Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.so gut als jemand, doch war er eben nicht geizig, ob er gleich auch nichts vom Verschwenden hielt. So bald der Krieg zu Ende zu gehen schien, und er die Möglichkeit sahe, daß ein Lieferant Schaden haben könnte, entsagte er allen fernern Unternehmungen, und kaufte dieses Rittergut, wo er nunmehr seine große Reichthümer genießen wollte. Er fand aber, daß dieß, mit einem Geiste ohne Kenntnisse und ohne Thätigkeit, schwerer ist, als er wohl anfänglich mochte gedacht haben. Er fieng an zu bauen, aber er ward sehr bald fertig, mit einem Hause, das schon größer war als er es brauchte. Es fanden sich zu ihm bald Kunstkenner, fleißige betriebsame Per- sonen, welche, ausdrücklich für reiche Leute die keine Kenntnisse haben, Gemälde der größten Meister aus Werken der Stümper und Lehrlinge verferti- gen laßen, und sie durch verdorbenen Firniß und ver- schossenes Kolorit, meisterhafter Weise zu erheben wissen. Diese verfehlten aber gänzlich ihres Zweckes bey ihm, weil sie ihm den ersten, bey allen reichen Kunstliebhabern nöthigen Schritt, nicht abgewinnen konnten, nämlich ihm einzubilden, daß er Geschmack habe. Sie konnten ihn daher nicht dazu bringen, sich ein Kabinett anzuschaffen, weil er ihnen immer, mit dummer Ehrlichkeit, ins Gesicht gestand, daß er
ſo gut als jemand, doch war er eben nicht geizig, ob er gleich auch nichts vom Verſchwenden hielt. So bald der Krieg zu Ende zu gehen ſchien, und er die Moͤglichkeit ſahe, daß ein Lieferant Schaden haben koͤnnte, entſagte er allen fernern Unternehmungen, und kaufte dieſes Rittergut, wo er nunmehr ſeine große Reichthuͤmer genießen wollte. Er fand aber, daß dieß, mit einem Geiſte ohne Kenntniſſe und ohne Thaͤtigkeit, ſchwerer iſt, als er wohl anfaͤnglich mochte gedacht haben. Er fieng an zu bauen, aber er ward ſehr bald fertig, mit einem Hauſe, das ſchon groͤßer war als er es brauchte. Es fanden ſich zu ihm bald Kunſtkenner, fleißige betriebſame Per- ſonen, welche, ausdruͤcklich fuͤr reiche Leute die keine Kenntniſſe haben, Gemaͤlde der groͤßten Meiſter aus Werken der Stuͤmper und Lehrlinge verferti- gen laßen, und ſie durch verdorbenen Firniß und ver- ſchoſſenes Kolorit, meiſterhafter Weiſe zu erheben wiſſen. Dieſe verfehlten aber gaͤnzlich ihres Zweckes bey ihm, weil ſie ihm den erſten, bey allen reichen Kunſtliebhabern noͤthigen Schritt, nicht abgewinnen konnten, naͤmlich ihm einzubilden, daß er Geſchmack habe. Sie konnten ihn daher nicht dazu bringen, ſich ein Kabinett anzuſchaffen, weil er ihnen immer, mit dummer Ehrlichkeit, ins Geſicht geſtand, daß er
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ſo gut als jemand, doch war er eben nicht geizig, ob
er gleich auch nichts vom Verſchwenden hielt. So
bald der Krieg zu Ende zu gehen ſchien, und er die
Moͤglichkeit ſahe, daß ein Lieferant Schaden haben
koͤnnte, entſagte er allen fernern Unternehmungen,
und kaufte dieſes Rittergut, wo er nunmehr ſeine
große Reichthuͤmer genießen wollte. Er fand aber,
daß dieß, mit einem Geiſte ohne Kenntniſſe und ohne
Thaͤtigkeit, ſchwerer iſt, als er wohl anfaͤnglich
mochte gedacht haben. Er fieng an zu bauen, aber
er ward ſehr bald fertig, mit einem Hauſe, das
ſchon groͤßer war als er es brauchte. Es fanden ſich
zu ihm bald Kunſtkenner, fleißige betriebſame Per-
ſonen, welche, ausdruͤcklich fuͤr reiche Leute die keine
Kenntniſſe haben, Gemaͤlde der groͤßten Meiſter
aus Werken der Stuͤmper und Lehrlinge verferti-
gen laßen, und ſie durch verdorbenen Firniß und ver-
ſchoſſenes Kolorit, meiſterhafter Weiſe zu erheben
wiſſen. Dieſe verfehlten aber gaͤnzlich ihres Zweckes
bey ihm, weil ſie ihm den erſten, bey allen reichen
Kunſtliebhabern noͤthigen Schritt, nicht abgewinnen
konnten, naͤmlich ihm einzubilden, daß er Geſchmack
habe. Sie konnten ihn daher nicht dazu bringen,
ſich ein Kabinett anzuſchaffen, weil er ihnen immer,
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