"hafte Juden und Heiden nicht geradezu verdam- "men.' Er Suursnutenius aber, wolle, weils gar zu arg seyn würde, der Christlichen Liebe gemäß, glau- ben, der Schulmeister könne auch hierinn wohl falsch gehört haben.
Die Gesellschaft gieng auseinander. Aber diese Nachricht wurde, wie gewöhnlich, den folgenden Sonntag von Ehrn Pypsnövenius dem Kirchen- probste D. Puddewustius, wieder erzählt. D. Pud- dewustius schüttelte ziemlich den Kopf, fragte noch- mals nach den Umständen, und schüttelte wieder. Er stieß manches Hum und Hem aus, legte zwey oder dreymal den linken Zeigefinger an die Nase, und, nach reifer Ueberlegung, entschloß er sich, bey dem Archidiakonus Ehrn Mackligius nähere Anfrage zu thun.
Um bey der nähern Untersuchung dieser wichtigen Angelegenheit destoweniger Aufsehen zu machen, be- suchte der Probst und der Diakon den Archidiakon den Montag nach Tische, als ob es nur von unge- fähr im Vorbeygehen geschehe. Sie fanden ihn im Garten, im Kamisole, eine alte Nachtmütze auf dem Kopfe, und eine Schürze vorgebunden, die Spa- te in der Hand, beschäfftigt, den vorher auf ein Salatfeld ausgebreiteten Dünger, unterzugraben.
Bey
”hafte Juden und Heiden nicht geradezu verdam- ”men.‛ Er Suurſnutenius aber, wolle, weils gar zu arg ſeyn wuͤrde, der Chriſtlichen Liebe gemaͤß, glau- ben, der Schulmeiſter koͤnne auch hierinn wohl falſch gehoͤrt haben.
Die Geſellſchaft gieng auseinander. Aber dieſe Nachricht wurde, wie gewoͤhnlich, den folgenden Sonntag von Ehrn Pypſnoͤvenius dem Kirchen- probſte D. Puddewuſtius, wieder erzaͤhlt. D. Pud- dewuſtius ſchuͤttelte ziemlich den Kopf, fragte noch- mals nach den Umſtaͤnden, und ſchuͤttelte wieder. Er ſtieß manches Hum und Hem aus, legte zwey oder dreymal den linken Zeigefinger an die Naſe, und, nach reifer Ueberlegung, entſchloß er ſich, bey dem Archidiakonus Ehrn Mackligius naͤhere Anfrage zu thun.
Um bey der naͤhern Unterſuchung dieſer wichtigen Angelegenheit deſtoweniger Aufſehen zu machen, be- ſuchte der Probſt und der Diakon den Archidiakon den Montag nach Tiſche, als ob es nur von unge- faͤhr im Vorbeygehen geſchehe. Sie fanden ihn im Garten, im Kamiſole, eine alte Nachtmuͤtze auf dem Kopfe, und eine Schuͤrze vorgebunden, die Spa- te in der Hand, beſchaͤfftigt, den vorher auf ein Salatfeld ausgebreiteten Duͤnger, unterzugraben.
Bey
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”hafte Juden und Heiden nicht geradezu verdam-
”men.‛ Er Suurſnutenius aber, wolle, weils gar
zu arg ſeyn wuͤrde, der Chriſtlichen Liebe gemaͤß, glau-
ben, der Schulmeiſter koͤnne auch hierinn wohl falſch
gehoͤrt haben.
Die Geſellſchaft gieng auseinander. Aber dieſe
Nachricht wurde, wie gewoͤhnlich, den folgenden
Sonntag von Ehrn Pypſnoͤvenius dem Kirchen-
probſte D. Puddewuſtius, wieder erzaͤhlt. D. Pud-
dewuſtius ſchuͤttelte ziemlich den Kopf, fragte noch-
mals nach den Umſtaͤnden, und ſchuͤttelte wieder. Er
ſtieß manches Hum und Hem aus, legte zwey oder
dreymal den linken Zeigefinger an die Naſe, und,
nach reifer Ueberlegung, entſchloß er ſich, bey dem
Archidiakonus Ehrn Mackligius naͤhere Anfrage zu
thun.
Um bey der naͤhern Unterſuchung dieſer wichtigen
Angelegenheit deſtoweniger Aufſehen zu machen, be-
ſuchte der Probſt und der Diakon den Archidiakon
den Montag nach Tiſche, als ob es nur von unge-
faͤhr im Vorbeygehen geſchehe. Sie fanden ihn im
Garten, im Kamiſole, eine alte Nachtmuͤtze auf dem
Kopfe, und eine Schuͤrze vorgebunden, die Spa-
te in der Hand, beſchaͤfftigt, den vorher auf ein
Salatfeld ausgebreiteten Duͤnger, unterzugraben.
Bey
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/240>, abgerufen am 16.02.2025.
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