ren; oder, welches wahrscheinlicher ist, um Tullus an den Anfang des Säculums hinaufzubringen.
Wäre es nothwendig für die Bestimmung einer Aera daß ihr Anfangspunkt historisch fest stehe, so würde die von der Erbauung Roms, nach dem was bisher gesagt ist, vollkommen unmöglich seyn. Es gilt aber hier gleich, sobald man sich nur darüber nicht täuscht daß er nicht historisch ist. Was einer Aera vorzügliche Brauchbarkeit giebt, ist daß sie früh genug beginne um den Raum eigent- licher historischer Zeitbestimmungen mit vorwärts gehen- der Berechnung zu umfassen: und daß sie einem Volk oder einer Begebenheit angehöre, welche allen Völkern auf de- ren Geschichte sie angewandt werden kann gleich ihren eig- nen Hauptepochen wichtig sey.
Dies nun gilt von der Gründung Roms für das ge- sammte Abendland, bis zum Anfang der christlichen Zeit- rechnung. Denn alle Völkergeschichte Europas verfließt im Meer der römischen. Daher ist diese Aera auch der Olympiadenzeitrechnung vorzuziehen wenn diese gleich um ein Vierteljahrhundert früher beginnt, und schon als grie- chische Anspruch auf Vorrang machen zu können scheint. Auch sind die vierjährigen Abschnitte, welche bey jeder Vergleichung eine, wenn auch die allereinfachste Multi- plication erfordern, so unbequem, und der Vortheil einer einzigen Aera ist so entschieden, daß man die römische selbst in der griechischen Geschichte eingeführt zu sehen wünschen möchte.
Den Nachtheil der griechischen Zeitrechnung daß der Anfang des Jahrs nach dem Sommersolstitium bestimmt
ren; oder, welches wahrſcheinlicher iſt, um Tullus an den Anfang des Saͤculums hinaufzubringen.
Waͤre es nothwendig fuͤr die Beſtimmung einer Aera daß ihr Anfangspunkt hiſtoriſch feſt ſtehe, ſo wuͤrde die von der Erbauung Roms, nach dem was bisher geſagt iſt, vollkommen unmoͤglich ſeyn. Es gilt aber hier gleich, ſobald man ſich nur daruͤber nicht taͤuſcht daß er nicht hiſtoriſch iſt. Was einer Aera vorzuͤgliche Brauchbarkeit giebt, iſt daß ſie fruͤh genug beginne um den Raum eigent- licher hiſtoriſcher Zeitbeſtimmungen mit vorwaͤrts gehen- der Berechnung zu umfaſſen: und daß ſie einem Volk oder einer Begebenheit angehoͤre, welche allen Voͤlkern auf de- ren Geſchichte ſie angewandt werden kann gleich ihren eig- nen Hauptepochen wichtig ſey.
Dies nun gilt von der Gruͤndung Roms fuͤr das ge- ſammte Abendland, bis zum Anfang der chriſtlichen Zeit- rechnung. Denn alle Voͤlkergeſchichte Europas verfließt im Meer der roͤmiſchen. Daher iſt dieſe Aera auch der Olympiadenzeitrechnung vorzuziehen wenn dieſe gleich um ein Vierteljahrhundert fruͤher beginnt, und ſchon als grie- chiſche Anſpruch auf Vorrang machen zu koͤnnen ſcheint. Auch ſind die vierjaͤhrigen Abſchnitte, welche bey jeder Vergleichung eine, wenn auch die allereinfachſte Multi- plication erfordern, ſo unbequem, und der Vortheil einer einzigen Aera iſt ſo entſchieden, daß man die roͤmiſche ſelbſt in der griechiſchen Geſchichte eingefuͤhrt zu ſehen wuͤnſchen moͤchte.
Den Nachtheil der griechiſchen Zeitrechnung daß der Anfang des Jahrs nach dem Sommerſolſtitium beſtimmt
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ren; oder, welches wahrſcheinlicher iſt, um Tullus an
den Anfang des Saͤculums hinaufzubringen.
Waͤre es nothwendig fuͤr die Beſtimmung einer Aera
daß ihr Anfangspunkt hiſtoriſch feſt ſtehe, ſo wuͤrde die
von der Erbauung Roms, nach dem was bisher geſagt
iſt, vollkommen unmoͤglich ſeyn. Es gilt aber hier gleich,
ſobald man ſich nur daruͤber nicht taͤuſcht daß er nicht
hiſtoriſch iſt. Was einer Aera vorzuͤgliche Brauchbarkeit
giebt, iſt daß ſie fruͤh genug beginne um den Raum eigent-
licher hiſtoriſcher Zeitbeſtimmungen mit vorwaͤrts gehen-
der Berechnung zu umfaſſen: und daß ſie einem Volk oder
einer Begebenheit angehoͤre, welche allen Voͤlkern auf de-
ren Geſchichte ſie angewandt werden kann gleich ihren eig-
nen Hauptepochen wichtig ſey.
Dies nun gilt von der Gruͤndung Roms fuͤr das ge-
ſammte Abendland, bis zum Anfang der chriſtlichen Zeit-
rechnung. Denn alle Voͤlkergeſchichte Europas verfließt
im Meer der roͤmiſchen. Daher iſt dieſe Aera auch der
Olympiadenzeitrechnung vorzuziehen wenn dieſe gleich um
ein Vierteljahrhundert fruͤher beginnt, und ſchon als grie-
chiſche Anſpruch auf Vorrang machen zu koͤnnen ſcheint.
Auch ſind die vierjaͤhrigen Abſchnitte, welche bey jeder
Vergleichung eine, wenn auch die allereinfachſte Multi-
plication erfordern, ſo unbequem, und der Vortheil einer
einzigen Aera iſt ſo entſchieden, daß man die roͤmiſche
ſelbſt in der griechiſchen Geſchichte eingefuͤhrt zu ſehen
wuͤnſchen moͤchte.
Den Nachtheil der griechiſchen Zeitrechnung daß der
Anfang des Jahrs nach dem Sommerſolſtitium beſtimmt
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/207>, abgerufen am 21.11.2024.
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