Sebaldus hat sich, in der Nachbarschaft sei- nes Schwiegersohns, ein kleines Gut gekauft, wo er noch, vergnügt und geehrt, in ruhigem und glückli- chem Alter lebt. Er theilt seine Zeit unter die Be- sorgung seiner Angelegenheiten, unter die Gesellschaft seiner Kinder und weniger Freunde, unter wohl- thätige Unterstützung seiner bedürftigen Untertha- nen und Nachbarn, und unter fleißiges Studie- ren, das er nun völlig, seiner Neigung gemäß, treiben kann.
Verschiedene denkende Männer unter seinen Freunden, welche, ohne selbst sehr consequent zu seyn, nicht leiden mögen, daß andere Leute incon- sequent seyn sollen, haben sich viele Mühe gege- ben, ihn sowohl von der Crusiusschen Philosophie, (welcher, nach ihrer Meinung, außer etwan in Leipzig oder in Bützow, niemand mehr beygethan seyn kann,) als auch von seinem Jrrglauben an
die
Sebaldus hat ſich, in der Nachbarſchaft ſei- nes Schwiegerſohns, ein kleines Gut gekauft, wo er noch, vergnuͤgt und geehrt, in ruhigem und gluͤckli- chem Alter lebt. Er theilt ſeine Zeit unter die Be- ſorgung ſeiner Angelegenheiten, unter die Geſellſchaft ſeiner Kinder und weniger Freunde, unter wohl- thaͤtige Unterſtuͤtzung ſeiner beduͤrftigen Untertha- nen und Nachbarn, und unter fleißiges Studie- ren, das er nun voͤllig, ſeiner Neigung gemaͤß, treiben kann.
Verſchiedene denkende Maͤnner unter ſeinen Freunden, welche, ohne ſelbſt ſehr conſequent zu ſeyn, nicht leiden moͤgen, daß andere Leute incon- ſequent ſeyn ſollen, haben ſich viele Muͤhe gege- ben, ihn ſowohl von der Cruſiusſchen Philoſophie, (welcher, nach ihrer Meinung, außer etwan in Leipzig oder in Buͤtzow, niemand mehr beygethan ſeyn kann,) als auch von ſeinem Jrrglauben an
die
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[168[167]/0182]
Sebaldus hat ſich, in der Nachbarſchaft ſei-
nes Schwiegerſohns, ein kleines Gut gekauft, wo er
noch, vergnuͤgt und geehrt, in ruhigem und gluͤckli-
chem Alter lebt. Er theilt ſeine Zeit unter die Be-
ſorgung ſeiner Angelegenheiten, unter die Geſellſchaft
ſeiner Kinder und weniger Freunde, unter wohl-
thaͤtige Unterſtuͤtzung ſeiner beduͤrftigen Untertha-
nen und Nachbarn, und unter fleißiges Studie-
ren, das er nun voͤllig, ſeiner Neigung gemaͤß,
treiben kann.
Verſchiedene denkende Maͤnner unter ſeinen
Freunden, welche, ohne ſelbſt ſehr conſequent zu
ſeyn, nicht leiden moͤgen, daß andere Leute incon-
ſequent ſeyn ſollen, haben ſich viele Muͤhe gege-
ben, ihn ſowohl von der Cruſiusſchen Philoſophie,
(welcher, nach ihrer Meinung, außer etwan in
Leipzig oder in Buͤtzow, niemand mehr beygethan
ſeyn kann,) als auch von ſeinem Jrrglauben an
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 168[167]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/182>, abgerufen am 21.11.2024.
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