Dichtungen hat Livius mit ächtem Sinn und unnachahm- lich für die Ewigkeit erhalten, wenn auch wir, frey vom herrschenden Geschmack rhetorisches Flimmers, Spuren dieses Verderbens in des alten Horatius Rede mit schmerz- lichem Mißbehagen wahrnehmen.
Ich erinnere daher nur an die List, womit der Römi- sche König den Schein auf Alba warf den Krieg verschul- det zu haben: an die Unschlüssigkeit beyder Heere die sich lange gegenüber standen ohne eine Schlacht zu wagen: und an den Zweykampf der dreyfachen Brüder, welcher über Albas Schicksal entschied. Für die kritische Prüfung der Geschichte ist es sehr merkwürdig, daß die Sage schwankte, ob es die Horatier oder die Curiatier waren, welche Roms Sache verfochten: die Volksgunst des Ho- ratischen Geschlechts scheint für jenen Nahmen entschieden zu haben. So schwankt die Sage immer zwischen den grade entgegenstehenden Punkten: so sind in der nordischen Dich- tung die Nibelungen Burgunder, Hagen ist Chriemhilds Bruder, und Brunhilds Heimat verlegt sie an den Rhein.
Alba unterwarf sich dem Joch des beschwornen Bünd- nisses; aber es ertrug schmerzlich, was Entscheidung des Glücks nicht der Nothwendigkeit zu seyn schien. Das etruskische Fidenä, fünf Millien von Rom, vertheidigte sich gegen den Eroberer mit vejentischer Hülfe. Zu die- sem Krieg kam das Aufgebot der Albaner unter ihrem Dictator Mettius65) Fuffetius, dem, nach der Sitte der
alten
65) Nach der Analogie von Vettius ist diese Form, welche auch Ennius gebrauchte, wahrscheinlich ächter latinisch als Mettus, wie bey Livius gelesen wird.
Dichtungen hat Livius mit aͤchtem Sinn und unnachahm- lich fuͤr die Ewigkeit erhalten, wenn auch wir, frey vom herrſchenden Geſchmack rhetoriſches Flimmers, Spuren dieſes Verderbens in des alten Horatius Rede mit ſchmerz- lichem Mißbehagen wahrnehmen.
Ich erinnere daher nur an die Liſt, womit der Roͤmi- ſche Koͤnig den Schein auf Alba warf den Krieg verſchul- det zu haben: an die Unſchluͤſſigkeit beyder Heere die ſich lange gegenuͤber ſtanden ohne eine Schlacht zu wagen: und an den Zweykampf der dreyfachen Bruͤder, welcher uͤber Albas Schickſal entſchied. Fuͤr die kritiſche Pruͤfung der Geſchichte iſt es ſehr merkwuͤrdig, daß die Sage ſchwankte, ob es die Horatier oder die Curiatier waren, welche Roms Sache verfochten: die Volksgunſt des Ho- ratiſchen Geſchlechts ſcheint fuͤr jenen Nahmen entſchieden zu haben. So ſchwankt die Sage immer zwiſchen den grade entgegenſtehenden Punkten: ſo ſind in der nordiſchen Dich- tung die Nibelungen Burgunder, Hagen iſt Chriemhilds Bruder, und Brunhilds Heimat verlegt ſie an den Rhein.
Alba unterwarf ſich dem Joch des beſchwornen Buͤnd- niſſes; aber es ertrug ſchmerzlich, was Entſcheidung des Gluͤcks nicht der Nothwendigkeit zu ſeyn ſchien. Das etruskiſche Fidenaͤ, fuͤnf Millien von Rom, vertheidigte ſich gegen den Eroberer mit vejentiſcher Huͤlfe. Zu die- ſem Krieg kam das Aufgebot der Albaner unter ihrem Dictator Mettius65) Fuffetius, dem, nach der Sitte der
alten
65) Nach der Analogie von Vettius iſt dieſe Form, welche auch Ennius gebrauchte, wahrſcheinlich aͤchter latiniſch als Mettus, wie bey Livius geleſen wird.
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Dichtungen hat Livius mit aͤchtem Sinn und unnachahm-
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dieſes Verderbens in des alten Horatius Rede mit ſchmerz-
lichem Mißbehagen wahrnehmen.
Ich erinnere daher nur an die Liſt, womit der Roͤmi-
ſche Koͤnig den Schein auf Alba warf den Krieg verſchul-
det zu haben: an die Unſchluͤſſigkeit beyder Heere die ſich
lange gegenuͤber ſtanden ohne eine Schlacht zu wagen:
und an den Zweykampf der dreyfachen Bruͤder, welcher
uͤber Albas Schickſal entſchied. Fuͤr die kritiſche Pruͤfung
der Geſchichte iſt es ſehr merkwuͤrdig, daß die Sage
ſchwankte, ob es die Horatier oder die Curiatier waren,
welche Roms Sache verfochten: die Volksgunſt des Ho-
ratiſchen Geſchlechts ſcheint fuͤr jenen Nahmen entſchieden
zu haben. So ſchwankt die Sage immer zwiſchen den grade
entgegenſtehenden Punkten: ſo ſind in der nordiſchen Dich-
tung die Nibelungen Burgunder, Hagen iſt Chriemhilds
Bruder, und Brunhilds Heimat verlegt ſie an den Rhein.
Alba unterwarf ſich dem Joch des beſchwornen Buͤnd-
niſſes; aber es ertrug ſchmerzlich, was Entſcheidung des
Gluͤcks nicht der Nothwendigkeit zu ſeyn ſchien. Das
etruskiſche Fidenaͤ, fuͤnf Millien von Rom, vertheidigte
ſich gegen den Eroberer mit vejentiſcher Huͤlfe. Zu die-
ſem Krieg kam das Aufgebot der Albaner unter ihrem
Dictator Mettius 65) Fuffetius, dem, nach der Sitte der
alten
65) Nach der Analogie von Vettius iſt dieſe Form, welche
auch Ennius gebrauchte, wahrſcheinlich aͤchter latiniſch als
Mettus, wie bey Livius geleſen wird.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/230>, abgerufen am 21.11.2024.
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