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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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Vierter Abschnitt.

Jndeß war der Gottesdienst geendigt. Alle Zuhö-
rer verließen die Kirche, und Sebaldus mit
ihnen. Nun fiel ihm wieder ein, daß er nicht wußte,
wohin er gehen sollte, indem er in seiner Tasche kei-
nen Pfennig hatte, und in dieser weitläuftigen Stadt
gänzlich unbekannt war. Er fieng an, darüber ver-
schiedene traurige Betrachtungen zu machen.

Jndem er damit beschäfftigt war, gieng der Kan-
didat vor ihm vorüber, welcher gepredigt hatte Sein
volles und rundes Gesicht, auf welchem die frühe Ju-
gend blühte, war in eine weißgepuderte, in sanften
Locken wallende Perücke gehüllet, die auf beiden
Schultern sanft auffiel, und sich bis gegen die Mitte
des Rückens in lang gezogenen Ringen kräuselte.
Er sahe, mit einer süßen selbstgefälligen Miene, im-
mer gerade vor sich hin, und dankte, mit langsamem
Kopfneigen, rechts und links den gemeinen Leuten,
die seinen steifgestärkten Kragen, und den auf seinem
Rücken schwimmenden Mantel grüßten, den er zu-
weilen mit der linken Hand zierlich aufnahm, indeß
er mit dem in der rechten Hand habenden Hute, den
Layen, für ihren Gruß, eine Art von Segen zu er-
theilen schien.

Er


Vierter Abſchnitt.

Jndeß war der Gottesdienſt geendigt. Alle Zuhoͤ-
rer verließen die Kirche, und Sebaldus mit
ihnen. Nun fiel ihm wieder ein, daß er nicht wußte,
wohin er gehen ſollte, indem er in ſeiner Taſche kei-
nen Pfennig hatte, und in dieſer weitlaͤuftigen Stadt
gaͤnzlich unbekannt war. Er fieng an, daruͤber ver-
ſchiedene traurige Betrachtungen zu machen.

Jndem er damit beſchaͤfftigt war, gieng der Kan-
didat vor ihm voruͤber, welcher gepredigt hatte Sein
volles und rundes Geſicht, auf welchem die fruͤhe Ju-
gend bluͤhte, war in eine weißgepuderte, in ſanften
Locken wallende Peruͤcke gehuͤllet, die auf beiden
Schultern ſanft auffiel, und ſich bis gegen die Mitte
des Ruͤckens in lang gezogenen Ringen kraͤuſelte.
Er ſahe, mit einer ſuͤßen ſelbſtgefaͤlligen Miene, im-
mer gerade vor ſich hin, und dankte, mit langſamem
Kopfneigen, rechts und links den gemeinen Leuten,
die ſeinen ſteifgeſtaͤrkten Kragen, und den auf ſeinem
Ruͤcken ſchwimmenden Mantel gruͤßten, den er zu-
weilen mit der linken Hand zierlich aufnahm, indeß
er mit dem in der rechten Hand habenden Hute, den
Layen, fuͤr ihren Gruß, eine Art von Segen zu er-
theilen ſchien.

Er
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[32/0038] Vierter Abſchnitt. Jndeß war der Gottesdienſt geendigt. Alle Zuhoͤ- rer verließen die Kirche, und Sebaldus mit ihnen. Nun fiel ihm wieder ein, daß er nicht wußte, wohin er gehen ſollte, indem er in ſeiner Taſche kei- nen Pfennig hatte, und in dieſer weitlaͤuftigen Stadt gaͤnzlich unbekannt war. Er fieng an, daruͤber ver- ſchiedene traurige Betrachtungen zu machen. Jndem er damit beſchaͤfftigt war, gieng der Kan- didat vor ihm voruͤber, welcher gepredigt hatte Sein volles und rundes Geſicht, auf welchem die fruͤhe Ju- gend bluͤhte, war in eine weißgepuderte, in ſanften Locken wallende Peruͤcke gehuͤllet, die auf beiden Schultern ſanft auffiel, und ſich bis gegen die Mitte des Ruͤckens in lang gezogenen Ringen kraͤuſelte. Er ſahe, mit einer ſuͤßen ſelbſtgefaͤlligen Miene, im- mer gerade vor ſich hin, und dankte, mit langſamem Kopfneigen, rechts und links den gemeinen Leuten, die ſeinen ſteifgeſtaͤrkten Kragen, und den auf ſeinem Ruͤcken ſchwimmenden Mantel gruͤßten, den er zu- weilen mit der linken Hand zierlich aufnahm, indeß er mit dem in der rechten Hand habenden Hute, den Layen, fuͤr ihren Gruß, eine Art von Segen zu er- theilen ſchien. Er

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/38>, abgerufen am 21.11.2024.