie ant-
wortete, noch ſeine Verschen, von denen ſie arg-
wohnte, daß ſie mehr aus der Phantaſie, als aus dem
Herzen herruͤhrten, konnten ſie zufrieden ſtellen.

Das Fraͤulein war aͤußerſt daruͤber erbittert, daß
alle ihre Verſuche, ihre beiden Liebhaber wieder zu ſich
zuruͤck zu bringen, fruchtlos waren. Weil ſie, aus
Politik, ihren Zorn nicht ganz auslaſſen durfte, ſo
blieb ihr nichts, als der armſelige Behelf, die arme
Mariane, bey aller Gelegenheit, das Uebergewicht

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[167/0177] Vierter Abſchnitt. Nachdem Rambold auf dieſe Art ſeinen Plan ſo ſimpel als kuͤnſtlich angelegt hatte, erwartete er ruhig den erwuͤnſchten Erfolg, den er als unausbleib- lich anſahe, ſehr zufrieden mit ſeiner ſchlauen Erfin- dung. Hingegen die uͤbrigen Perſonen wurden, durch die Lage, in der ſie waren, unvermerkt immer un- ruhiger, unzufriedner und unwilliger gegen einander. Marianen mißfiel es, daß ihr der Oberſte beſtaͤn- dig nachfolgte, und fortfuhr, ſie mit vieler Drei- ſtigkeit ſeiner Liebe zu verſichern, ob er gleich ſehr trocken und froſtig abgewieſen wurde. Nicht weni- ger unzufrieden war ſie mit Saͤuglingen, den ſie im Verdacht hatte, daß er das Fraͤulein heimlich liebte, und weder ſeine Brieſchen, darauf ſie nie ant- wortete, noch ſeine Verschen, von denen ſie arg- wohnte, daß ſie mehr aus der Phantaſie, als aus dem Herzen herruͤhrten, konnten ſie zufrieden ſtellen. Das Fraͤulein war aͤußerſt daruͤber erbittert, daß alle ihre Verſuche, ihre beiden Liebhaber wieder zu ſich zuruͤck zu bringen, fruchtlos waren. Weil ſie, aus Politik, ihren Zorn nicht ganz auslaſſen durfte, ſo blieb ihr nichts, als der armſelige Behelf, die arme Mariane, bey aller Gelegenheit, das Uebergewicht fuͤhlen

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/177>, abgerufen am 21.11.2024.