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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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"gab sie ihnen selbst an die Hand, durch einige Ab-
"handlungen ohne meinen Namen, die ich in ein
"Wochenblatt einrücken ließ. Mein Superintendent
"entdeckte bald, daß weder die Rechtfertigung, noch
"die Wiedergeburt, noch die Erbsünde, noch der thä-
"tige Gehorsam, noch die Homoousie, an der Stelle
"standen, wohin er sie gesetzt wissen wollte, Jch
"wurde vor eine meinetwegen niedergesetzte Kom-
"mission citirt. Man begegnete mir im voraus
"als einem teuflischen Ketzer, man verlangte Erklä-
"rung, mit Ja, oder Nein, ob ich den symbolischen
"Büchern, quia, beyfiele, oder nicht? Jch verthei-
"digte mich, und brachte die Kommissarien noch mehr
"in Harnisch; denn sie hatten einen bloßen Widerruf
"und Abbitte von mir erwartet. Kurz, meine Ab-
"setzung war unwiderruflich beschlossen, und ich hätte
"vielleicht mein Leben, als ein Uebelthäter, in einem
"Kerker endigen, oder mein Brodt erbetteln müssen,
"wenn nicht mein edelmüthiger Freund, der junge
"Officier, sich abermals meiner angenommen, und
"mir eine Hofmeisterstelle bey einem jungen Reichs-
"grafen verschafft hätte. Jch bin mit meinem Gra-
"fen durch ganz Europa gereiset. Jch habe gesehen,
"daß allenthalben Aberglauben und Priestergewalt
"sich der Erleuchtung des menschlichen Geschlechts

"mit



”gab ſie ihnen ſelbſt an die Hand, durch einige Ab-
”handlungen ohne meinen Namen, die ich in ein
”Wochenblatt einruͤcken ließ. Mein Superintendent
”entdeckte bald, daß weder die Rechtfertigung, noch
”die Wiedergeburt, noch die Erbſuͤnde, noch der thaͤ-
”tige Gehorſam, noch die Homoouſie, an der Stelle
”ſtanden, wohin er ſie geſetzt wiſſen wollte, Jch
”wurde vor eine meinetwegen niedergeſetzte Kom-
”miſſion citirt. Man begegnete mir im voraus
”als einem teufliſchen Ketzer, man verlangte Erklaͤ-
”rung, mit Ja, oder Nein, ob ich den ſymboliſchen
”Buͤchern, quia, beyfiele, oder nicht? Jch verthei-
”digte mich, und brachte die Kommiſſarien noch mehr
”in Harniſch; denn ſie hatten einen bloßen Widerruf
”und Abbitte von mir erwartet. Kurz, meine Ab-
”ſetzung war unwiderruflich beſchloſſen, und ich haͤtte
”vielleicht mein Leben, als ein Uebelthaͤter, in einem
”Kerker endigen, oder mein Brodt erbetteln muͤſſen,
”wenn nicht mein edelmuͤthiger Freund, der junge
”Officier, ſich abermals meiner angenommen, und
”mir eine Hofmeiſterſtelle bey einem jungen Reichs-
”grafen verſchafft haͤtte. Jch bin mit meinem Gra-
”fen durch ganz Europa gereiſet. Jch habe geſehen,
”daß allenthalben Aberglauben und Prieſtergewalt
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[70/0076] ”gab ſie ihnen ſelbſt an die Hand, durch einige Ab- ”handlungen ohne meinen Namen, die ich in ein ”Wochenblatt einruͤcken ließ. Mein Superintendent ”entdeckte bald, daß weder die Rechtfertigung, noch ”die Wiedergeburt, noch die Erbſuͤnde, noch der thaͤ- ”tige Gehorſam, noch die Homoouſie, an der Stelle ”ſtanden, wohin er ſie geſetzt wiſſen wollte, Jch ”wurde vor eine meinetwegen niedergeſetzte Kom- ”miſſion citirt. Man begegnete mir im voraus ”als einem teufliſchen Ketzer, man verlangte Erklaͤ- ”rung, mit Ja, oder Nein, ob ich den ſymboliſchen ”Buͤchern, quia, beyfiele, oder nicht? Jch verthei- ”digte mich, und brachte die Kommiſſarien noch mehr ”in Harniſch; denn ſie hatten einen bloßen Widerruf ”und Abbitte von mir erwartet. Kurz, meine Ab- ”ſetzung war unwiderruflich beſchloſſen, und ich haͤtte ”vielleicht mein Leben, als ein Uebelthaͤter, in einem ”Kerker endigen, oder mein Brodt erbetteln muͤſſen, ”wenn nicht mein edelmuͤthiger Freund, der junge ”Officier, ſich abermals meiner angenommen, und ”mir eine Hofmeiſterſtelle bey einem jungen Reichs- ”grafen verſchafft haͤtte. Jch bin mit meinem Gra- ”fen durch ganz Europa gereiſet. Jch habe geſehen, ”daß allenthalben Aberglauben und Prieſtergewalt ”ſich der Erleuchtung des menſchlichen Geſchlechts ”mit

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/76>, abgerufen am 21.11.2024.