Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.lüstete, mit seiner pflegmatischen Gewissensruhe zu vereinigen, denn er hatte sich überzeugt, alles sey ab- solut nothwendig, er fey daher prädestinirt die Mof- fen*) zu schinden, und die Mossen seyen prädesti- nirt, sich von ihm schinden zu lassen. Deshalb konnte er mit eben der Gleichmüthigkeit einen Mossen in seinen Keller stossen sehen, als der Koch einen Krebs in den siedenden Kessel wirft. Er fragte den Sebaldus, dessen geistlichen Stand ten *) So pflegt der niedertändische Pöbel, die Deutschen, beson-
ders die Niedersachsen und Wesiphälinger zu nennen. luͤſtete, mit ſeiner pflegmatiſchen Gewiſſensruhe zu vereinigen, denn er hatte ſich uͤberzeugt, alles ſey ab- ſolut nothwendig, er fey daher praͤdeſtinirt die Mof- fen*) zu ſchinden, und die Moſſen ſeyen praͤdeſti- nirt, ſich von ihm ſchinden zu laſſen. Deshalb konnte er mit eben der Gleichmuͤthigkeit einen Moſſen in ſeinen Keller ſtoſſen ſehen, als der Koch einen Krebs in den ſiedenden Keſſel wirft. Er fragte den Sebaldus, deſſen geiſtlichen Stand ten *) So pflegt der niedertändiſche Pöbel, die Deutſchen, beſon-
ders die Niederſachſen und Weſiphälinger zu nennen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0049" n="41[40]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> luͤſtete, mit ſeiner pflegmatiſchen Gewiſſensruhe zu<lb/> vereinigen, denn er hatte ſich uͤberzeugt, alles ſey ab-<lb/> ſolut nothwendig, er fey daher praͤdeſtinirt die <hi rendition="#fr">Mof-<lb/> fen</hi><note place="foot" n="*)">So pflegt der niedertändiſche Pöbel, die Deutſchen, beſon-<lb/> ders die Niederſachſen und Weſiphälinger zu nennen.</note> zu ſchinden, und die <hi rendition="#fr">Moſſen</hi> ſeyen praͤdeſti-<lb/> nirt, ſich von ihm ſchinden zu laſſen. Deshalb konnte<lb/> er mit eben der Gleichmuͤthigkeit einen <hi rendition="#fr">Moſſen</hi> in<lb/> ſeinen Keller ſtoſſen ſehen, als der Koch einen Krebs<lb/> in den ſiedenden Keſſel wirft.</p><lb/> <p>Er fragte den <hi rendition="#fr">Sebaldus,</hi> deſſen geiſtlichen Stand<lb/> er von ſeinem Unterhaͤndler erfahren hatte, zuvoͤr-<lb/> derſt nach der Geſchichte ſeiner Abſetzung, und nach<lb/> ſeinen folgenden Begebenheiten, und da er dadurch<lb/> deſſen heterodoxe Meinungen erfuhr, ſo ließ er ſich<lb/> in einen theologiſchen Diſput ein, deſſen Ende war,<lb/> zu behaupten, daß die dem <hi rendition="#fr">Sebaldus</hi> aufgeſtoßnen<lb/> widrigen Begegniſſe, eine Folge der goͤttlichen Straf-<lb/> gerechtigkeit waͤren, deren unwuͤrdiges Werkzeug er<lb/> jetzt auch ſeyn ſolle. Er fuͤhrte ihm dabey zu Ge-<lb/> muͤthe, daß er Gott verſuchen wuͤrde, wenn er lie-<lb/> ber zu den ſtinkenden Ketzern, den Kollegianten, gehen<lb/> wollte, als nach Batavia, der orthodoxen Stadt,<lb/> wohin ſich noch nie eine Ketzerey habe wagen duͤrfen.<lb/> Er legte alſo dem <hi rendition="#fr">Sebaldus</hi> einen ſchon aufgeſetz-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41[40]/0049]
luͤſtete, mit ſeiner pflegmatiſchen Gewiſſensruhe zu
vereinigen, denn er hatte ſich uͤberzeugt, alles ſey ab-
ſolut nothwendig, er fey daher praͤdeſtinirt die Mof-
fen *) zu ſchinden, und die Moſſen ſeyen praͤdeſti-
nirt, ſich von ihm ſchinden zu laſſen. Deshalb konnte
er mit eben der Gleichmuͤthigkeit einen Moſſen in
ſeinen Keller ſtoſſen ſehen, als der Koch einen Krebs
in den ſiedenden Keſſel wirft.
Er fragte den Sebaldus, deſſen geiſtlichen Stand
er von ſeinem Unterhaͤndler erfahren hatte, zuvoͤr-
derſt nach der Geſchichte ſeiner Abſetzung, und nach
ſeinen folgenden Begebenheiten, und da er dadurch
deſſen heterodoxe Meinungen erfuhr, ſo ließ er ſich
in einen theologiſchen Diſput ein, deſſen Ende war,
zu behaupten, daß die dem Sebaldus aufgeſtoßnen
widrigen Begegniſſe, eine Folge der goͤttlichen Straf-
gerechtigkeit waͤren, deren unwuͤrdiges Werkzeug er
jetzt auch ſeyn ſolle. Er fuͤhrte ihm dabey zu Ge-
muͤthe, daß er Gott verſuchen wuͤrde, wenn er lie-
ber zu den ſtinkenden Ketzern, den Kollegianten, gehen
wollte, als nach Batavia, der orthodoxen Stadt,
wohin ſich noch nie eine Ketzerey habe wagen duͤrfen.
Er legte alſo dem Sebaldus einen ſchon aufgeſetz-
ten
*) So pflegt der niedertändiſche Pöbel, die Deutſchen, beſon-
ders die Niederſachſen und Weſiphälinger zu nennen.
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